Verr�ter wie wir
einigen Jahren gegen ihn erhoben haben. Die gute Nachricht ist, dass er nicht mehr sehr lange warten muss. Dank ein wenig gezielter Lobbyarbeit in den heiligen Washingtoner Hallen wird man in Kürze zu dem Schluss kommen, dass ihm nichts vorzuwerfen ist. Schon hilfreich, zu wissen, wo die Mächtigen Amerikas ihre illegalen Nummernkonten haben.«
Die Kamera schwenkt nach achtern und zeigt die Besatzung, ganz stilecht in russischen Matrosenblusen und -mützen. Ein Hubschrauber setzt zur Landung an. Die Kamera kehrt zum Bug zurück, zickzackt in Richtung Wasser; das Bild wird dunkler. Eine Motorbarkasse legt am Boot an und bringt neue Gäste. Diensteifrige Matrosen stehenbereit, während die Passagiere in ihren schicken Kleidern vorsichtig die Leiter hinaufklettern.
Zurück nach achtern. Der Hubschrauber ist gelandet, seine Rotorblätter drehen sich langsam aus. Eine feine Dame stöckelt mit wehenden Röcken das mit rotem Teppich belegte Treppchen herab und hält ihren Hut fest. Hinter ihr eine zweite feine Dame, dann ein Trupp feiner Herren in Blazern und weißen Segelhosen, sechs an der Zahl. Verwackelte Umarmungen. Schwaches Begrüßungsgekreisch, überlagert von Tanzmusik.
Schnitt zurück zu zweiter Motorbarkasse, die eben längsseits geht, um hübsche Mädchen anzuliefern. Hautenge Jeans, flatternde Röckchen, viel nacktes Bein und nackte Schultern, als sie die Leiter hinaufsteigen. Ein Zweiergespann verwackelter Trompeter in Kosakenuniform schmettert den hübschen Mädchen einen Willkommenstusch entgegen.
Ein dilettantischer Schwenk über die Gäste, die auf dem Hauptdeck versammelt sind. Bisher sind es achtzehn. Luke und Yvonne haben sie gezählt.
Das Bild erstarrt, in ungelenken Sprüngen folgt eine Reihe von Nahaufnahmen, noch einmal stark vergrößert von Ollie. Die Bildunterschrift lautet: Kleiner Adriahafen nahe Dubrovnik, 21 . Juni 2008 . Es ist der erste von vielen Untertiteln, die Yvonne, Luke und Ollie im Team einkopiert haben, als Ergänzung zu Hectors mündlichem Kommentar.
Das Schweigen im Souterrain ist mit Händen greifbar. Fast wirkt es, als würden alle im Raum, Hector inbegriffen, gleichzeitig den Atem anhalten. Vielleicht tun sie es. Sogar Matlock beugt sich auf seinem Stuhl nach vorn.
* * *
Wirsehen zwei guterhaltene Geschäftsmänner in teuren Maßanzügen im Gespräch, dahinter Hals- und Schulterpartie einer nicht mehr ganz jungen Frau mit hochtoupierten weißen Haaren. Sie steht mit dem Rücken zum Betrachter, um den Hals ein vierreihiges Brillantkollier mit dazu passenden Ohrgehängen, schwindelerregend teuer im Zweifel. Von links hält eine weißbehandschuhte Kosakenhand mit bestickter Manschette ein Silbertablett voller Champagnergläser ins Bild.
Nahaufnahme der beiden Geschäftsmänner. Der eine hat eine weiße Smokingjacke an. Er ist schwarzhaarig, ein südländischer Typ mit kräftigem Unterkiefer. Der andere trägt einen marineblauen, sehr englischen Blazer mit einer Doppelreihe von Messingknöpfen – Boating Jacket sagt man in gehobenen britischen Kreisen dazu, Luke muss es wissen, schließlich stammt er selbst aus diesen Kreisen. Verglichen mit seinem Gesprächspartner ist dieser zweite Mann jung. Er ist außerdem gutaussehend auf eine Art, die an die jungen Männer des achtzehnten Jahrhunderts erinnert, zumindest auf den Porträts, die sie Lukes alter Schule nach Ende ihrer Zeit dort gestiftet haben: breite Stirn, hoher Haaransatz, im Blick eine arrogante Sinnlichkeit à la Byron, dazu ein Schmollmund und eine Haltung, dank der sie auf einen herabzuschauen scheinen, selbst wenn man sie überragt.
Hector sitzt stumm da. Das Team hat beschlossen, dass die Untertitel aussprechen sollen, was jeder auf einen Blick sehen kann: dass der marineblaue Doppelreiher mit den Messingknöpfen einem führenden Mitglied der britischen Opposition gehört, einem Schattenminister, der für einen astronomisch hohen Posten nach der nächsten Wahl gehandelt wird.
Hier endlich bricht Hector das lastende Schweigen, sehr zu Lukes Erleichterung.
»Sein Auftrag ist es laut Parteiprogramm, ›die britische Wirtschaft auf dem internationalen Finanzmarkt zu positionieren‹,was immer man sich darunter vorzustellen hat«, bemerkt er bissig, mit einem Aufflackern seiner alten Energie. »Und natürlich der Selbstbedienungsmentalität der Banker einen Riegel vorzuschieben. Aber das wollen sie ja letztlich alle. Eines schönen Tages.«
Matlock hat die Sprache wiedergefunden.
»Man kann keine
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