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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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verschwommener Bedrohungen darbieten.
    Er schüttelte den Kopf, dann äußerte er sich im Widerspruch zu dieser Bewegung. »Also, vielleicht schon … ähm … das heißt, ich glaube mich zu erinnern, daß einer von ihnen … ähm … der Farbige – oder war es der andere? Ähm … das heißt, einer von ihnen sagte etwas über ihn, ob er Patient bei uns wäre, während es Ihnen nicht gut war, soweit ich mich erinnere, und Sie Wasser getrunken haben, einer Ohnmacht nahe oder so, Gott sei Dank sind Sie nicht richtig in Ohnmacht gefallen, wissen Sie, ich meine, das wäre ein bißchen schwierig geworden …«
    »Wie lautete der Name, den die Polizei erwähnte?« Sie beherrschte ihre Stimme gerade noch rechtzeitig, um ihn nicht anzufauchen, da sie befürchtete, er könnte womöglich in einem Anfall von Angst die Flucht ergreifen.
    »Ähm … Corcoran. Sonst nichts, nur Corcoran. Ire, das war typisch für einen Iren, dachte ich damals, und jetzt natürlich, nachdem alles so anders gelaufen ist, weiß ich, daß das kein netter Gedanke war, aber … ähm …«
    Sie ging weg, zurück in ihr Büro, wo sie sich an ihren Schreibtisch setzte und im Telefonbuch nachschlug.

 
SIEBTES KAPITEL
     
     
    Eine Stunde später verließ Lauren ihr Büro mit den Namen und Adressen von drei verschiedenen Corcorans. Sie hatte viel herumtelefoniert und nur erfahren, daß ein Corcoran verreist sei, einer bei der Arbeit, einer hatte sich schlafen gelegt, einer war in der Schule, einer war zu einem Gespräch mit ihr bereit, zwei könnten ans Telefon gerufen werden, wenn sie dran bliebe … Drei Corcorans mußten noch unter die Lupe genommen werden; bei ihnen war niemand ans Telefon gegangen oder der Anrufbeantworter eingeschaltet. Sie ging an Gloria vorbei, ohne sie wahrzunehmen, verließ das Gebäude und ging tief in Gedanken versunken nach Hause.
    In ihrer Wohnung breitete sie den Stadtplan von Seattle aus und machte die drei Adressen ausfindig. Eine war im Südwesten in der Nähe der Elliott Bay, eine in der Gegend von Fremont und eine auf Mercer Island. Das waren alles unbekannte Viertel für sie. Sie wählte noch einmal die Telefonnummern, ließ zehn-, elf-, zwölfmal klingeln und hoffte bei jedem Ton, daß jemand abnehmen würde. Anschließend legte sie sich zögernd eine Rundstrecke zurecht. Zuerst die Adresse an der Elliot Bay, dann nach Fremont, und schließlich Mercer Island. Ihre Route glich etwa einem großen Dreieck, lauter belebte Strecken; der Ausflug würde den ganzen Nachmittag in Anspruch nehmen. Und der Regen fiel weiter wie ein graues Tuch.
    Sie verfluchte den kleinen rothaarigen Mann aus ganzem Herzen, als sie wieder ins Freie ging; diesmal stieg sie in ihren gelben Toyota und machte sich auf. Warum? fragte sie sich voll innerer Erregung. Wenn die Polizisten zufrieden waren, wenn Peter zufrieden war und dieser Speichellecker Rich auch, warum war sie dann unterwegs, um dem Geheimnis um das Verschwinden dieses Idioten auf die Spur zu kommen? Warum hatte ausgerechnet sie seinetwegen Halluzinationen? Sie haßte ihn; er bereitete nur Scherereien. Und Peter mit seinem verlogenen Lächeln und seiner verlogenen Therapie! Peter behauptete, daß er schon seit einem Jahr mit keinem Patienten mehr gesprochen hätte. Angeblich hatte er nur an seinem Schreibtisch gesessen und Romane gelesen, während sie auf der anderen Seite saßen und sich selbst heilten. Neun von zehnen ging es danach besser, erklärte er mit seinem gewinnenden Lächeln, doch schließlich wurde es ihm zu langweilig, und er übernahm wieder eine etwas aktivere Rolle. Wenn sie weiter an Peter dachte, könnte sie es nicht vermeiden, daß sie anfing, vor Wut zu zittern.
    Sie konzentrierte sich statt dessen auf den rothaarigen Mann, rief sich die Kleidung, die er getragen hatte, ins Gedächtnis und die Art, wie sein Haar abstand wie die Flugsamen einer Pusteblume. Er hatte sogar am Bauch rote Haare, dachte sie angewidert und wußte, daß sie das niemandem mit Worten hätte beschreiben können. Das war die Halluzination gewesen, nicht der wirkliche Mann, und wenn das stimmte, wie konnte sie das dann wissen – es sei denn, der fette Polizist hatte recht, und sie und der kleine rothaarige Mann waren mehr als Freunde? Sie war so wütend, daß sie am liebsten geweint hätte, aber ihr war als Kind das Weinen verboten gewesen und später während des Heranwachsens, ebenso wie das Kichern. Große Mädchen weinen nicht, große Mädchen kichern nicht. Große Mädchen bewältigen

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