Verruchte Lady
nicht, weshalb ich Sie über meine Gewohnheiten aufklären sollte.«
»Bitte, Sir, ich brauche Ihre Hilfe, um Gerechtigkeit für einen Menschen zu erwirken, der mir einst sehr nahe stand.«
»Wie nahe?«
Phoebe schluckte. »Nun, um genau zu sein, er wollte mich einmal heiraten. Meine Familie war jedoch gegen die Verbindung, weil er kein Vermögen besaß.«
»Das ist durchaus nicht ungewöhnlich«, bemerkte Gabriel grimmig.
»Das ist mir bewußt. Mein Freund ging in die Südsee, um dort sein Glück zu machen, damit er anschließend um meine Hand anhalten konnte. Aber er kam nie zurück. Schließlich erfuhr ich, daß er von einem Piraten ermordet worden war.«
»Himmel. Sie wollen, daß ich Ihnen helfe, einen verdammten Piraten ausfindig zu machen? Ich habe Neuigkeiten für Sie. Das ist unmöglich. Ich habe den Großteil der letzten acht Jahre in der Südsee verbracht, und ich kann Ihnen versichern, daß es in dem Teil der Welt mehr als genug Mörder gibt.« »Sie verstehen mich nicht«, sagte Phoebe. »Ich habe Grund zu der Annahme, daß der Mörder nach England zurückgekehrt ist. Oder zumindest ist jemand, der den Mörder kennen könnte, hierher zurückgekehrt.«
»Großer Gott. Wie kommen Sie auf die Idee?«
»Ehe mein Freund aufbrach, um sein Glück zu machen, gab ich ihm mein Lieblingsmanuskript als Andenken. Ich weiß, daß er es niemals verkauft oder verschenkt hätte. Es war das einzige, was ihn an mich erinnerte.«
Gabriel erstarrte. »Ein Manuskript?«
»Eine schöne Ausgabe der Die Lady im Turm. Kennen Sie das Buch?«
»Verflucht.«
»Sie kennen es.« Phoebe war ganz aufgeregt.
»Ich weiß, daß es verschiedene Ausgaben gibt«, gab Gabriel zu. »War Ihre französisch, englisch oder italienisch?«
»Französisch. Mit wunderbaren Malereien. Noch schöner als Der Ritter und der Zauberer. Die Sache ist die, Mylord - ich habe gerüchteweise gehört, daß das Buch wieder in England ist. Offensichtlich steht es in der Privatbibliothek eines Sammlers.«
Gabriel musterte sie aufmerksam. »Wo haben Sie das gehört?«
»Ein Buchhändler in der Bond Street hat es mir erzählt. Und er wußte es von einem seiner besten Kunden, der es wiederum von einem verrückten Sammler in Yorkshire hatte.«
»Und weshalb glauben Sie, daß es sich um Ihre Ausgabe handelt?«
»Der Buchhändler sagte mir, daß es sich um die französische Ausgabe handelt und daß die Schlußinschrift den Namen des Schreibers nennt. Wilhelm von Anjou. Meine Ausgabe wurde von ihm geschrieben, Sir. Ich muß das Manuskript unbedingt finden.«
»Und Sie glauben, wenn Sie das Buch finden, finden Sie auch den Mann, der Ihren Geliebten ermordet hat?« fragte Gabriel leise.
»Ja.« Phoebe errötete heftig, als er Neil als ihren Geliebten bezeichnete. Aber dies war nicht der richtige Augenblick, um zu erklären, daß Neil nicht ihr Geliebter gewesen war, sondern ihr tugendhafter, ergebener Lancelot. Seine Liebe war rein und edel gewesen. Er hatte sich immer in ritterlicher Entfernung gehalten und nur darum gebeten, seiner Lady in der Art eines wahren Ritters dienen zu dürfen.
Die Tatsache, daß sie niemals mehr als ehrliche Zuneigung für Neil empfunden hatte, war einer der Gründe, weshalb sie sich für seinen Tod verantwortlich fühlte. Wenn sie ihn wirklich geliebt hätte, hätte sie ihrer Familie getrotzt und ihn geheiratet. Aber sie hatte Neil nicht geliebt, und der Gedanke an eine Ehe, die nicht in wahrer Liebe begründet war, war Phoebe unerträglich.
»Wie hieß dieser Mann, der Ihnen so viel bedeutet hat?«
»Neil Baxter.«
Gabriel verharrte einige Sekunden vollkommen reglos. »Vielleicht hat der jetzige Besitzer das Buch rein zufällig irgendwo unterwegs erworben«, schlug er dann kühl vor. »Vielleicht weiß er gar nichts vom Schicksal Ihres Geliebten.«
Phoebe schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Wissen Sie, Neil hat mir hin und wieder geschrieben, nachdem er England verlassen hatte. In einem seiner Briefe erwähnte er einen Piraten, der die Schiffe vor den Inseln verfolgte. Er sagte, der Mann sei kein gewöhnlicher Schurke, sondern ein englischer Gentleman, der sich der Seeräuberei verschrieben habe und eine wahre Plage sei.«
»Da wäre er nicht der erste gewesen, der so etwas getan hat«, bemerkte Gabriel trocken.
»Mylord, ich glaube, daß ein solcher Schuft Die Lady im Turm bestimmt als Beute an sich genommen hätte, nachdem er Neil ermordet hat.«
»Und nun nehmen Sie wegen eines Gerüchts, das
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