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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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nehmen – besonders die Informationen, die Sie in Bern erhalten werden –, dann fliegen wir Sie und Ihre Familie gleich am Mittwochabend perSondermaschine nach London aus. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Der Professor ist Zeuge. Wenn nicht, bringe ich Sie und Ihre Familie in ein sicheres Quartier und kümmere mich um Sie, bis meine Nummer Eins sagt: ›Bring sie nach England.‹ So ist die Sachlage, nach meinem besten Wissen und Gewissen. Perry, Sie können das bestätigen.«
    »Ja.«
    »Bei dem zweiten Überschreibungstermin in Bern, wie wollen Sie da die neuen Informationen, die Sie bekommen, festhalten?«
    »Kann ich leicht. Erst ich bin allein mit Direktor von Bank. Hab ich das Recht. Vielleicht ich sag ihm, kopier mir den Scheiß. Brauch ich Kopien, bevor ich überschreiben kann. Er ist mein Freund. Wenn er nicht kopiert, scheißegal. Hab ich gutes Gedächtnis.«
    »Sobald Dick Sie aus dem Bellevue Palace geholt hat, wird er Ihnen ein Aufnahmegerät geben, und Sie sprechen alles auf Band, was Sie gesehen und gehört haben.«
    »Und keine Grenzen, verfickt.«
    »Sie werden nicht eine Grenze passieren, bis Sie nach England kommen. Darauf haben Sie ebenfalls mein Wort. Perry, Sie haben es gehört, Sie sind mein Zeuge.«
    Ja, Perry hat es gehört. Dennoch sitzt er einen Moment lang da wie in Gedanken verloren, die langen Finger an die Stirn gedrückt, blicklos vor sich hin starrend.
    »Tom sagt die Wahrheit, Dima«, bekräftigt er schließlich. »Er hat es mir auch versprochen. Ich vertraue ihm.«

14
    Einen Tag später, am Dienstagnachmittag um vier, holte Luke Gail und Perry am Flughafen Zürich-Kloten ab. Die zwei hatten eine unruhige Nacht in der Wohnung in Primrose Hill hinter sich, beide schlaflos, beide mit ihren unterschiedlichen Sorgen beschäftigt: Gail hauptsächlich mit dem Gedanken an Natascha (warum dieses plötzliche Schweigen?), aber auch an die kleinen Mädchen; Perry mit Dima und dem beunruhigenden Wissen, dass Hector die Operation ab sofort von London aus befehligen würde, während ihre Geschicke im Feld von Luke gelenkt wurden, mit Schützenhilfe von Ollie und, notgedrungen, ihm selbst.
    Vom Flughafen aus fuhr Luke mit ihnen zu einem alten Dorfgasthof in einem Tal wenige Kilometer westlich von Bern. Der Gasthof war bezaubernd, das ehemals idyllische Tal verschandelt durch gesichtslose Wohnblöcke, Neonschilder, Hochspannungsmasten und einen Pornoladen. Luke wartete, während Perry und Gail ihr Zimmer bezogen, und setzte sich mit ihnen dann auf ein Bier in eine ruhige Ecke der Wirtsstube. Wenig später stieß Ollie zu ihnen, auf dem Kopf statt der Baskenmütze einen schwarzen Schlapphut, der ihm verwegen über ein Auge herabhing, aber ansonsten derselbe wie immer.
    * * *
    Mitruhiger Stimme setzte Luke sie über die jüngsten Entwicklungen ins Bild. Gail gegenüber gab er sich wortkarg und reserviert, von Anbändeln keine Spur mehr. Hectors Plan A, so teilte er den Versammelten mit, war fehlgeschlagen. Nach Rücksprache mit London – Matlock ließ er vor Perry und Gail aus dem Spiel – sah Hector keine Möglichkeit, Dima und seine Familie unmittelbar im Anschluss an den morgigen Termin nach England auszufliegen, weshalb nun Plan B in Kraft trat, sprich, ein sicheres Haus irgendwo in der Schweiz, bis Hector grünes Licht erhielt. Hector und Luke hatten sehr gründlich über das Wo und Wie nachgedacht und waren zu dem Schluss gelangt, dass bei einer so bunt zusammengewürfelten Familie abgelegen nicht gleichbedeutend mit geheim war.
    »Dieser Ansicht sind Sie ja auch, oder, Ollie?«
    »Voll und ganz, Luke«, bestätigte Ollie in seinem leicht suspekt klingenden Cockney.
    In der Schweiz war der Sommer dieses Jahr früh gekommen, fuhr Luke fort. Besser also, nach dem Mao-Prinzip Deckung in der Menge zu suchen, als in einem entlegenen Dörfchen untertauchen zu wollen, in dem jedes unbekannte Gesicht die Blicke auf sich zog – und erst recht das eines kahlköpfigen, befehlsgewohnten Russen in Begleitung zweier kleiner Mädchen, zweier rabaukiger Halbwüchsiger, einer blendend schönen jungen Tochter und einer halbverrückten Ehefrau.
    Doch auch strategisch betrachtet, brachte die Abgelegenheit aus der Sicht der Barfüßler keinen Vorteil, eher im Gegenteil, denn der kleine Flughafen Bern-Belp war vorzüglich geeignet für eine diskrete Ausreise per Privatflugzeug.
    * * *
    NachLuke war Ollie am Zug, und wie Luke war auch er in seinem Element und berichtete knapp und präzise. Nachdem er eine Reihe

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