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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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gern, sicher. Bitte. Hallo, Ben.«
    »Hallo.«
    »Ich hocke hier in Bern. Bern in der Schweiz. Die Hauptstadt, weißt du? Es gibt ein echt phantastisches Museum hier. Das Einstein-Museum, eins der besten Museen, in denen ich jemals war.«
    »Du warst im Museum? «
    »Nur für eine halbe Stunde. Gestern Abend, als ich angekommen bin. Sie hatten gerade Abendöffnung. Gleich über die Brücke vor meinem Hotel. Also bin ich hingegangen.«
    »Warum?«
    »Weil ich Lust hatte. Der Portier hat es empfohlen, also bin ich hin.«
    »Einfach so?«
    »Ja. Einfach so.«
    »Was hat er sonst noch empfohlen?«
    »Wie meinst du das?«
    »Hast du Käsefondue gegessen?«
    »Das macht keinen Spaß, wenn man allein ist. Dazu brauche ich dich und Mama. Euch alle beide.«
    »Klar.«
    »Und wenn alles glattläuft, bin ich am Wochenende schon wieder zu Hause. Dann können wir ins Kino gehen oder so was.«
    »Ähm, eigentlich muss ich noch meinen Spanischaufsatz fertigschreiben …«
    »Natürlich. Viel Erfolg. Worum geht’s denn?«
    »KeineAhnung. Irgendwelches spanische Zeug eben. Tschüs.«
    »Tschüs.«
    Was hat der Portier sonst noch empfohlen? Hab ich das richtig gehört? Warum nicht gleich: Schickt der Portier dir eine Nutte hoch? Was erzählt Eloise dem Kind für Sachen? Und warum zum Teufel behaupte ich, ich wäre im Einstein-Museum gewesen, nur weil das Faltblatt an der Rezeption auslag?
    * * *
    Er legte sich ins Bett, schaltete die BBC -Weltnachrichten an und wieder aus. Halbwahrheiten. Viertelwahrheiten. Was die Welt wirklich über sich weiß, das wagt sie nicht zu sagen. Seit Bogotá, das merkte er immer stärker, fehlte ihm manchmal der Mut, sich seiner Einsamkeit zu stellen. Vielleicht hatte er zu viele verschiedene Teile seines Ichs zu lange zusammengehalten, und jetzt begannen sie auseinanderzubröckeln. Er ging an die Minibar, schenkte sich einen Scotch mit Soda ein und trug ihn zum Bett. Nur diesen einen, mehr nicht. Er vermisste Gail. Er vermisste Yvonne. Schob sie gerade wieder Nachtschicht über Dimas Warenproben, oder lag sie in den Armen ihres perfekten Ehemannes? – wenn es ihn denn gab, was Luke manchmal bezweifelte. Vielleicht hatte sie ihn nur erfunden, um sich Luke vom Leib zu halten. Und Gail … War auch Perry perfekt? Anzunehmen. Alle hatten den perfekten Mann, nur Eloise nicht. Er dachte an Hector, Vater von Adrian. Hector, der seinen Sohn jeden Mittwoch und Samstag im Gefängnis besuchte, sechs Monate noch, wenn alles gutging. Hector, der Savonarola des Secret Service, wie ihn ein Schlaumeier einmal genannt hatte: ein leidenschaftlicher Reformator seines geliebten Dienstes, der sich bei jedem Sieg doch auf verlorenem Posten wusste.
    DerGenehmigungsausschuss, so hatte Luke gehört, sollte mittlerweile seine eigene Gefechtszentrale haben. Das passte: irgendein hoch-hochgeheimer Ort, an Drähten in der Luft schwebend oder dreißig Meter unter die Erde versenkt. Luke war in solchen Räumen gewesen, in Miami und auch in Washington, zum Erkenntnisaustausch mit den chers collègues von der CIA oder der Drogenbehörde, der Alkohol-, Feuerwaffen- und Tabakbehörde und Gott weiß was für Behörden noch alles. Und seiner unmaßgeblichen Meinung nach war ein solcher Ort der sicherste Weg in den kollektiven Wahnsinn. Er hatte mit eigenen Augen gesehen, wie die Körpersprache der Gläubigen sich veränderte, wenn der gesunde Menschenverstand langsam, aber sicher das Feld räumte und ihre virtuelle Welt ganz von ihnen Besitz ergriff.
    Er dachte an Matlock, der seine Ferien auf Madeira verbrachte und sich unter einem schwarzen Hotel nichts vorstellen konnte. Matlock, der in seiner Bedrängnis den Namen Adrian aus dem Hut gezaubert und damit aus nächster Nähe auf Hector geschossen hatte. Matlock an seinem Panoramafenster mit Blick auf die Themse, der seine elefantösen Subtilitäten vom Stapel ließ, erst die Peitsche, dann das Zuckerbrot, dann beides zusammen.
    Nun, Luke hatte nicht angebissen, und gebeugt hatte er sich auch nicht. Raffinesse war seine Sache nicht, das hätte er selbst als Erster zugegeben. Agiert nicht manipulativ genug , hatte es in einer seiner vertraulichen Jahresbeurteilungen geheißen, eigentlich ganz zu seiner heimlichen Zufriedenheit. Er sah sich nicht als Manipulator. Stur sein, das traf es schon eher. Durchhalten. Zäh bei seinem Nein bleiben, koste es, was es wolle – ob man nun in einem Verlies schmachtete oder auf Matlocks weichen Sesseln in Matlocks gemütlichem Büro in la

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