Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
Vom Netzwerk:
wartete wieder. Schlich weiter. Sein Herz schlug wie wild. Für einen aufmerksamen Lauscher musste es fast zu hören sein. Die vorletzte Tür stand weit offen und aus dem Zimmer fiel Licht auf den Flur. Lautlos schlich er zu der geöffneten Tür und warf mit angehaltenem Atem einen raschen Blick hinein. Ein kleiner Raum mit abgenutztem, orangefarbenem Teppichboden, hinten links ein alter, brauner Kühlschrank, in der Mitte ein kleiner Tisch und zwei braune, mit Skai bezogene Küchenstühle. Ein Stuhl stand mit der Lehne zu ihm, direkt gegenüber saß Hase. Keine drei Meter von ihm entfernt. Hätte er den Kopf gehoben, hätte er ihm genau ins Gesicht gesehen. Aber Hase war völlig mit irgendetwas beschäftigt, was vor ihm lag. Etwas, was er nicht erkennen konnte, weil ihm die Rückenlehne des Stuhls im Blickfeld war. Er hörte Papier rascheln. Hase las.
    Hase an sich stellte kein Problem dar. Mit dem würde er leicht fertig werden, auch ohne Schusswaffe. Der Junge war bestimmt fünfzehn Zentimeter kleiner als er. Schmaler. Von Natur aus nervös. Außerdem war Hase nicht auf einen Angriff gefasst. Es würde sekundenschnell gehen. Nein, das eigentliche Problem war der Lärm. Jemanden lautlos zu töten klappte nur im Film. Wie immer man es auch anstellte, alles machte Krach. Menschen in Todesangst röchelten, zappelten mit Armen und Beinen und rissen dabei alles in ihrer Nähe Befindliche um. Nur wenn man die Möglichkeit hatte, sich von hinten mit einem scharfen Messer anzuschleichen, konnte man Glück haben und ohne allzu viel Lärm davonkommen. Aber er hatte kein Messer und konnte keinesfalls unbemerkt in das Zimmer hineingelangen. Außerdem hatte er keine Ahnung, wo die anderen drei waren. Und wie schnell sie hier sein konnten. Wenn er Zeit gehabt hätte sich umzusehen, hätte er gewiss ein paar interessante, brauchbare Gegenstände irgendwo im Haus auftreiben können. Aber je länger er sich hier herumtrieb, desto größer war das Risiko, entdeckt zu werden. Er beschloss, sich auf das zu konzentrieren, was in Reichweite war.
    Er warf nochmals einen Blick in das Zimmer hinein. Hase saß noch immer nichts ahnend am Tisch und blätterte in seiner Zeitschrift. Hase war der Feind. Hase musste ausgeschaltet werden, schnell und effizient. Er atmete noch einmal tief ein und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass das ausgeschüttete Adrenalin die Schmerzen auf ein erträgliches Maß reduzierte.
    Er stieß die Tür ganz auf und war mit ein paar Schritten im Raum. Hase reagierte mit einer gewissen Verzögerung. Schaute ihn nur an. Voller Erstaunen. Versuchte zu verstehen, was er da sah. Noch eine Sekunde, dann würde er begreifen. Er reagierte in weniger als einer Sekunde. Seine Faust landete mitten in dem spitzen Gesicht, und er fühlte, wie das Nasenbein brach. Durch die Wucht des Schlags kippte Hase mitsamt dem Stuhl seitlich um. Hase versuchte sich aufzurappeln, doch er sprang ohne Zeit zu verlieren auf ihn, ein Knie zwischen die knochigen Schulterblätter, eines auf den Oberarm gestemmt. Hases Kopf klemmte er fest zwischen Ober- und Unterarm ein. Mit der freien Hand packte er ihn am Unterkiefer und riss seinen Kopf schräg nach oben und mit einem Ruck nach hinten. Dann noch ein kräftiger Aufwärtsruck, mit aller Kraft, die er mobilisieren konnte. Er fühlte ein Knacken, und im selben Augenblick erschlaffte der Mann unter ihm. Hase war tot.
    Einen Moment lang blieb er so sitzen, die Hände rechts und links neben dem Kopf aufgestützt, der in einem merkwürdigen Winkel dalag. Die Augen starrten ins Leere. Er keuchte und ein Zucken durchlief seinen ganzen Körper. Er wurde von Übelkeit übermannt, einer ekelhaften Übelkeit, die nichts mit den Kopfschmerzen zu tun hatte.
    Er seufzte tief. Und noch ein zweites Mal. Riss sich zusammen. Sprach sich selbst Mut zu. Zwang sich, das soeben Erlebte zu verdrängen.
    Es war noch nicht vorbei. Er durfte keine Zeit verlieren. Er musste weitermachen.
    Er sprang auf. Auf dem Tisch lag eine kleine, schwarze Pistole. Er griff danach. Es war eine HS2000, 9 Millimeter. Im Vergleich zu seiner HK fühlte sie sich ungewohnt leicht an. Er ließ mit einem Klicken das Magazin herausgleiten um zu überprüfen, ob sie geladen war. Er drückte es wieder hinein und zog den Schlitten zurück, um die erste Patrone in die Kammer zu schieben. Er lauschte aufmerksam. Hatte er etwas gehört? Nein. Aber das konnte sich jeden Moment ändern.
    Rasch blickte er sich um. An der Wand zum Flur stand ein

Weitere Kostenlose Bücher