Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
ziemlich weit. Und seine äußere Erscheinung wäre dabei ganz bestimmt kein Hindernis.
Er war über einen Meter achtzig groß, und selbst in dem tadellos geschnittenen dunkelgrauen Anzug konnte sie erkennen, dass sein Körper muskulös und ausnehmend geschmeidig war. Sein Haar war gut geschnitten, gleichzeitig aber auf eine jungenhafte Art zerzaust, die sicher vielen Frauen gefiel. Es war dunkelbraun und wies rötliche Strähnen auf.
Seine breite, hohe Stirn zeugte von Intelligenz. Die geschwungenen Brauen waren dicht, und die Augen waren weder grau noch grün, sondern wiesen einen Farbton irgendwo dazwischen auf. Eine aristokratische Nase teilte hohe Wangenknochen, und mit seinem breiten Mund und der sinnlich vollen Unterlippe sah er, wenn er lächelte, wahrscheinlich ungeheuer sexy aus.
Er blickte sie über seinen Schreibtisch hinweg an. »Das mit Ihrem Gatten tut mir leid.«
»Danke.« Hatte er sie deshalb einbestellt? Aber warum hatte er ihr dann nicht einfach während ihres Telefongesprächs am Vortag kondoliert?
Sie hatte diese Worte im Verlauf der letzten Monate fast jeden Tag gehört, doch seine Stimme hatte einen seltsam eindringlichen Klang. Als täte es ihm nicht nur leid, dass ihr Mann gestorben war. Und auch sein durchdringender Blick rief ein Gefühl des Unbehagens
in ihr wach, wie wenn er ihre Reaktion auf alles, was er sagte, abwägen würde.
»Ich habe Sie im Fernsehen gesehen«, erklärte er in nonchalantem Ton. Doch auch diesen Satz sagte er ganz bestimmt nicht ohne Grund. Kari wagte zu bezweifeln, dass er jemals etwas sagte, ohne vorher überlegt zu haben, was er sprach.
»Das klingt wie ›Ich habe Ihr Baby gesehen‹. Wie habe ich Ihnen gefallen?«
Er fing an zu grinsen, und sie sah, dass sie recht gehabt hatte. Er war attraktiv und sexy, und ihr fielen sofort ein Dutzend junger Damen ein, die sich glücklich schätzen würden, gäbe er den Single-Status für sie auf.
»Früher habe ich den Fernseher immer sofort nach den eigentlichen Nachrichten ausgeschaltet.« Er wandte sich ab, zog unnötigerweise eine Schublade des Schreibtischs auf und schob sie wieder zu. »Doch in letzter Zeit habe ich mir auch Ihre Beiträge noch angesehen. Sie sind wirklich gut.«
»Danke.« Sie nickte förmlich mit dem Kopf, sah ihn aber gleichzeitig mit einem breiten Lächeln an.
»Sie können sich gut artikulieren und sehen immer … bezaubernd aus«, fügte er nach einer kurzen, beinahe unmerklichen Pause sanft hinzu.
Karis Herz vollführte einen kleinen Freudentanz. So etwas hatte sie nie zuvor erlebt. Ein seltsames, aber aufregendes Gefühl drang hinter die beherrschte Fassade und breitete sich in ihrer Brust und ihrem Magen aus. Sie hielt den Atem an und unterdrückte mühsam den Impuls, die Hand auf ihren Bauch zu legen. Hatte ihr Baby sich bewegt? Nein. Dafür war es noch zu früh.
Aber was war es dann? Sie reagierte doch ganz sicher nicht wie ein unbedarfter Teenager auf dieses Kompliment?
»Sie hätten sich die Einladung hierher ersparen und mir einfach einen Fanbrief schreiben können«, stellte sie mit einem etwas unsicheren Lächeln fest.
»Ich bin tatsächlich ein Fan von Ihnen, und das wollte ich Ihnen auch sagen.« Dann legte er allerdings die Stirn in Falten und fügte hinzu: »Aber ich fürchte, dass noch etwas anderes hinter dieser Verabredung steckt.«
»Das hatte ich mir schon gedacht. Falls es um eine Story geht, rufen Sie am besten den entsprechenden Ressortleiter des Senders an. Er wird dann die richtigen Leute …«
»Nein, es geht nicht um eine Story. Oder zumindest jetzt noch nicht. Heute Nachmittag sieht es wahrscheinlich anders aus.«
Sie schlug ihre Beine übereinander und rutschte ungeduldig auf dem Stuhl herum. Wann käme er endlich auf den Punkt? »Warum sagen Sie mir nicht einfach, worum es geht, Mr McKee?«
»Es geht um Ihren verstorbenen Mann«, erklärte er geradeheraus.
Dadurch wurde ihre zunehmende Ungeduld gedämpft. Sie blinzelte verwirrt, als Hunter McKee nach dem vor ihm liegenden Ordner griff. Seine Bewegungen waren methodisch und irgendwie offiziell. Er wirkte nicht mehr wie ein zuvorkommender Gastgeber oder ein begeisterter Fan, sondern wie ein Diener des Staats, der zur Erfüllung einer unangenehmen Pflicht gezwungen war. »Thomas? Was ist mit ihm?«
Er atmete tief ein. »Seit mehreren Monaten führt diese Dienststelle Ermittlungen durch, bei denen es um das Verschwinden großer Geldsummen geht. Geldsummen, die aus der Stadtkasse entnommen worden
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