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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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geheiligten Archiven des technischen Aufklärungsdienstes, des GCHQ höchstselbst. Ollie, Luke und Yvonne arbeiteten das ganze Wochenende durch, um das Material zu kopieren, zu photographieren oder auf sonst eine Weise zu vervielfältigen, damit Yvonne es am Montag mit dem ersten Hahnenschrei zu seinen rechtmäßigen Besitzern zurückbringen konnte.
    Ob sie auf legalem Weg an ihre Beute gelangte oder durch List, ob sie sie stahl oder ihren Kollegen und Komplizen abschwatzte, darüber tappte Luke bis zum heutigen Tag im Dunkeln. Er wusste nur, dass Ollie, sobald sie durch die Tür kam, mit ihrer Tasche in sein Kabuff hinter der Küche verschwand, um den Inhalt dort einzuscannen, auf einen USB -Stick zu überspielen und die Tasche sodann an Yvonne zurückzugeben, die damit ihrerseits am Ende des Tages zurück nach Whitehall entschwebte, zu jener ungenannten Regierungsabteilung, in deren Dienst sie offiziell stand.
    Denn auch das war ein Geheimnis, das nie gelüftet wurde, in den ganzen langen Nachmittagen nicht, während deren Luke und Yvonne die Köpfe zusammensteckten und die illustren Namen von Finanzgeiern mit den Bargeldtransfers abglichen, durch die Milliarden von Dollar innerhalb eines Tages mit Lichtgeschwindigkeit quer über drei Kontinente expediert wurden, und auch nicht mittags in der Küche über einer von Ollies Suppen (der größte Renner seine Tomatensuppe, dicht gefolgt von der französischen Zwiebelsuppe. Und erst der Krabbeneintopf, den er halbfertig in einer Thermoskanne mitbrachte und auf dem Gasherd noch einmal aufkochen ließ: ein Gedicht, unbestritten!). Aber soweit es Billy Boy Matlock angeht, hat Yvonne nie existiert und wird nie existieren. Wozu sonst sollendie wochenlangen Schulungen gut gewesen sein, in denen ihm Standhaftigkeit in »schwierigen Befragungssituationen« antrainiert wurde? Wozu sonst der Monat, den er gut verschnürt in der Dschungelfestung eines durchgeknallten Drogenbarons lag, während seine Frau zu Hause dahinterkam, dass sie einen zwanghaften Schürzenjäger zum Mann hatte?
    * * *
    »Welches sind denn nun die undichten Stellen, Luke?«, so Matlock bei einer schönen Tasse Tee in der Wohlfühlecke seines großen Büros in la Loubianka-sur-Tamise , wohin er Luke auf ein kleines Schwätzchen eingeladen hat, von dem Hector ja nichts zu wissen braucht. »Ich meine, wenn sich jemand mit Informanten auskennt, dann ja wohl Sie. Gerade neulich habe ich erst an Sie gedacht, als es um die neue Ausbilderstelle für Führungsoffiziere ging, die wir einrichten wollen. Ein schöner Fünf-Jahres-Vertrag für jemanden genau in Ihrem Alter«, sagt Matlock mit seinem gemütlich-schleppenden MidlandsAkzent.
    »Um ganz ehrlich zu sein, Billy, ich weiß es genauso wenig wie Sie«, erwidert Luke, denn Yvonne hat ja nie existiert und wird es auch nie, selbst wenn Billy Boy ihn mit den Eiern am Kronleuchter aufhängt, was so ungefähr das Einzige ist, worauf die Jungs des Drogenbarons nicht verfallen sind. »Hector schnipst sich seine Informationen einfach so aus dem Nichts herbei, scheint mir. Wirklich verblüffend«, fügt er noch hinzu, mit einer gebührenden Portion Staunen in der Stimme.
    Matlock hat diese Antwort offenbar nicht gehört, oder sie missfällt ihm, denn die Herzlichkeit ist aus seinem Ton verflogen, als hätte es sie nie gegeben.
    »Ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, so eine Ausbilderposition.Wir müssten nach einem altgedienten Beamten suchen, dessen Laufbahn Vorbildcharakter für unsere idealistischen jungen Nachwuchskräfte hat – Männlein wie Weiblein, das muss ich wohl nicht erst betonen. Das Ministerium müsste sicher sein können, dass ein erfolgreicher Kandidat keiner noch so kleinen Unregelmäßigkeit bezichtigt werden kann. Und unser Büro würde da naturgemäß seine Empfehlungen aussprechen. In Ihrem Fall hieße das, dass wir Ihren Lebenslauf vielleicht eine Spur aufpolieren müssten.«
    »Das wäre großzügig, Billy.«
    »Das wäre es, Luke«, stimmt Matlock zu. »Das wäre es allerdings. Ein bisschen hinge es natürlich auch von Ihrem derzeitigen Verhalten ab.«
    * * *
    Wer war Yvonne? Den ersten dieser drei Monate hatte sie Luke – inzwischen konnte er das sagen, inzwischen konnte er es zugeben – fast um den Verstand gebracht. Er liebte ihre Sprödigkeit, diesen Schutzpanzer der Zurückhaltung, den er so gern durchbrochen hätte. Ihr diskret parfümierter Körper, wenn sie ihn denn jemals vor ihm enthüllte, würde klassisch anmuten, er sah es

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