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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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Morgennachrichten befaßten sich ausführlich mit der Explosion einer Autobombe und sprachen von einem Selbstmord, der sieben Menschen das Leben gekostet und zahlreiche verletzt hatte. Der Fahrer des Wagens befand sich unter den Toten, verkündete die Stimme mit besonderer Betonung.
    »Das ist gelogen«, sagte Corky.
    Lauren zuckte zusammen, umfaßte das Steuer noch krampfhafter und fuhr weiter. Ihr Kinnmuskel arbeitete.
    Corky atmete leise aus und entspannte seinen eigenartigen Muskel ein wenig, wurde weniger stofflich, ließ seine Teilchen in einem weiteren Umkreis schweben, doch seinen Mittelpunkt hielt er auf dem Beifahrersitz des Wagens. Aber was sie über die Autobombe erzählt hatten, war gelogen, sagte er zu sich selbst. Er hatte gesehen, wie es sich abgespielt hatte, die beobachtende Frau, den Wagen ohne Fahrer, die Männer … Er unterbrach diesen Gedankengang. Wie hatte er irgend etwas davon sehen können? Wann? Im Fernsehen, sagte er zweifelnd. Er mußte im Fernsehen gewesen sein. Er erinnerte sich genau daran, daß er alles gesehen hatte, sogar den Namen, ein schwarzer Schriftzug, eingelassen in weißen Marmor: World Television Corporation.
    Nachdem er sich entspannt hatte, wußte er, daß er auf dem gefährlichen Grat wandelte, wo es leichter war, auseinanderzuströmen, als den Mittelpunkt beizubehalten. Doch wenn er seinen Mittelpunkt verdichtete, würde er sie wahrscheinlich wieder erschrecken, und beim nächstenmal würde sie vielleicht die Kontrolle über den Wagen verlieren. Sie brauchten Zeit für sich allein, dachte er verzweifelt, Zeit ohne Unterbrechungen, ohne Straßenverkehr, ohne Verfolger. Bei dem Gedanken an Verfolger fiel ihm ein, daß er eine Unterhaltung von einem Auto zum anderen aufgeschnappt hatte, die die beiden Männer geführt hatten, die in diesem Moment Lauren folgten. Der eine Wagen war ein dunkelgrauer Impala, der andere ein grüner Dodge. In dem grauen Auto saßen zwei Männer, in dem grünen einer. Er durchforschte den Impala, entdeckte das Kabel des Telefons, in das der eine Mann sprach, untersuchte die elektronische Anlage, ohne etwas davon zu verstehen, und dann machte er das gleiche bei dem Dodge. Er fuhr in zwei Autolängen Entfernung hinter Laurens Toyota hinterher und hatte keine Mühe, diesen Abstand beizubehalten. Der Fahrer sprach kurz und bündig und mit monotoner Stimme mit den anderen Männern. Der Impala fuhr auf der mittleren Spur, einige Autolängen weiter hinten.
    Lauren ahnte nichts von den beiden, davon war Corky überzeugt. Er wagte nicht, sich so sehr aufzulösen, daß er in der Lage gewesen wäre, in deren Denken einzudringen, und in diesem Moment kam es ihm auch gar nicht in den Sinn, daß er zu so etwas fähig war. Er konzentrierte sich ganz darauf, seinen Mittelpunkt so nah bei Lauren zu halten, wie er nur konnte, und das bedeutete, daß nicht viel von ihm übrigblieb, mit dem er an anderer Stelle etwas hätte anfangen können.
    Der Verkehrsstrom wurde langsamer, als sich die Schlange von Autos in die Interstate 5 einfädelte. Lauren und der Dodge hatten keine Wahl; sie befanden sich auf der Abbiegespur. Der Impala war auf der Spur, wo er beliebig abbiegen konnte oder nicht. Der Fahrer betätigte den Blinker, und Corky faßte einen kurzen Entschluß. Er mußte sie beide loswerden, und er könnte es genausogut jetzt versuchen, entschied er. Er verließ Lauren und verdichtete sich auf dem Rücksitz des Impala. Er streckte den Arm aus, griff an dem Fahrer vorbei und schaltete den Richtungsanzeiger aus.
    Der Fahrer schaltete ihn wieder ein, wobei er leicht verärgert die Stirn runzelte. Sein Beifahrer sprach mit dem Agenten im Dodge und beachtete ihn nicht. Corky schaltete den Blinker wieder aus.
    »Scheiße«, murmelte der Fahrer. »Das verdammte Ding ist kaputt.« Er drückte den Knopf, mit dem er das Fenster automatisch herunterlassen konnte. Corky drückte ihn ebenfalls, und das Fenster glitt nicht mehr nach unten, sondern schloß sich wieder.
    »Was ist denn los?« fragte der andere Mann und legte dabei die Hand über die Sprechmuschel des Telefons.
    »Die elektrische Anlage spielt verrückt. Ich dachte, die Karre war erst letzte Woche in der Werkstatt!«
    »Du lieber Himmel! War sie auch. Bleib auf jeden Fall dran an ihr, okay?« Er hörte sich ungehalten an und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Telefon zu.
    Corky bediente alle Fensterknöpfe, und der Wind pfiff durch das Wageninnere. Der Fahrer verringerte die Geschwindigkeit, und hinter ihm

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