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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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von Möglichkeiten durchgegangen sei, sagte er, habe er sich für ein klotziges modernes Chalet ein Stück außerhalb des beliebten Fremdenverkehrsorts Wengen im Lauterbrunnental entschieden, sechzig Autominuten und eine viertelstündige Zugfahrt entfernt von ihrem jetzigen Standort.
    »Und ganz ehrlich, wenn irgendwer an diesen Kasten mehr als einen Blick verschwendet, dann muss er schon ziemlich meschugge sein«, schloss er herausfordernd und zog seinen schwarzen Hut tiefer ins Gesicht.
    Der emsige Luke verteilte nun Zettel mit Namen und Adresse des Chalets sowie der Festnetznummer, auf der sie dringende und unverfängliche Anrufe tätigen konnten, falls die Handys nicht funktionieren sollten, wobei Ollie zu berichten wusste, dass der Empfang im Dorf selbst einwandfrei war.
    »Und wie lange sollen die Dimas da oben festsitzen?«, fragte Perry in seiner Rolle als Gefangenenfürsorger.
    Er hatte nicht ernsthaft mit einer erhellenden Antwort gerechnet, aber Luke zeigte sich erstaunlich entgegenkommend – deutlich entgegenkommender zumindest, als es Hector unter vergleichbaren Umständen gewesen wäre. Es gebe einen ganzen Haufen bürokratischer Hürden, die erst einmal genommen werden müssten, erklärte Luke: Einwanderungsbehörde, Justizministerium, Innenministerium, um nur drei zu nennen. Hectors derzeitige Bemühungen zielten darauf ab, möglichst viele davon zu umgehen, bis Dima und Familie sicher in England angelangt seien:
    »Über den Daumen gepeilt drei bis vier Tage. Wenn wir Glück haben, weniger, wenn nicht, mehr. Ab da wird’s dann ein bisschen sumpfig.«
    »Sumpfig?«, wiederholte Gail und lachte. »Wie gut, dass wir barfuß sind!«
    Lukeerrötete, stimmte dann in das Lachen der anderen ein und setzte neu an. Bei Operationen wie dieser (wobei natürlich keine zwei gleich seien) müsse laufend umdisponiert werden, erklärte er. Von dem Moment an, da Dima von der Bildfläche verschwand – also morgen Mittag, toi, toi, toi –, werde die Jagd auf ihn losgehen, aber in welcher Form, darüber könne man im Moment nur spekulieren:
    »Sagen will ich damit lediglich, Gail, dass ab morgen Mittag die Zeit läuft und dass wir darauf gefasst sein müssen, unsere Pläne kurzfristig abzuändern. Das können wir aber. Das ist unser Beruf. Dafür werden wir bezahlt.«
    Und sie sollten früh schlafen gehen und ihn anrufen, wann immer ihnen danach war, legte er ihnen allen dreien noch einmal nahe, bevor er sich auf den Weg zurück nach Bern machte.
    »Sollten Sie die Rezeption dranhaben, nicht vergessen, mein Name ist John Brabazon«, erinnerte er sie mit knappem Lächeln.
    * * *
    Aus seinem vornehmen Zimmer im ersten Stock des Bellevue Palace mit Blick auf die Aare, die gleich unter seinem Fenster floss, und die fernen Gipfel des Berner Oberlandes, die sich schwarz vor dem orangeleuchtenden Himmel abhoben, versuchte Luke, Hector zu erreichen, und wurde von Hectors Stimme aufgefordert, auf Band zu sprechen, falls nicht das verflixte Dach einstürzte, in welchem Fall eh jede Hilfe zu spät komme, also Augen zu und durch – was Luke zum Lachen brachte und ihm bestätigte, was er schon vermutet hatte: dass Hector mitten in einem erbitterten bürokratischen Zweikampf steckte, der keine Rücksicht auf normale Bürozeiten nahm.
    Er hatte noch eine zweite Nummer für Notfälle, doch da seines Wissens kein Notfall vorlag, hinterließ er eine muntereNachricht des Inhalts, dass das Dach bis jetzt noch hielt, Milton und Doolittle auf ihrem Posten und guten Mutes waren, Harry glänzende Arbeit leistete, ach ja, und Grüße auch an Yvonne. Dann duschte er ausgiebig und zog seinen besten Anzug an, bevor er sich auf den Weg nach unten machte, um das Terrain zu sondieren. Sein Gefühl der Befreiung war jetzt vielleicht sogar noch größer als im Club des Rois. Er war barfuß, endlich, er segelte auf einer Wolke dahin: kein vierter Stock, der in letzter Minute hysterisch dazwischenfunkte, keine unkontrollierbare Anzahl von Beobachtern, Lauschern, kreisenden Hubschraubern und allen sonstigen fragwürdigen Insignien der modernen Geheimoperation; kein kokaingetriebener Warlord, der ihn in einem Dschungelverlies festkettete. Nur der barfüßige Luke mit seinem kleinen Häuflein Getreuer – darunter wie üblich seine neueste große Liebe –, und Hector in London, der die Mächte des Bösen bekämpfte und für Luke den Kopf hinhielt.
    »Im Zweifel nicht zweifeln, und das ist ein Befehl. Stecken Sie nicht den großen Zeh ins Wasser,

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