Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Nachrichtenteam von WBTV nahm sie ebenso begeistert wieder auf wie das Publikum. Nach der ersten Woche, in der sie erneut auf Sendung war, trafen Briefe für sie ein. Die Zuschauer waren froh, sie endlich wiederzusehen. Was sie als äußerst schmeichelhaft
empfand, denn für gewöhnlich hatten Fernsehzuschauer ein sehr kurzes Gedächtnis und gewöhnten sich schnell um.
Obwohl Pinkies Kommentare nach den ersten drei Beiträgen zurückhaltend ausfielen, wusste Kari, dass er durch und durch zufrieden mit ihr war. Sie brachte eine Geschichte über eine Familie von Trapezkünstlern, die weiter im Zirkus auftraten, obwohl es in ihrer Truppe schon zu einer Reihe tödlicher Unfälle gekommen war. Während Pinkie sich den Film ansah, brannte seine Zigarette ab, ohne dass er es bemerkte. Und wenn sie es schaffte, ihn derart in ihren Bann zu ziehen, gelänge ihr das bei den Zuschauern auf jeden Fall.
Ihre Abende brachte sie ruhig zu Hause zu. Sie hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie schon nach ihrem Telefon gegriffen hatte, um Hunter anzurufen. Bisher aber hatte sie es nicht getan. Denn wenn sie ihn anriefe und er dann zu ihr käme, wüsste sie genau, was dann geschähe. Dann landeten sie ganz bestimmt in ihrem Bett und fingen noch mal ganz von vorne an. Er würde sie wieder bitten, ihn zu heiraten, doch dazu war sie jetzt noch nicht bereit.
Und was, wenn sie ihn anriefe, und er wäre nicht daheim? Dann würde sie sich fragen, wo er war und mit wem er sich womöglich traf. Deshalb ließ sie es besser einfach sein.
Sie sehnte sich nach ihm. Vermisste seinen ausgeprägten Sinn für Humor, seine intelligenten Bemerkungen und sogar sein aufbrausendes Temperament. Am besten dachte sie gar nicht darüber nach, denn dann sehnte sich ihr Körper schmerzlich nach der Berührung
seines Leibs. Erst Hunter hatte ihr das ganze Ausmaß der Sinnesfreuden gezeigt, zu denen sie fähig war. Niemals vorher hatte jemand ihre Pobacken, die Kniekehlen oder Fußsohlen geküsst. Als sie an die erotischen Freuden dachte, die er ihr bereitet hatte, stieg ihr die Schamesröte ins Gesicht, gleichzeitig jedoch brannte sie darauf, sie alle wieder zu erleben, und zwar im Zusammensein mit diesem Mann.
Sie machte langsam Fortschritte und kam sich jeden Tag ein bisschen stärker und selbstsicherer vor. Trotzdem hatte sie das angestrebte Maß an Souveränität noch nicht erreicht. Wenn es so weit wäre, würde sie sofort zu Hunter fahren, und dann würde er sie niemals wieder los.
»Kari Stewart?«
»Ja.«
»Ich muss …«
»Tut mir leid, aber Sie müssen bitte etwas lauter sprechen. Ich kann Sie kaum verstehen.«
Ob das ein Perverser war? Es passierte öfter, dass sie obszöne Anrufe bekam. Zu Beginn ihrer Karriere hatte ihr das Angst gemacht. Inzwischen aber wusste sie, wie damit umzugehen war. Sie hatte bereits ungezählte unmoralische Angebote sowie dreiundzwanzig Heiratsanträge bekommen, und auch dieser Anrufer hatte die raue, atemlose Stimme, wie sie für Perverse typisch war.
»Ich kann nicht lauter sprechen«, flüsterte er. »Ich habe Ihnen eine Story anzubieten. Haben Sie Interesse oder nicht?«
Auch das war sie gewohnt. Immer wieder riefen irgendwelche Irren bei ihr an und meldeten alles Mögliche von russischen Invasoren im Waschsalon an der Ecke bis hin zu Raumschiffen, die auf Schulhöfen gelandet waren.
»Ich habe immer Interesse an einer guten Story«, sagte sie mechanisch. Ein gestresster Produktionsassistent kam an ihren Schreibtisch und drückte ihr das Skript für ihren nächsten Beitrag in die Hand. »Fünfzehn Sekunden«, rief er ihr tonlos in Erinnerung, und als sie nickte und das Okay-Zeichen mit Daumen und mit Zeigefinger machte, zog er sich wieder zurück. »Ich bin gerade sehr beschäftigt«, sprach sie in den Hörer. »Warum geben Sie mir nicht Ihren Namen und Ihre Telefonnummer? Dann ruft einer von unseren Redakteuren Sie morgen zurück.«
»Nein, das geht nicht. Die Sache kann nicht warten.« Es war nicht zu leugnen, dass der Anrufer verängstigt klang. Abrupt hörte Kari auf, mit ihrem roten Kugelschreiber Anmerkungen zu dem Text zu machen, den sie in den Händen hielt. »Ich will nur mit Ihnen reden, sonst mit niemandem.«
»Worüber? Sagen Sie es mir.« Sie zwang sich, ruhig zu klingen, obwohl sich ihr Herzschlag merklich beschleunigte. Vielleicht war der Typ ja nicht verrückt.
»Haben Sie von den Babys gehört, die aus dem Krankenhaus gestohlen worden sind?«
Während der letzten fünfzehn Monate
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