Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
Vom Netzwerk:
sein Gesicht war jetzt von einer Blässe, die zuvor nicht aufgefallen war. Er wußte noch nicht viele Einzelheiten, nur, daß die elektrische Anlage in dem Verfolgungswagen ausgefallen war. Trigger Happy hörte sich seinen Bericht an, ohne eine Miene zu verziehen, dann entließ er ihn mit einer Handbewegung. Er war zu Eis erstarrt.
    Er ließ sich schwer auf den Stuhl an seinem Schreibtisch sinken. Sein Blick ruhte zufällig auf dem Kreuzworträtsel, das bis auf einen kleinen Teil in der unteren rechten Ecke vollständig ausgefüllt war. Ein Wort mit vier Buchstaben für einen vulkanischen See. MAAR? Er glaubte nicht, daß es ein solches Wort gab. Er glaubte auch nicht, daß irgend jemand ein Rätsel wie dieses mit einem Kugelschreiber ausfüllen könnte. Schon gar nicht ein gottverdammter Sergeant in seiner beschissenen Armee. Er nickte, seine Augen waren schmal und kalt. Das paßte. Der Sergeant, Morris Pitts und sein Versagen, an sie heranzukommen, vielleicht McWilliams, der Firmen-Sicherheitsdienst, wahrscheinlich alle von der Waycross-Klinik … Wie hatten die Zeitungen diese Gegend genannt? Das Tor zum Osten! Es gab Geschichten über Handelsdelegationen, die nach China, Japan und Korea reisten, und Delegationen, die von überall dorther kamen. Wenn man die Küste rauffuhr, durch Alaska durch, wo kam man dann raus? Bei den Russkis! So nah war das, so einfach. Das Tor zum Kommunismus, das war es. Ein Tor – ein Fluchtweg. Von den ganzen gottverdammten Scheißkerlen im Norden konnte er keinem einzigen trauen! Er dachte an den silberhaarigen Beamten und wiederholte die Worte. Wo waren sie gewesen, als wir in Asien verloren? fragte er sich und machte sich eine gedankliche Notiz ins Gedächtnis, das gelegentlich nachzusehen. Und der Chef des hiesigen FBI? Das waren die Holzköpfe, die zuließen, daß die Steele machen konnte, was sie wollte, und wenn sie es wollte, ohne Rattenschwanz. Wo war dieser Trottel vom Sicherheitsdienst gewesen? Für wen arbeitete er?
    Er dachte an die Vogelscheuche, Bill Bentson, der einfach abstritt, daß irgend etwas passiert war. Sie hatten auch ihn herumgekriegt, das wußte er jetzt. Und Mallory Akins sehr wahrscheinlich auch. Bestimmt würden sie alle abstreiten, daß irgend etwas passiert war.
    Langsam, mit quälender Genauigkeit, fügte er die Teile zusammen. Zur Zeit konnte er niemandem trauen. Punkt eins. In den Unterlagen von Kommunistencorky war etwas enthalten, worauf sie scharf waren und das sie bis jetzt noch nicht erwischt hatten. Die Papiere waren nirgends sicher, wenn er sie nicht persönlich in seine Obhut nahm. Und das Kreuzworträtsel, das war ihm klar, gehörte zu den Unterlagen von Kommunistencorky. Dieses Rätsel war zu perfekt gelöst, zu aalglatt. Niemand löste das Rätsel in der New York Times, ohne radieren zu können oder zu müssen. Das wußte er einfach, auf die gleiche Art, wie ihm der Riesenkomplex von Wissen, der in ihm jeden Tag größer wurde, zugeflogen war, ohne Zweifel, ohne Fragen. Und er mußte dafür sorgen, daß sie nicht den kleinsten Hinweis auf seinen Verdacht erhielten. Er mußte zum Beispiel so tun, als ob er McWilliams vertraute, und alles und jeden beobachten. Die Leine mußte lang genug sein, das war die Grundvoraussetzung, und wenn er hätte, was er brauchte, würde er nach Washington zurückfliegen und die Fakten auf den Tisch legen; er würde die ganze Stadt zum Wackeln bringen, wenn es nicht anders ging. Er sah sich selbst in der Rolle des guten weißen Mannes, mit einem weißen Hut, auf einem weißen Pferd, und sie umringten ihn. Er rief McWilliams zurück und befahl, daß ihm die Unterlagen von Kommunistencorky gebracht würden, alle, und als er sie bekam, steckte er sie demonstrativ in seine Aktentasche und drehte den Schlüssel im Schloß um. Das Kreuzworträtsel hatte er schon zuvor hineingelegt. Er würde es am Abend in seiner Hotelsuite studieren, und er würde die Papiere von Kommunistencorky studieren, bis er hinter ihr Geheimnis käme, und in der Zwischenzeit lagen sie an dem einzigen sicheren Platz, den es gab.
     
    Bei der ersten Tank- und Rastanlage fuhr Lauren ab. Nachdem sie getankt hatte, stellte sie den Wagen ab und suchte ein Telefon. Sie mußte Peter anrufen, ihm sagen, daß sie in ein paar Tagen zurück wäre. Sollte sie ihn noch einmal um Hilfe bitten? Bei dem Gedanken stieß sie laut schnaubend die Luft aus.
    Der grüne Dodge war ebenfalls abgefahren, und der Agent wartete, bis klar war, daß sie anrufen wollte.

Weitere Kostenlose Bücher