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Verrat in Paris

Verrat in Paris

Titel: Verrat in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sie wollen sie umbringen. Warum wehrt sie sich nicht? Warum kämpft sie nicht?.
    Aber Marie hatte nicht den nötigen Willen. Das sah man schon an ihren herabhängenden Schultern.
    Meine liebe, arme Freundin, dachte Helena und sah Marie mitleidig an, wie sehr wir uns ähneln. Und wie verschieden wir doch sind.

    Ein Mann saß auf der Bank gegenüber von ihm und beäugte Jordans Kleidung, seine Schuhe und seine Uhr. So wie der riecht, hat der ganz schön getankt, dachte Jordan angewidert.
    Oder ging dieser fürchterliche Gestank nach billigem Wein und Schweiß vielleicht von dem anderen Zelleninsassen aus? Jordan sah zu dem Mann hinüber, der selig schnarchend in der anderen Ecke lag. Ja, das war wahrscheinlicher. Der Mann auf der Bank starrte ihn immer noch an. Jordan versuchte, ihn zu ignorieren, aber der Blick des Mannes war so aufdringlich, dass Jordan irgendwann die Beherrschung verlor. »Was glotzen Sie so?«
    » C’est en or? «fragte der Mann.
    »Wie bitte?«
    » La montre. C’est en or? «Der Mann deutete auf Jordans Uhr.
    »Natürlich ist das Gold!« antwortete Jordan.
    Der Mann grinste und entblößte dabei einen Mund voller verfaulter Zähne. Er stand auf und schob sich auf den Platz neben Jordan. Genau neben ihn. Dann deutete er auf Jordans Schuhe. » C’est italienne? «
    Jordan seufzte. »Ja, italienische Schuhe.«
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    Der Mann beugte sich rüber und befingerte die Jackentasche von Jordans Leinenjackett.
    »Also gut, es reicht«, sagte Jordan. »Behalten Sie Ihre Finger bei sich! Laissez-moi tranquille! «
    Das Lächeln des Mannes wurde breiter. Er zeigte auf seine eigenen Schuhe, einer Kreation aus Plastik und Pappkarton.
    »Gefallen?«
    »Sehr hübsch«, grunzte Jordan.
    Schritte näherten sich, und man hörte einen Schlüsselbund klimpern.
    Der Mann, der in der Ecke schlief, wachte plötzlich auf und fing an, lauthals seine Unschuld zu beteuern. » Je suis innocent!
    Je suis innocent! «
    »Monsieur Tavistock?« rief der Wachmann.
    Jordan sprang auf. »Ja?«
    »Mitkommen.«
    »Wohin gehen wir?«
    »Sie haben Besuch.«
    Die Wache führte ihn über den Gang, vorbei an überfüllten Zellen. Ach du liebe Güte, dachte Jordan, der seine Zelle schon schlimm genug fand. Er folgte dem Wärter durch eine Tür in den Eingangsbereich. Sofort drangen alle möglichen Geräusche an sein Ohr. Überall Telefonklingeln, Stimmengewirr. Mehrere Häftlinge warteten darauf, dass sie verhört wurden, ein Frau schrie, es sei ein Fehler, alles ein Fehler. Durch das französische Stimmengewirr hindurch hörte Jordan, wie jemand seinen Namen rief.
    »Beryl?« stieß er erleichtert hervor.
    Sie rannte auf ihn zu und warf ihn mit ihrer stürmischen Umarmung beinahe um. »Jordie! Mein armer Jordie, alles klar?«
    »Mir geht’s gut.«
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    »Wirklich?«
    »Jetzt, wo du hier bist.« Hinter ihr sah er Richard und Daumier stehen. Jetzt würde sich alles aufklären.
    Beryl ließ ihn los und sah ihn beunruhigt an. »Du siehst schrecklich aus.«
    »Und riechen tu ich wahrscheinlich noch schlimmer.« Er wandte sich an Daumier und sagte: »Hat man etwas über Colette herausgefunden?«
    Daumier schüttelte den Kopf. »Ein einziger Schuss, neun Millimeter, in die Schläfe. Eine Hinrichtung, keine Zeugen.«
    »Und was ist mit der Tatwaffe?« fragte Jordan. »Wie können sie mich verdächtigen, wenn sie nicht mal die Waffe haben?«
    »Sie haben sie«, erwiderte Daumier. »Sie wurde im Rinnstein gefunden, in der Nähe des Wagens.«
    »Und keine Zeugen?« wollte Beryl wissen. »Am helllichten Tag?«
    »Es ist eine Seitenstraße. Da kommen nicht viele Leute vorbei.«
    »Aber irgendjemand dort muss doch etwas gesehen haben. Es waren doch Menschen unterwegs.«
    Daumier nickte unglücklich. »Eine Frau gab zu Protokoll, sie habe einen Mann gesehen, der sich mit Gewalt Zutritt zu Colettes Wagen verschaffte. Aber das war auf dem Boulevard Saint-Germain.«
    Jordan stöhnte. »Na toll. Das stimmt.«
    Beryl runzelte die Stirn. »Du?«
    »Ich überredete sie, mich zurück zum Hotel zu fahren. In ihrem Auto wimmelt es sicher von meinen Fingerabdrücken.«
    »Was passierte, nachdem Sie eingestiegen waren?« fragte Richard.
    »Sie ließ mich beim Ritz raus. Ich ging nach oben, aber nach 109
    ein paar Minuten ging ich wieder herunter, um mit ihr zu sprechen. Da fand ich sie …« Stöhnend hielt er sich den Kopf.
    »Lieber Gott, das kann doch nicht wahr sein.«
    »Haben Sie etwas gesehen?« drängte Richard.
    »Nichts. Aber …« Jordan hob langsam

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