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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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Loubianka-sur-Tamise saß,Matlocks Whisky trinkend und Matlocks Fragen parierend. Schon vom bloßen Hinhören konnte man rammdösig werden:
    »Drei- bis Fünf-Jahres-Vertrag als Ausbilder, Luke, dazu ein hübsches Häuschen, damit Ihre Frau sich freut, sicher auch nicht verkehrt nach Sie-wissen-schon-was, Umzugsbeihilfe, gute Seeluft, anständige Schulen ganz in der Nähe … Sie müssten nicht mal Ihr Haus in London verkaufen, wenn Sie nicht möchten, gerade jetzt, wo die Preise derart im Keller sind … Vermieten Sie, dazu rate ich immer, freuen Sie sich an dem Extraeinkommen. Reden Sie mal mit der Buchhaltung unten, sagen Sie, ich hätte Sie geschickt … Nicht dass wir auf dem Immobiliengebiet mit Hector mithalten können, wer könnte das schon …« Eine Pause, damit die Besorgnis spontaner wirkte: »Hector verstrickt Sie aber doch in nichts, was über Ihre Kompetenzen hinausgeht, oder, Luke – wo Sie doch in Ihrer Loyalität manchmal etwas gespalten sind, wenn ich das so sagen darf … Ach übrigens, ich höre, Ollie Devereux soll ihm aufgesessen sein, was ich ja nicht sonderlich klug von ihm fände. Würden Sie ihn denn als Vollzeitkraft bezeichnen – Ollie? Oder eher mal ein Gelegenheitsjob hier, einer da …?«
    Und eine Stunde später das Ganze als Replay für Hector.
    »Ist Billy Boy denn mittlerweile für uns oder gegen uns?«, hatte Luke ihn bei ihrem Abschiedsdrink am Flughafen gefragt, als sie erleichtert zu weniger persönlichen Themen übergewechselt waren.
    »Billy Boy wird immer dahin trotten, wo er denkt, dass die Ritterwürde winkt. Er wählt nicht zwischen Cowboys und Indianern, er wählt einfach Matlock. Trotzdem, jemand, der Aubrey Longrigg so hasst wie er, kann nicht durch und durch schlecht sein«, setzte Hector hinzu.
    Unter anderen Umständen hätte Luke diese frohgemute Behauptungwomöglich in Zweifel gezogen, aber nicht jetzt, nicht am Vorabend von Hectors Entscheidungsschlacht gegen die Mächte der Finsternis.
    * * *
    Irgendwie war es Mittwoch geworden. Irgendwie hatten Gail und Perry ein paar Stunden Schlaf gefunden und mit gutem Appetit mit Ollie gefrühstückt, der daraufhin losgezogen war, um die Staatskarosse zu organisieren, wie er es nannte, während sie sich eine Einkaufsliste für die Kinder machten und damit in den Supermarkt aufbrachen. Erwartungsgemäß erinnerte sie das an den Nachmittag in St. John’s, ehe Ambrose sie zu dem überwucherten Pfad nach Three Chimneys gebracht hatte, aber diesmal fiel ihre Wahl entschieden prosaischer aus: Mineralwasser mit und ohne Kohlensäure, Säfte (na schön, Coca-Cola auch, ausnahmsweise: Perry), Picknickzutaten (Kinder mögen lieber Herzhaftes als Süßes, sie wissen es nur nicht: Gail), kleine Rucksäcke für alle (muss ja nicht immer Fair Trade sein), ein paar Gummibälle und einen Baseballschläger als ungefähre Annäherung an Kricket (gut, zur Not bringen wir ihnen eben Schlagball bei, obwohl, da die Jungs ja Baseball spielen, wird es wahrscheinlich umgekehrt sein).
    Ollies Staatskarosse entpuppte sich als ein alter, sieben Meter langer grüner Pferdetransporter mit hölzernen Seitenwänden, Segeltuchdach und zwei Abteilungen für zwei Pferde, deren Boden mit Kissen und Decken für die Menschen ausgelegt war. Gail setzte sich zimperlich auf ein Kissen. Perry, beglückt über diese urige Art der Fortbewegung, sprang mit einem Satz hinein. Ollie klappte hinter ihnen die Rampe hoch und schob die Riegel vor. Jetzt wurde auch der Zweck des schwarzen Schlapphuts klar: Ollie, der fröhliche Roma, fuhr heute zum Pferdemarkt!
    Sie fuhren nach Perrys Uhr eine Viertelstunde und hieltenmit einem Ruck auf weichem Boden. Kein Geknutsche und kein Spinxen, hatte Ollie ihnen eingeschärft. Ein heißer Wind wehte, und das Segeltuchdach über ihnen blähte sich wie ein Spinnaker. Nach Ollies Berechnungen waren sie zehn Minuten von ihrem Ziel entfernt.
    * * *
    Luke Alone , so hatten ihn die Lehrer an seiner Schule als Jungen genannt, nach dem tollkühnen Helden irgendeines langvergessenen Abenteuerromans. Es kam ihm höchst unfair vor, dass er als Achtjähriger schon die gleiche Einsamkeit ausgestrahlt haben sollte, die ihn mit dreiundvierzig umgab.
    Aber Luke Alone war er geblieben, und Luke Alone war er jetzt, als er mit Hornbrille, leuchtend roter Russenkrawatte und seinem aufgeklappten silbernen Laptop unter dem lichterfunkelnden Glasdach in der Hotelhalle des Bellevue Palace saß. Ein blauer Regenmantel lag gut sichtbar über der Armlehne

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