Verrueckt nach Liebe
Angst. Machten ihr solche Angst, wie sie sie seit langem nicht mehr verspürt hatte. »Aber Himmel, er ist scharf.« Und intelligent, lustig und nett. Er hatte einen Kratzbaum für Pinky gebaut, mein Gott.
»Dann fang nur eine Bettgeschichte mit ihm an.«
»Hab ich ja versucht.« Sie seufzte, als sie an die Blumen und seinen Vorschlag von gestern dachte, dass sie mit Pippen Pizza essen oder zum Bowlen gehen könnten. Er wollte mehr von ihr, aber das kam nicht überraschend. Er hatte ihr ja von Anfang an gesagt, was er wollte. Alles von dir , hatte er gesagt, doch ihr war nicht ganz klar, was das bedeutete. Alles von ihr jetzt sofort? Bis sie vierzig wurde? »Ich hab einen zehnjährigen Sohn und versuche, mein eigenes Geschäft zu führen. Ich will nur in Ruhe und in Frieden leben, und Tucker ist kompliziert.« Aber war Tucker wirklich kompliziert? Vielleicht, doch genauer gesagt war ihre Beziehung kompliziert. Ein besseres Wort, um Tucker zu beschreiben, war unnachgiebig .
»Inwiefern?«
»Er war bei der Army und hat viel erlebt. Er sagt, dass er früher verschlossen war, aber jetzt nicht mehr.« Es gab Dinge, die er für sich behielt. Sie hatte keinen Schimmer, was das für Dinge waren. Womöglich etwas, das mit seinen Erfahrungen beim Militär zu tun hatte oder mit seiner Kindheit oder Gott allein wusste womit. »Aber für einen Mann, der behauptet, nicht mehr verschlossen zu sein, gibt er nicht viel von sich preis.« Sie allerdings auch nicht.
Während sie der Kundin noch eine Stunde Strähnchen färbte, plauderten sie über ihre Kindheit in Lovett und über Sadies Daddy, den ein Pferd getreten hatte und der zurzeit Patient in der Reha-Klinik ein paar Straßen von Lilys Salon entfernt war.
Nachdem sie mit Strähnchenfärben fertig war, setzte sie Sadie zwanzig Minuten unter die Trockenhaube und ging in ihr Büro. Sie trat hinter den Schreibtisch und griff nach dem Telefon. »Danke für die Blumen«, sagte sie, als Tuckers Mailbox ansprang. »Sie sind traumhaft, aber du musst aufhören, Geld für mich auszugeben.«
Sie hatte einen gewaltigen Stapel Schreibkram abzuarbeiten, Rechnungen zu bezahlen und Überweisungen zu tätigen. Das Waschbecken im Behandlungsraum der Hautspezialistin war verstopft, weshalb sie den Klempner anrief und einen Termin mit ihm vereinbarte. Dann rundete sie Sadie Hollowells Frisur ab, indem sie ihre glatten Haare nachschnitt und föhnte, wodurch sie mehr Volumen und einen pfiffigen Look bekamen.
Die nächste Kundin wollte einen langen, stufigen Schnitt, den die meisten Texanerinnen und auch Lily selbst am liebsten trugen. Lange, durchgestufte Haare konnte man zu einem Pferdeschwanz zusammenbinden, leicht gelockt, toupiert oder hochgesteckt tragen. Um drei Uhr war sie damit fertig und beschloss, den Papierkram mit nach Hause zu nehmen, damit sie Pippen von der Schule abholen konnte, was nicht so oft vorkam. Sie informierte ihre stellvertretende Geschäftsführerin und ging zur Hintertür hinaus. Ihre Hausaufgaben deponierte sie auf dem Rücksitz des Jeep Cherokee. Als sie vom Parkplatz fuhr, rief sie ihre Mutter an.
»Ich mache heute früher Schluss und hole Pippen von der Schule ab«, erklärte sie, während sie in Richtung Highway fuhr.
»Okay. Das wird ihm gefallen.« Nach kurzem Schweigen meinte Louella: »Er spielt in letzter Zeit oft mit diesem Deputy Matthews Basketball.«
»Ja, ich weiß.«
»Tja, ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist.«
»Er ist ein netter Mann.« Den Blick auf die Straße gerichtet angelte sie in ihrer Konsole nach ihrer Sonnenbrille.
»Das wissen wir nicht. Wir kennen ihn doch gar nicht.«
Wenn ihre Mutter wüsste, wie gut Lily den Deputy kannte. Dass er geschickte Hände hatte und es liebte, wenn sie oben war. »Er spielt mit Pippen Ball, wo ihn alle sehen können, Mom. Pippen mag ihn, und machen wir uns nichts vor, der Junge verbringt viel zu viel Zeit mit Frauen. Männliche Gesellschaft tut ihm gut.«
»Hm.« Wieder herrschte Schweigen, und Lily rechnete schon mit einer weitschweifenden Geschichte über den Sohn von Soundso, der vom BoFrost-Mann missbraucht worden war und als Erwachsener zum Serienkiller biblischen Ausmaßes geworden war. »Okay«, sagte sie schließlich.
»Okay?« Kein Schwank aus ihrem Leben? Keine ausufernde Katastrophengeschichte?
»Okay. Wenn er gut für meinen Enkel ist, soll mir das recht sein.«
Lily setzte sich die Brille auf die Nase. Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Ihre Mutter hatte ihren
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