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Verraten

Verraten

Titel: Verraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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genauer an. Zwischen dem Konferenztisch und der Wand, an der der Plasmabildschirm hing, befand sich ein Sprinklerkopf. Das System war ihm vertraut. In dem kleinen Metallrahmen des Sprinklerkopfs befand sich eine Ampulle mit wärmeempfindlicher Flüssigkeit. Sobald die Hitze im Raum eine gewisse Temperatur überstieg, dehnte sich die Flüssigkeit in dem Behälter aus, das Glas zerbrach und hunderte Liter Wasser pro Minute wurden in den Raum hineingesprüht. Man konnte dieses System nicht sabotieren, außer man drehte den Haupthahn zu. Dann würde nur das Wasser, das in den Leitungen stand, herauslaufen, und das war zu wenig, um einen Brand zu löschen. Zu wenig, um bei einem Feuer auch nur in die Nähe von Paul und jener Stelle zu gelangen, an der der Kampf stattgefunden hatte.
    Sil lief durch den Flur und die Metalltreppe hinunter. Unten im Foyer öffnete er eine der Türen im hinteren Teil, eilte einen Flur entlang und fand, was er suchte: den Versorgungsraum. Er brauchte keine drei Minuten, um den roten Haupthahn zu entdecken, ihn zuzudrehen und wieder in den Konferenzraum zurückzukehren.
    Er ging zu Pauls Leiche, holte ein Zippo-Feuerzeug aus der Tasche und hielt die Flamme an die Papierränder. Blies vorsichtig, als entfache er ein Kaminfeuer. Trat zurück, als die Rauchentwicklung stärker wurde. Fünf Minuten später leckten die Flammen an dem Stuhl und setzten ein Stuhlbein in Brand. Züngelten an Pauls Hosenbeinen, kletterten weiter hinauf. Zupften an seinem Hemd. Griffen auf die Tischplatte über und kräuselten sich am Rand hoch.
    Fasziniert blieb er stehen und sah zu. Pauls Kopf lag in einem Kranz von Feuer. Weitere fünf Minuten später brannte der Leichnam wie eine Fackel. Es war ein widerwärtiger Anblick. Er wandte den Blick ab. Der Raum war voller Rauch, und es stank nach versengtem Haar und verbranntem Plastik, und nach etwas, was ihn an sommerliche Grillpartys erinnerte. Er erkannte, dass es der Geruch von Fleisch war. Von brennendem Fleisch.
    Er wandte sich ab, holte weitere Stapel von Broschüren aus dem Schrank, riss Seiten heraus und knüllte sie zu Pfropfen zusammen. Legte eine Spur von Papier bis zu der Stelle, wo der Kampf stattgefunden hatte. Dort breitete er noch mehr Prospekte und Ordner aus. Die ersten Flammen suchten von einem schwarz verkohlten Paul aus nach neuer Nahrung und züngelten an den Prospekten entlang. Jetzt wurde die Hitze größer, und der Rauch raubte ihm die Sicht und den Atem. Er schloss die Tür hinter sich und ging hinunter auf den Parkplatz.
    Er betrachtete den BMW. Er hatte im Auto Spuren hinterlassen, so viel war klar. Sie waren im Wald gewesen, man würde die Erde finden. Trotz seiner Sturmhaube hatte er mit Sicherheit Haare verloren, Hautschuppen. Genetische Fingerabdrücke. Er wollte jetzt nur noch weg von hier und zwar so schnell wie möglich, aber er widerstand dem Drang zu flüchten.
    Erst zehn Minuten später lief er die dunkle Zufahrtsstraße entlang, die über den Parkplatz führte. Hinter ihm schwoll eine rötliche Glut an. Er hörte eine Explosion und splitterndes Glas, drehte sich um und sah, dass die Windschutzscheibe des BMW herausgesprungen war und die Flammen sich über das ganze Auto ausbreiteten.
    Er streifte die Handschuhe ab und steckte sie in die Hosentasche. Seine Hände waren nass geschwitzt.
    Am anderen Ende des Parkplatzes schaute er sich noch einmal um. Der Wagen stand lichterloh in Flammen. Er würde vollständig ausbrennen, falls nicht innerhalb der nächsten halben Stunde die Feuerwehr eintraf. In dem verkohlten Auto würden keinerlei Spuren mehr zu finden sein. Seine Hauptsorge war es jetzt, von hier wegzukommen. Wenn er in diesem Tempo weiterlief, könnte er in drei Stunden am Hafen und bei seinem Motorrad sein.
    Plötzlich sah er Scheinwerferlicht, rechts von ihm, nur wenige hundert Meter entfernt. Er war noch so erfüllt von den wahnwitzigen Ereignissen dieser Nacht, dass es eine Weile dauerte, bis er erkannte, dass die Scheinwerfer auf ihn zukamen. Erst im letzten Moment sprang er beiseite und duckte sich in den Straßengraben. Gleich darauf glitten die Lichtkegel über ihn hinweg und ein großer, heller Mercedes raste vorbei. Er blieb liegen und beobachtete, was geschah. Sah, wie das Auto an der Einfahrt zum Parkplatz anhielt.
    Niemand stieg aus.
    Er war zu müde, um neugierig zu sein. Er hatte keine Zeit, sich hier noch länger aufzuhalten. Die Feuerwehr würde nicht mehr lange auf sich warten lassen und mit ihr würden

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