Verr�ter wie wir
bezähmen. Er sorgte sich, welche Seite an Perry sich wohl durchsetzen mochte, wenn es hart auf hart ging: Würde es der furchtlose Gipfelstürmer sein oder der weltfremde Moralgelehrte – und würde es einen Unterschied ausmachen?
Er sorgte sich wegen des bevorstehenden Duells zwischen Hector und Billy Boy Matlock und darum, wer von ihnen als Erster die Geduld verlieren würde – oder so tat als ob.
* * *
Er verließ die Stille des Regent’s Park und tauchte ein ins Gewühl der sonntäglichen Schnäppchenjäger. Ganz locker, befahl er sich. Es wird schon werden. Die Verantwortung trägt Hector, nicht du.
Im Stillen zählte er Merkzeichen ab. Seit der Sache in Bogotá brauchte er Dinge, an denen er sich festhielt. Falls ich entführt werde, sind das die letzten Bilder, bevor mir der Sack über den Kopf gestülpt wird:
Das China-Restaurant.
Der Big-Archway-Nightclub.
Die Gentle-Readers’-Buchhandlung.
Das ist der gemahlene Kaffee, nach dem es roch, während meine Angreifer und ich gekämpft haben.
Dassind die verschneiten Kiefern aus dem Schaufenster der Kunsthandlung, ehe alles um mich dunkel wurde.
Das ist die Hausnummer 9 , der Ort meiner Wiedergeburt: in drei Schritten die Stufen hinauf wie ein ganz normaler Bewohner.
9
Hector und Matlock verzichteten auf Formalitäten freundlicher wie auch sonstiger Art, und vielleicht hatte das Tradition: nur ein Nicken und ein stummer Händedruck zwischen zwei alten Kontrahenten, die sich für den nächsten Schlagabtausch bereitmachten. Matlock hatte sich von seinem Fahrer um die Ecke absetzen lassen und kam zu Fuß.
»Sehr schicker Wilton-Teppich, Hector«, sagte er mit einem langsamen Blick in die Runde, der ihm seine schlimmsten Befürchtungen zu bestätigen schien. »Wilton ist unschlagbar, zumindest, wenn es einem ums Preis-Leistungs-Verhältnis geht. Guten Tag, Luke. Es sind nur Sie beide hier, ja?« Er drückte Hector seinen Mantel in die Hand.
»Die Diener sind alle beim Hunderennen«, sagte Hector und hängte den Mantel auf.
Matlock war genauso bullig, wie sein Spitzname nahelegte, ein breitschultriger, breitschädliger Mann, der auf den ersten Blick etwas Onkelhaftes ausstrahlte, auch wenn seine geduckte Haltung Luke an einen alternden Rugby-Stürmer denken ließ. Sein Midlands-Akzent war den bösen Zungen im Erdgeschoss zufolge unter New Labour zunächst prononcierter geworden, schwächte sich aber nun angesichts der drohenden Wahlniederlage zunehmend ab.
»Wir sind im Keller, wenn Ihnen das recht ist, Billy«, sagte Hector.
»Eswird mir recht sein müssen, danke, Hector«, sagte Matlock weder liebenswürdig noch rüde, während er als Erster die Steinstufen hinunterstieg. »Was kostet uns dieses Häuschen, rein interessehalber?«
»Sie bisher gar nichts. Im Moment geht es noch auf meine Rechnung.«
»Sie beziehen Ihr Gehalt von uns , Hector. Nicht umgekehrt.«
»Sobald Sie grünes Licht für die Operation geben, reiche ich meine Spesen ein.«
»Und ich beanstande sie dann«, sagte Matlock. »Sind Sie unter die Trinker gegangen, kann das sein?«
»Es war früher ein Weinkeller.«
Sie nahmen ihre Plätze ein. Matlock wählte das Kopfende. Hector, für gewöhnlich ein sturer Technikverächter, setzte sich links von ihm, um einen Kassettenrecorder und eine Computerkonsole bedienen zu können. Und links von Hector saß Luke, so dass sie alle drei freie Sicht auf den Plasmabildschirm hatten, der von dem abwesenden Ollie über Nacht aufgebaut worden war.
»Und, sind Sie dazu gekommen, sich durch das ganze Material zu ackern, mit dem wir Sie zugeschüttet haben, Billy?«, erkundigte sich Hector mitfühlend. »Tut mir leid, wenn Sie deshalb nicht zum Golfen konnten.«
»Falls ›das Ganze‹ das sein soll, was Sie mir geschickt haben, dann ja, Hector, ich bin dazu gekommen, besten Dank«, gab Matlock zurück. »Wobei ›das Ganze‹ in Ihrem Fall ja erfahrungsgemäß sehr relativ zu sehen ist. Ich spiele nicht Golf, am Rande bemerkt, und ich bin kein Freund von Zusammenschnitten, wenn’s nicht unbedingt sein muss. Besonders nicht von Ihren. Ein bisschen mehr Rohmaterial und ein bisschen weniger Manipulation wären mir lieber gewesen.«
»Dann gehen wir das Rohmaterial jetzt durch, wie wär’s, und vertragen uns wieder?«, schlug Hector unverändert sanftvor. »Wir sprechen immer noch Russisch, nehme ich doch an?«
»Tun wir – es sei denn, Ihres ist eingerostet, während Sie sich Ihre goldene Nase verdient haben.«
Wie ein altes Ehepaar,
Weitere Kostenlose Bücher