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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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schauderte, während ihr Blick auf den Fleck geheftet blieb.
    »Ich habe versucht, den Fleck mit Sand zu entfernen«, unterbrach Zamir sie in ihren Gedanken. »Aber er ist zu tief im Holz drin. Immer, wenn ich denke, ich habe es geschafft, ist er nach ein paar Wochen wieder da.« Er seufzte. »Es macht den Leuten Angst, wissen sie. Den Mietern gefallen solche Erinnerungen im Fußboden nicht.«
    Beryl schluckte und sah aus dem Fenster. Warum in dieser Straße? fragte sie sich. In diesem Zimmer? Warum gerade in diesem Zimmer in Paris?
    Sie fragte leise: »Wem gehörte das Haus denn vorher, Herr Zamir? Ich meine, vor Ihnen?«
    »Es gab viele Besitzer. Vor mir gehörte es einem Monsieur Rosenthal. Und vor ihm einem Monsieur Dudoit.«
    »Zur Zeit des Mordes«, sagte Richard, »war der Besitzer ein gewisser Jacques Rideau. Kennen Sie ihn?«
    »Nein, tut mir Leid. Das muss schon viele Jahre her sein.«
    »Zwanzig.«
    »Dann kenne ich ihn nicht.« Zamir ging zur Tür. »Ich lasse Sie jetzt allein. Wenn Sie Fragen haben, ich habe jetzt eine Weile in Nummer drei zu tun.«
    Beryl hörte, wie der Mann die knarrenden Stufen
    hinunterstieg. Sie sah Richard an, der in einer Ecke stand und nachdenklich auf den Flur hinaussah. »Woran denkst du gerade?« fragte sie.
    96
    »An Inspektor Broussard. Wie er versuchte, uns etwas auf dem Foto zu zeigen. Die Stelle, auf die er getippt hat, muss irgendwo hier sein. Links von der Tür.«
    »Hier ist nichts. Und auf dem Foto war auch nichts.«
    »Das ist es ja gerade. Das schien ihn so verstört zu haben. Und dann noch die Sache mit der Aktentasche …«
    »Die NATO-Akte«, sagte sie leise.
    Er sah sie an. »Wie viel wisst ihr über Delphi?«
    »Ich weiß nur, dass weder Mum noch Dad Delphi war. Sie wären nie zur anderen Seite übergelaufen.«
    »Es gibt immer Gründe, überzulaufen.«
    »Aber nicht für sie. Das Geld haben sie jedenfalls nicht gebraucht.«
    »Haben sie mit den Kommunisten sympathisiert?«
    »Die Tavistocks doch nicht!«
    Er ging auf sie zu. Mit jedem seiner Schritte schien ihr Puls schneller zu werden. Er stand so nah vor ihr, dass sie sich beinahe bedroht fühlte. Wenn da nicht gleichzeitig ein aufregendes Prickeln gewesen wäre. Leise sagte er: »Es kann auch Erpressung gewesen sein.«
    »Du meinst, sie hatten etwas zu verbergen.«
    »Das hat doch jeder.«
    »Aber nicht jeder wird deshalb zum Verräter.«
    »Kommt auf das Geheimnis an, würde ich sagen. Und darauf, wie viel der Betreffende zu verlieren hat.«
    Schweigend blickten sie sich an, und sie fragte sich, was er eigentlich über ihre Eltern wusste. Und wie viel er davon verheimlichte. Sie ahnte, dass er mehr wusste, als er vorgab, und spürte, dass das Misstrauen wie eine Sperre zwischen ihnen stand. Immer wieder diese Geheimnisse und Halbwahrheiten.
    Sie war in einem Haushalt aufgewachsen, in dem bestimmte 97
    Gespräche einfach tabu waren. Ich weigere mich, weiter so zu leben.
    Sie wandte sich ab. »Es gab nichts, womit man sie hätte erpressen können.«
    »Du warst doch damals erst acht Jahre alt und in England im Internat. Woher willst du das also wissen?
    Was weißt du schon über ihre Ehe oder ihre Geheimnisse?
    Was, wenn es doch deine Mutter war, die diese Wohnung angemietet hat, um sich hier mit ihrem Geliebten zu treffen?«
    »Ich weigere mich, das zu glauben.«
    »Wäre das so schwer zu akzeptieren? Sie war ein Mensch, warum sollte sie nicht einen Liebhaber gehabt haben?« Er fasste sie an den Schultern, damit sie ihn ansah. »Sie war eine wunderschöne Frau, Beryl. Wenn sie gewollt hätte, hätte sie jeden Mann haben können!«
    »Du willst eine Schlampe aus ihr machen!«
    »Ich ziehe nur alle Möglichkeiten in Betracht.«
    »Dass sie die Queen und ihr Vaterland verkauft hat, damit ihr kleines Geheimnis unentdeckt bleibt?« Ärgerlich löste sie sich aus seinem Griff. »Tut mir Leid, Richard, aber da bin ich ganz anderer Meinung. Und wenn du sie wirklich gekannt hättest, dann würdest du ihr nie so etwas unterstellen.« Sie drehte sich um und ging zur Tür.
    »Ich kannte deine Mutter. Ich kannte Madeline«, sagte er.
    »Und zwar ziemlich gut.«
    Sie blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihm um. »Was willst du damit sagen?«
    »Wir … bewegten uns in denselben Kreisen. Nicht im selben Team, aber wir wurden für ähnliche Aufträge eingesetzt.«
    »Das hast du mir nie gesagt.«
    »Ich wusste nicht, wie viel ich dir sagen konnte. Wie viel du wissen darfst.« Er begann, langsam im Raum umherzugehen. Er

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