verrueckt nach mehr
t orangensaft ... Lust drauf?«
»Gern.«
»Sicher?«
»Ja ... warum fragst du?« Ich sah ihn skeptisch an.
»Weil ... das ist Orangensaft vermischt mit Blut von me i nen Schnittwunden, die ich mir beim Kochen zuziehe ...«
Ich hob seufzend die Brauen. »Oh, na klar! ... Da steh ich voll drauf!«
Bojan stellte mir ein Glas hin und goss es voll. Er vermi t telte mir auf seine verspielt natürliche Art das Gefühl, dass es in Ordnung war, Scherze zu machen und auch mal wieder zu lachen.
»Guten Appetit!«
»Danke, sehr nett. Dein Wasser kocht ...«
»Habt ihr nicht bald Zeugnisvergabe?«, fragte er, während er Spaghetti ins Kochwasser gab und vorsichtig darin heru m rührte.
»In gut zwei Wochen«, antwortete ich.
Vermutlich würde mein Halbjahreszeugnis nicht so bera u schend ausfallen, aber mit etwas Glück würde ich von Vieren verschont bleiben.
»Und was ist mit Ferien?«
Bojan gab die kleingehackten Zwiebeln in eine Pfanne mit Olivenöl und rührte darin herum. Es zischte und roch lecker.
»Anfang Februar geht‘s los, dauern etwa zwei Wochen.«
Er rieb jetzt Knoblauchzehen rein und rührte wieder.
»Bin ja gespannt ...«, murmelte er.
»Worauf?«
»Ob Sergio vor den Ferien nochmal einen Fuß in die Sch u le setzt ... wenigstens um sein Zeugnis abzuholen!«
Achselzuckend gab ich einen tiefen Seufzer von mir.
Bojan hielt inne und meinte: »Mir kann‘s eigentlich egal sein ... ist seine Sache. Er darf sich später bloß nicht ärgern, weil er sein Abi vergeigt hat.«
Plötzlich hörten wir, wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde, und sahen uns stumm an.
Im Flur rumste es, als wäre etwas Plumpes, Schweres auf den Boden gefallen. Weitere klappernde Geräusche ließen uns fragend zur Küchentür blicken.
»Ich geh mal nachsehen«, sagte ich.
Bojan nickte stumm und widmete sich wieder seiner Sa u ce.
Als ich aus der Küche trat, sah ich einen braunen Lede r boxsack auf dem Flurboden liegen. Sergio kämpfte gerade mit dem schweren, unhandlichen Metallständer, an dem der Sack vermutlich aufgehängt werden musste.
Er schien mich nicht bemerkt zu haben.
»Hi ...«, rief ich ihm zu. »Brauchst du Hilfe?«
Abrupt richtete er sich auf und sah mich überrascht an. »Hi, Lexi ... schon da?«
»Soll ich mit anpacken?«
»Nein, geht schon ... danke. Das Ding stößt nur überall an.«
Er packte den Ständer an den Enden und versuchte ihn in sein Zimmer zu transportieren, ohne den Türrahmen und die Wände zu beschädigen.
Ich ging zum Boxsack und versuchte ihn anzuheben. Fa s sungslos musste ich feststellen, dass er wesentlich schwerer war, als er aussah.
Sergio kam wieder aus seinem Zimmer. Er streifte seine Jacke von den Schultern und schmiss sie in eine Ecke. »Hi ... nochmal«, flüsterte er und gab mir einen hauchzarten Kuss auf den Mund. Der Kuss war so flüchtig, dass ich ihn kaum g e spürt hatte. Dann packte er den Boxsack mit beiden Armen. Er ging in die Hocke und wuchtete das schwere Ding wie ein Gewichtheber mit einem Ruck hoch.
Ich folgte ihm, als er den Sack keuchend in sein Zimmer trug.
Sergios neues Zimmer war deutlich größer als sein altes, aber es sah noch ziemlich leer und ungemütlich aus. Er hatte sein Bücherregal nicht eingeräumt. Auch das Bett, der Kle i derschrank und der Schreibtisch standen lieblos in einer Hälfte des Raumes, als wären es Ausstellungsstücke. Sein Computer war noch nicht aufgebaut und lag neben diversen Kartons und einem Kabelsalat auf dem Boden.
Offensichtlich hatte er vor, die andere Zimmerhälfte als kleine Trainingsecke einzurichten.
»Warum brauchst du sowas zuhause, wenn du im Club trainieren kannst?«, fragte ich, während er sein Gerät zusa m menbaute.
»Ich bin nicht ständig im Club, Lexi. So kann ich auch z u hause meine Schläge üben, statt faul rumzusitzen.«
Ich nickte, obwohl es nach übertrieben viel Training klang und mich ein wenig irritierte. Blieb denn da noch Zeit für a n dere Dinge? ... Schule? ... Freunde? ... Familie? ... Mich?
Eine Weile beobachtete ich ihn schweigend weiter.
Ich konnte mir nicht helfen, aber er machte auf mich den Eindruck, als wäre er rastlos und nicht wirklich bei sich. Ich wusste nicht, was ich von ihm erwartete, und ob ich überhaupt etwas von ihm erwarten durfte angesichts der Umstände. Ich wusste nur, dass es wehtat, ihn so zu sehen.
Räuspernd nahm ich den Gesprächsfaden wieder auf. »Hast du eigentlich sowas wie einen Trainingsplan?«
»Noch keinen richtigen«, antwortete
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