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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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unerwartet; das heißt nicht etwa, daß ich an Ihren Fähigkeiten gezweifelt hätte, aber etwas so … ähm … Neuartiges einzuführen, so Gewagtes, ohne sich vorher abzusprechen oder sich irgendwie abzusichern, das ist … ähm … ich hatte immer gedacht, daß man so etwas ankündigen sollte, wenn es geht, ich meine …«
    »Ich glaub, ich steh im Wald«, schrie Lauren. »Wovon reden Sie alle?«
    »Diesmal kein Kaffeekränzchen«, sagte Peter und machte eine Handbewegung zu dem Platz, wo sie normalerweise saß. »Sondern eine Flasche Champagner, die uns das Schicksal beim letztenmal vorenthalten hat, nur daß wir jetzt einen noch viel erregenderen Grund zum Feiern hatten.« Er holte einen Sektkühler mit einer Flasche darin von der Anrichte, und Warren ging ihm zur Hand, indem er Gläser brachte, während er Lauren die ganze Zeit anstrahlte.
    Peter öffnete die Champagnerflasche. »Ich muß ein kleines Geständnis ablegen, Lauren, meine Liebe. Bitte vergeben Sie mir. Verurteilen Sie mich nicht zu streng wegen meiner vorübergehenden Zweifel, meiner Schwäche in Ihrem Augenblick des Triumphs. Ich habe vom Schreiner ein kleines Guckloch in die Wand bohren lassen, damit ich hin und wieder einen kurzen Blick hineinwerfen konnte. Ich konnte es nicht lassen, meine liebste Lauren. Ich hätte Ihnen vertrauen sollen, ich weiß, doch auch, wenn ich jetzt mein Fehlverhalten eingestehen muß, bin ich froh, so gehandelt zu haben. Überaus froh! Es war unglaublich. Sie erinnern sich doch an Mrs. Blackman, die kleine Dame mit den violetten Haaren und der ulkigen Nase? Sie war die erste. Sie nahm mit ängstlichem Gesicht Platz, und ich spürte, wie mein Mut sank, da ich eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes befürchtete. Doch dann, nach etwa zehn oder fünfzehn Minuten, betrachtete sie die Topfpflanzen sehr eingehend und sah sich nach Wasser um. Dann ging sie zu Ihrem Schreibtisch, Lauren, zu Ihrem Schreibtisch, und untersuchte die Knöpfe am Telefon, bis sie schließlich einen drückte. Sie war naturgemäß etwas erschreckt, als Gloria antwortete, doch sie bewahrte ihre Fassung und bat um ein Glas Wasser. Natürlich brachte Gloria sofort eines, und Mrs. Blackman schickte sie wieder hinaus. Schickte sie hinaus, Lauren! Unsere verschüchterte kleine Mrs. Blackman! Dann goß sie Ihre Blumen!« Er strahlte Lauren an und schenkte ein.
    Warren hob sein Glas. »Das war der Höhepunkt des Spiels, Lauren, einfach ein paar vertrocknete Pflanzen hinzustellen! Das brachte die Entscheidung, möchte ich wetten.«
    Lauren blickte mit aufgerissenen Augen von einem zum anderen. Sie stürzte ihren Champagner in einem Zug hinunter, und Peter füllte ihr Glas neu.
    »Mr. Chapman war der ausschlaggebende Faktor«, sagte er und lächelte sie geziert an. »Er saß noch keine Minute, dann stand er auf und ging auf Ihre Seite des Schreibtischs, setzte sich dort hin, legte sogar die Füße auf den Tisch und spielte Aufsichtsratsvorsitzender oder etwas Ähnliches. Ich fing ihn ab, als er herauskam, und er tänzelte, Lauren, Liebe, er tänzelte förmlich in dem Gefühl der eigenen Wichtigkeit, ein Gefühl, das er sicher in seinem ganzen Leben noch nicht gekannt hatte, das Gefühl, ein wirklicher Jemand zu sein.«
    Sie setzte das Glas ab, nachdem sie es zum zweitenmal leergetrunken hatte, und Peter drohte ihr freundlich mit dem Finger, als er wieder nachgoß. »Wenn Sie dieser genialen Methode selbst einen Namen geben wollen, sagen Sie mir bitte, ob ich mit meiner Vermutung einigermaßen richtig liege, daß er so etwa ›Primärbezugs-Ausschluß-Therapie‹ lauten wird. Sie sind natürlich der Primärbezug, und indem Sie die Patienten an Ihre Stelle setzen und mit Ihrer Macht ausstatten, während Sie sich selbst ausschließen, geben Sie ihnen die Kraft, ihr eigenes Leben wieder in den Griff zu bekommen, sich mit ihren Problemen selbst auseinanderzusetzen, ihre Bedeutung zu erfassen und das Gefühl für die eigene Wichtigkeit wiederzuerlangen, auf das sie alle Hoffnung aufgegeben hatten, indem sie Hilfe von außen suchten.«
    Lauren stürzte das dritte Glas Champagner hinunter und fing an zu kichern. »Entschuldigen Sie mich«, sagte sie und sprang auf; sie rannte in den Waschraum, wo sie sich an die Tür lehnte und hilflos von einem Lachanfall geschüttelt wurde.
    Als sie sich so weit gefangen hatte, daß sie sich wieder zu ihnen gesellen konnte, behandelten sie gerade das Thema, das zur Zeit von übergeordneter Wichtigkeit war, die Pläne im Hinblick

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