Verrat und Verführung
Samt mit goldenen Bordüren und überreichlichen Spitzen am Hals und an den Handgelenken. In einer goldenen Schärpe, die seine dickliche Taille betonte, steckten zwei Pistolen, aus einer Stiefelstulpe ragte ein Dolchgriff. Er war groß und korpulent, mit langen rotblonden Locken und einem grobknochigen Gesicht.
Dicht vor Christina hielt er inne. Ein wölfisches Grinsen auf den wulstigen Lippen, entsprach er genau dem Bild des Mannes, das ihre Mutter sie zu fürchten gelehrt hatte. Er nahm ihr die Laterne aus der Hand und stellte sie auf den Boden.
„In der Tat, Euer Besuch ehrt mich, Miss Christina.“ Er umfasste ihren Ellbogen und führte sie von den Männern weg, die sich wieder gesetzt hatten. „Und wie hübsch Ihr Euch gemacht habt! Hoffentlich für mich …“
„Heute Abend geben wir einen Ball – auf Euren Befehl und zu Eurem Nutzen“, erwiderte sie sarkastisch. „Das dürfte Eurem Gedächtnis nicht entfallen sein.“
Mit kräftigen Fingern voller funkelnder Ringe strich er ihr über die Wange. Als sie zurückzuckte, lachte er leise. „Ah, Ihr zeigt Eure Krallen, Miss Christina“, murmelte er. „Das gefällt mir. Wenn Ihr in Zorn geratet, finde ich Euch hinreißend. Aber genug davon“, fuhr er in schärferem Ton fort. Dass sie sich nicht grundlos in den Tunnel gewagt hatte, wusste er. „Entwickelt sich der Abend so, wie wir es erwarten?“
„Nicht ganz …“
„Was?“ Seine dunklen Augen verengten sich. „Gibt es Schwierigkeiten?“
„William schickte mich zu Euch, weil ich Euch warnen soll – vor einem unerwarteten, ungeladenen Gast namens Lord Rockley. Offensichtlich wurde er vom Lord Lieutenant beauftragt, die zunehmenden Raubüberfälle in dieser Gegend zu untersuchen.“
Normalerweise fehlten dem Schurken niemals die Worte. Aber plötzlich verschlug es ihm die Sprache. Nur mittels schierer Willenskraft gelang es ihm, eine ausdruckslose Miene beizubehalten. Von Rockley hatte er gehört. Doch er kannte ihn nicht persönlich.
Lord Simon Rockley war ein mächtiger, unbarmherziger Gentleman, über dessen Heldentaten ganz England sprach. Natürlich fürchtete Mark Buckley ihn nicht – niemanden fürchtete er. Allerdings war ihm bewusst, welch gefährlichem Gegner er so unvermutet gegenüberstand.
Nun, diese Herausforderung würde er nicht scheuen – und Rockley ebenso leicht zertreten wie ein Insekt.
Gelassen zuckte er die Achseln. „Ah, der berühmte Lord Rockley! Warum sollte er mich interessieren? Er ist nicht der Erste, der es auf uns abgesehen hat. Und er wird nicht der Letzte sein. Sollte er sich in meine Angelegenheiten einmischen, wird er noch vor dem Morgengrauen den Aasgeiern schmecken. Diesen Mann werde ich ebenso behandeln wie alle anderen, die sich mir in den Weg stellen – Feind oder Freund.“
„Selbst jene, die für Euch arbeiten?“, fragte Christina.
„Insbesondere jene, die für mich arbeiten und versuchen, mich zu hintergehen, oder vor sogenannten bösen Taten zurückschrecken. Das habe ich Eurem Bruder unmissverständlich klargemacht, Miss Christina. Schwächlinge kann ich nicht gebrauchen, sie stellen eine Belastung dar, und ich muss sie loswerden.“ Ironisch ließ er seinen Blick über die Männer schweifen. „Diesen Spruch kennt Ihr sicher – unter Dieben gibt es keine Ehre. Auch auf die Jäger von Dieben muss das zutreffen.“
Da er die Behörden verachtete und alle Vertreter des Gesetzes verhöhnte, würde er vor diesem besonderen Jäger nicht zurückschrecken. Aber nachdem Christina Seine Lordschaft kennengelernt hatte, fand sie, in diesem Fall müsste Buckley eine Ausnahme machen.
„Nun habe ich meine Botschaft ausgerichtet und muss zurückkehren“, erklärte sie. „Übrigens, wie geht es Toby? Hoffentlich wurde er zu Euch zurückgebracht, und er erholt sich von den Verletzungen, die er gestern erlitten hat.“
Mark Buckleys Kinn wies in eine Ecke, wo der kleine Hund friedlich auf gehäuften Säcken schlief. „Oh, Toby gleicht mir. Um ihn kleinzukriegen, bedarf es mehr als einiger Dornenzweige.“
„Daran zweifle ich nicht“, erwiderte Christina bissig. „Jetzt habe ich keine Zeit mehr. Bald ist das Feuerwerk beendet, und die Gäste werden ins Haus zurückkehren. Dort muss ich sie empfangen.“
„Was, so schnell wollt Ihr mich wieder verlassen?“
„Ich habe keine Wahl.“
„Wie grausam Ihr seid, Miss Christina, wo ich mir doch nichts weiter wünsche, als für Euch zu sorgen. Auf dieser Welt könnte ich so viele Frauen
Weitere Kostenlose Bücher