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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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ungeschickt in die Arme.
    »Was ist denn passiert, Susan?«, fragte er.
    Stockend und abgehackt erzählte sie ihre Geschichte. Anschließend schaute sie ihn mit geröteten Augen an. Sie fühlte sich völlig ausgelaugt und kraftlos.
    »Mein Gott«, sagte er. »Und du glaubst, dass es Selbstmord war?«
    Sie schluchzte. »Ich weiß es nicht. Es könnte sein, Sven. Er war vorgestern hier und wollte es ihr noch am gleichen Abend beichten. Und einen Tag später ist sie tot. Ein Autounfall. Was soll ich davon halten?«
    »Dass ein Mann eine andere hat, ist noch lange kein Grund für eine Frau sich umzubringen, Susan. Vielleicht war es wirklich ein Unfall. So was passiert öfter, weißt du, dass jemand bei einem Autounfall ums Leben kommt.«
    Susan schüttelte den Kopf. »Ich hoffe es sehr, Sven. Aber ich glaube es nicht wirklich. Sie hat ihn geliebt. Und sie hatte so wenig Selbstbewusstsein. Bevor er von hier weggegangen ist, hat er noch gesagt, dass es sicher ein paar Monate dauern würde, vielleicht auch länger, bevor wir für uns weitersehen könnten. Er wollte ihr erst helfen, ein neues Leben aufzubauen. Das hat er nicht umsonst gesagt. Vielleicht ist sie durchgedreht. Vielleicht haben sie sich gestritten.«
    Wieder kamen ihr die Tränen. »Vielleicht alles meine Schuld«, sagte sie mit erstickter Stimme.
    »Es hat keinen Sinn, darüber zu spekulieren, Susan«, erwiderte er ihr. »Du wirst es irgendwann erfahren. Es ist sinnlos, dir jetzt alles Mögliche einzureden. Vielleicht war es einfach Pech, ein dummer Zufall. Vielleicht hatte er es ihr ja noch gar nicht erzählt, hast du daran schon mal gedacht?«
    Sie schaute ihn fragend an. »Meinst du?«
    »Möglich wäre es. Niemand brennt darauf, schlechte Nachrichten loszuwerden. Vielleicht hat er es vor sich hergeschoben. Und es sterben jeden Tag Menschen bei Verkehrsunfällen.«
    Sie merkte, dass sie ein wenig ruhiger wurde. Vielleicht hatte Sven Recht. Aber wahrscheinlicher war, dass sie ihm einfach gerne glauben wollte.
    »Komm«, sagte er dann. »Ich möchte dich gern ein bisschen aufmuntern. Eigentlich habe ich bei dir geklingelt, weil ich dich fragen wollte, ob du mit mir zum Schützenverein kommen möchtest.«
    Sie schaute ihn mit müden Augen an. »Tut mir leid, heute habe ich wirklich keine Lust dazu.«
    »Aber hier herumzusitzen und zu grübeln führt doch zu nichts. Jetzt komm schon.«
    Es war schwer, sich nicht von Svens Enthusiasmus anstecken zu lassen, aber sie widerstand ihm. Sie hatte keine Lust, das Haus zu verlassen und anderen Leuten zu begegnen. Sie wollte allein sein.
    »Ein andermal, Sven, wirklich, ich kann jetzt einfach nicht.«
    Er schaute sie an. Zuckte mit den Schultern.
    »Na gut«, sagte er. »Aber nächstes Mal kommst du mit, versprochen?«
    »Einverstanden.«
    Er zögerte. »Kann ich dich denn jetzt allein lassen?«
    »Ja«, antwortete sie. »Mach dir keine Sorgen. Lass mich einfach ein bisschen zu mir kommen.«

15
     
    Es war voll auf der A 12. Bis Utrecht kam man praktisch nur im Schritttempo voran. Sil lotste sein schweres Geländemotorrad zwischen den kilometerlangen Autoschlangen hindurch. Aus Gewohnheit behielt er stets die Vorderräder der Fahrzeuge im Auge, die er überholen wollte, und bremste kräftig, wenn er sie in Richtung der Fahrbahnmarkierung drehen sah. Er wäre nicht der erste Motorradfahrer gewesen, der mit vierzig Sachen gegen einen Pkw krachte, und gewiss auch nicht der letzte.
    Einen Unfall konnte er nicht gebrauchen. Schon gar nicht jetzt. Es wäre eine Katastrophe.
    Schließlich sah er, was den Stau verursacht hatte: Ein Lkw war umgekippt und die Fahrbahn mit Topfpflanzen übersät. Einige Arbeiter in reflektierenden Westen waren damit beschäftigt, die Straße zu kehren, und ein Polizist mahnte mit ungeduldigem Winken den Verkehr zum Weiterfahren. Behände manövrierte Sil das Motorrad durch das Chaos von Blumenerde, Plastiktöpfen und Pflanzen hindurch und gab Gas.
    Unter normalen Umständen hätte er die Fahrt und die stabile Straßenlage seiner schwarzen Triumph Tiger 995i richtig genossen. Einmal auf Touren, so wie jetzt, produzierte der Motor ein Heulen, fast schon eine Art Kreischen, das ihm stets ein angenehmes Gefühl im Unterleib verursachte. Er hätte dem Potenzial der Maschine unter ihm nicht widerstehen können und Gas gegeben, um sämtliche hundertfünf Pferdestärken bis zum Äußersten auszureizen.
    Aber das hier war keine normale Situation. Die Tachonadel bewegte sich auf dem ganzen langen,

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