Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
man gegen ein Verlangen an, das alles, was man je zuvor empfunden hatte, übertraf? Schließlich hatte er dieses Gefühl nicht absichtlich in sich geweckt. Hatte sie nicht vorsätzlich aus einer Menge attraktiver Frauen ausgesucht. In der Situation, in der er sich befand, hätte er sie wahrscheinlich eher als Allerletzte ausgewählt. Er hatte nicht darum gebeten, dieser jungen Witwe zu verfallen, es war einfach so passiert. Was zum Teufel könnte er dagegen tun?
Es war einfach der totale Wahnsinn und kam einem politischen und auch professionellen Selbstmord gleich, aber trotzdem war es nun einmal passiert.
Er hatte sich in den Feind verliebt.
3
Als Kari zurück zum Sender kam, herrschte aufgeregtes Treiben in der Redaktion. Irgendeine große Sache war hereingekommen, und sie konnte sich auch vorstellen, was das war. Kaum ging sie an den Gruppen von Leuten vorbei den Flur hinunter, brachen die Gespräche ab. Alle warfen ihr verstohlene, nachdenkliche Blicke zu. Sie wussten also alle längst Bescheid.
Sie ging zu ihrem Schreibtisch und fuhr mit der Arbeit fort, wie wenn nichts geschehen wäre. Sollten sie doch reden, dachte sie. In seinem Bemühen, die Zustimmung der Öffentlichkeit zu gewinnen, würde Hunter McKee einen Riesennarren aus sich machen. Davon war sie überzeugt. Die Behauptung, Thomas Wynne hätte öffentliche Gelder unterschlagen, war einfach absurd. Die Anschuldigungen, die McKee gegen ihren toten Ehemann erhob, waren völlig unbegründet, und er würde sich damit vor aller Welt blamieren wie eben schon vor ihr.
»Hi, Baby.«
Sie setzte ein, wenn auch etwas starres Lächeln auf. »Hi.«
Pinkie blickte über seine Schulter. Privatgespräche waren hier in diesem Bienenstock so gut wie ausgeschlossen,
wusste er. »Es ist kein Geheimnis mehr, weshalb McKee dich sehen wollte.«
Sie reckte stolz das Kinn. »Anscheinend nicht.«
»Wir haben es eben gerade erfahren. Sie haben Parker bei sich zu Hause und Haynes auf dem Golfplatz festgenommen. Natürlich werden die beiden gegen Kaution innerhalb von wenigen Minuten wieder draußen sein. Trotzdem steckt der Stadtrat ziemlich in der Klemme.« Er legte tröstend eine Hand auf ihre Schulter und fügte ruhig hinzu: »Genau wie du.«
»Warum?«, fragte sie ihn gereizt. »Falls wirklich Geld veruntreut worden ist, hatte Thomas ganz eindeutig nichts damit zu tun.«
»Hat dir das McKee gesagt? Dass Thomas nicht an diesen Unterschlagungen beteiligt war?«
Pinkies Augen waren so hell wie alles andere an ihm, von einem blassen, beinahe durchsichtigen Blau. Sie konnten einen bezwingen. Und das taten sie auch jetzt. Deshalb wandte sie sich ab. »Nein. Er denkt, Thomas hätte etwas damit zu tun gehabt. Der Mann ist einfach ein Narr.«
»Vielleicht, aber gleichzeitig erstaunlich ritterlich. Ich habe noch nie gehört, dass ein Staatsanwalt die Verwandten vorher warnt, wenn einer aus der Familie hochgenommen werden soll.«
»Das hat er auch nicht getan. Er wollte, dass ich ihm Informationen gebe.« Sie stand auf und stapfte durch den kleinen Raum, der kaum groß genug für ihren Stuhl und ihren Schreibtisch war. »Er hat sich allen Ernstes eingebildet, ich würde ihm dabei helfen, eine Verurteilung der anderen zu erreichen. Kannst du dir
das vorstellen? Was für ein dreister Kerl! Er wollte, dass ein Gerichtsschreiber meine Aussage protokolliert, damit er mich nicht vorzuladen braucht.«
Pinkie fächelte das Streichholz, mit dem er sich gerade eine Zigarette angezündet hatte, aus und ließ es in den Papierkorb fallen, ohne dass er Kari dabei aus den Augen ließ. »Dann wollte er dir also wirklich einen Dienst erweisen.«
»Den Teufel wollte er«, stellte sie bissig fest. »Wahrscheinlich hat er sich eingebildet, als emotional geschwächte Witwe würde ich zusammenbrechen und sämtliche dunklen Geheimnisse meines Mannes ausplaudern. Was er nicht begreift, ist, dass Thomas keine Geheimnisse hatte, weder dunkle noch andere. Aber das wird er bald herausfinden, und dann steht er wie ein Trottel da.«
»Bist du dir da sicher?«
»Dass er wie ein Trottel dastehen wird?«
»Nein. Dass Thomas keine Geheimnisse hatte«, sagte Pinkie ruhig.
Kampfbereit wirbelte Kari auf dem Absatz herum und starrte ihn während einiger angespannter Sekunden herausfordernd an. Schließlich lenkte Pinkie seinen Blick woanders hin, und sie ließ sich in ihren Schreibtischsessel fallen und wandte ihm den Rücken zu.
»Es tut mir leid, Schätzchen. Wir sind alle völlig durcheinander. Es
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