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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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schleppte sich mühsam den Berg hinunter. Die Farnwedel hatten ihre Last der Regentropfen abgeworfen und funkelten und glitzerten nicht mehr. Das Märchenland war zerstört.

 
SECHZEHNTES KAPITEL
     
     
    Lauren betrat das Haus mit hängenden Schultern, erschöpft. Sie ließ die Kleider auf die Couch fallen und ging in die Küche, um Kaffee zu machen. Sie füllte Wasser in den Kessel und setzte sich an den Tisch. Eine lange Zeit saß sie reglos da, bis sie wieder vor Kälte fröstelte; sie ging zum Kamin und legte den letzten Holzklotz ins Feuer. Es war wahr, sie wußte nicht, wo das Holz aufgestapelt war. Das hatte sie ganz vergessen.
    Sie setzte sich auf die Couch und beobachtete, wie das Feuer aufflackerte; sie wartete, daß die Wärme in ihren eiskalten Körper dringen würde. Dann bewegte sie sich wieder, weil ihr einfiel, daß sie ja Kaffee machen wollte, weil ihr einfiel, daß sie zusammenpacken, nach Hause fahren, wieder zur Arbeit gehen wollte. So machte sie während der nächsten Stunde weiter; sie fing etwas an, dann etwas anderes, vergaß, es zu Ende zu führen, setzte sich statt dessen hin und starrte in die Flammen. Lange Zeit saß sie auf der Bettkante; die Hand hatte sie auf sein Kopfkissen gelegt. Sie war mit ihm verschlungen aufgewacht, sein Körper hatte ihren gewärmt, seine Hände hatten sie gewärmt, sein Atem hatte sie gewärmt. Jetzt war das Häuschen durch und durch kalt. Die roten Kissen waren geschmacklos und abgewetzt; die Buntheit der naiven Bilder von Schiffen und Möwen hatten sich in billigsten Kitsch verwandelt. Schließlich fing sie an zu packen, und als sie zum Tonbandgerät kam und keine Tonbänder dabei fand, seufzte sie nicht einmal, sondern stopfte es einfach in die Tasche zu den Turnschuhen, den Jeans und dem Sweatshirt, dazu den Bademantel und alles, was sie ihm gekauft hatte.
    Als sie ihre Fahrt endlich begann, sah sie nicht einmal den verbeulten dunklen Wagen, der sie auf der Landstraße überholt hatte. Er bog ab und stand an der Anlegestelle der Fähre vor ihr in der Reihe. Heute war das Wasser strahlend blau und gekräuselt, und die Möwen hoben sich beinah leuchtend weiß gegen den blauen Himmel und das noch blauere Wasser ab. Sie stand an der Reling und blickte zu der immer kleiner werdenden Insel hinüber, während sie versuchte, sich Gedanken zu machen über die Tests, die sie als nächstes würde durchführen müssen, über die zweitausend Beschäftigten, für die sie verantwortlich wäre, die Überstunden, die Wochenendarbeit, die das bedeutete, und sie begrüßte all das. Verdammter Peter, murmelte sie. Zur Hölle sollte er fahren, weil er recht hatte! Wenn sie irgend etwas retten würde, dann wäre es Arbeit, und er hatte es gewußt, der Mistkerl.
     
    Trigger Happy hörte sich Leonard Drissacs Bericht an, stellte dem Sergeant ein paar Fragen und schickte ihn dann weg mit dem Rat, etwas zu essen und sich schlafen zu legen. Sobald der Sergeant weg war, fragte Trigger Happy Drissac: »Können Sie das alles bestätigen, was er erzählt hat?«
    »Ja, Sir. Wir hätten noch eine Weile länger bleiben können, wie sich herausstellte, hätten noch Zeit für eine gründliche Untersuchung gehabt, doch in dem Moment schien es klüger, zu verschwinden, uns nicht sehen zu lassen.«
    Trigger Happy nickte geistesabwesend. »Gehen Sie zu Bett, Leonard! Leisten Sie mir später beim Abendessen Gesellschaft, so gegen acht hier, ja?«
    Nachdem Drissac gegangen war, saß er in seinem komfortablen, tiefen Ledersessel in seinem Hotelbüro, ohne sich zu rühren. Dann nahm er wieder das Notizbuch dieses Mädchens, dieser Steele zur Hand, las noch einmal die Eintragung, in der sein voller Name und sein Spitzname vorkamen, und er spürte, wie ihm Eiseskälte den Rücken heraufkroch. Verdammt wenig Leute kannten seinen vollen Namen, überlegte er, verdammt wenig. Aber am schlimmsten hatte ihn beim Anhören von Sergeant Carrolls Bericht gefröstelt.
    »Etwas oder jemand nahm die Tonbänder vom Tisch, Sir, und schleuderte sie ins Feuer. Und das gleiche Etwas oder der Jemand versuchte, dem Captain das Band aus der Hand zu reißen. Ich vermutete, wenn es eine Hand gab, auch wenn ich sie nicht sehen konnte, dann mußte es auch einen Arm geben, auch wenn ich den ebensowenig sehen konnte, und wenn es einen Arm gab, mußte es auch eine Schulter geben, und so weiter, Sir. Ich holte also mit dem Schürhaken in die Richtung aus, wo der Rumpf hätte sein müssen.«
    Er konnte es dem Sergeant nicht

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