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Verr�ter wie wir

Titel: Verr�ter wie wir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carr�
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auf einem scheppernden silbernen Rollwagen, den ein fuchtiger alter Schwarzer im roten Jagdrock schob, schnitt er das etwas intimere, wenngleich ähnlich harmlose Thema von Jennys Heiratsplänen an (Jenny, so stellte sich heraus, war seine geliebte Tochter), die sich kürzlich zerschlagen hatten, weil der Mann im Spiel, O-Ton Hector, als miese kleine Ratte enttarnt worden war.
    »Wobei es von Jennys Seite nicht Liebe war, eher eine Art Sucht. Wie bei Adrian letztlich, nur keine Drogen, gottlob. Der Kerl war ein Sadist, sie hat einen Helferkomplex – passt wie die Faust aufs Auge, dachten wir. Gesagt haben wir nichts, was denn auch. Hoffnungslos. Haben ihnen ein hübsches kleines Häuschen in Bloomsbury gekauft, mit allen Schikanen. Dieser vulgäre Mistkerl hat sich zehn Zentimeter tiefe Plüschteppichböden eingebildet, also brauchte Jenny sie auch. Mich können Sie mit so was ja jagen, aber was will man machen? Nur ein paar Gehminuten vom British Museum entfernt, also perfekt fürTrotzki und ihre Doktorarbeit. Aber Jenny ist dem kleinen Scheißer gottlob auf die Schliche gekommen, zehn Punkte für sie. Guter Rezessionspreis, der Besitzer war pleite, Geld verliere ich also keins. Netter Garten, nicht zu groß.«
    Der alte Kellner nahte mit einem außerplanmäßigen Kännchen Vanillesauce, Hector scheuchte ihn weg. Verwünschungen murmelnd, hatschte er mit seiner Last zum nächsten Tisch gut sieben Meter weiter.
    »Einen ordentlichen Keller gibt’s auch, was man heutzutage nicht oft kriegt. Müffelt ein bisschen, aber nicht sehr. Wurde mal von irgendwem als Weinkeller benutzt. Alle Wände frei stehend. Nicht zu wenig Verkehr auf der Straße. Ich bin ja nur froh, dass sie sich von dem Kerl kein Kind machen lassen hat. So wie ich Jenny kenne, haben sie nicht verhütet.«
    »Immerhin etwas«, sagte Luke höflich.
    »Ja, nicht wahr?«, stimmte Hector zu und beugte sich vor, damit Luke ihn über dem Lärm aus der Küche auch ja hörte. Der fragte sich langsam, ob Hector überhaupt eine Tochter hatte. »Ich dachte, Sie könnten vielleicht für ein Weilchen mietfrei dort einziehen. Jenny setzt keinen Fuß mehr hinein, verständlicherweise, aber so ganz unbewohnt, das ist nicht gut. Ich geb Ihnen nachher gleich den Schlüssel. Erinnern Sie sich an Ollie Devereux? Sohn eines weißrussischen Reisekaufmanns aus Genf und einer Fish-&- Chips-Verkäuferin aus Harrow? Wirkt wie ein Sechzehnjähriger, der stramm auf die fünfundvierzig zugeht? Hat Ihnen damals aus der Patsche geholfen, in dem Hotel in Petersburg, wissen Sie noch, als Sie das mit der Wanze verbockt hatten?«
    Luke erinnerte sich gut an Ollie Devereux.
    »Französisch, Russisch, Schweizerdeutsch und Italienisch, wenn nötig, und der beste Mann für die Hintertür, den die Branche zu bieten hat. Sie bezahlen ihn in bar. Geldkriegen Sie von mir nachher auch noch. Antritt morgen früh um Punkt neun, da können Sie noch in aller Ruhe Ihren Schreibtisch in der Verwaltung räumen und Ihre Reißzwecken und Büroklammern in den dritten Stock schaffen. Ach übrigens, Sie teilen sich Ihre kleine WG mit einer netten Frau namens Yvonne, sonstige Namen irrelevant: Profi-Schnüfflerin, sieht aus, als könnte sie kein Wässerchen trüben, aber dabei beinhart.«
    Der silberne Rollwagen rückte wieder an. Hector empfahl den hausgemachten Brotauflauf. Luke erklärte, das sei sein Lieblingsnachtisch. Diesmal auch gern mit ein wenig Vanillesauce, danke sehr. In einer Wolke geriatrischer Erbostheit rollte der Wagen davon.
    »Ist nebenbei bemerkt ein sehr erlesener kleiner Kreis, dem Sie hier seit zwei Stunden angehören«, sagte Hector und tupfte sich mit einer mottenzerfressenen Damastserviette den Mund. »Sie wären Nummer sieben auf der Liste, Ollie inbegriffen, wenn’s eine Liste gäbe. Ich will keine Nummer acht, ohne dass ich grünes Licht gebe. Abgemacht?«
    »Abgemacht«, sagte Luke diesmal.
    Also hatte er vielleicht doch ja gesagt.
    * * *
    Noch am selben Nachmittag packte Luke, ordentlich benebelt von dem gemeingefährlichen Bordeaux des Clubs, unter den steinernen Blicken seiner Mithäftlinge in der Verwaltungsabteilung seine Reißzwecken und Büroklammern und trug sie in die Abgeschiedenheit des dritten Stocks, wo tatsächlich ein abgewohntes, aber annehmbares Büro mit einem Schild SONDERDIENSTSTELLE REFINANZIERUNG an der Tür auf seinen hypothetischen Bewohner wartete. Unter Lukes Sachen war eine alte Strickjacke, und etwas trieb ihn dazu, sie über die Lehne des

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