Verrückte Zeit
knisterte, es war weit herunter gebrannt. Der schlanke Mann hatte die Tonbänder entdeckt, ging auf den Tisch zu, als der andere im Türrahmen zum Schlafzimmer erschien und Corkys Bademantel hoch hielt.
»Sie ist nicht allein«, sagte er mit gedämpfter Stimme.
Sobald sie beide in Richtung Schlafzimmer blickten, schnappte sich Corky die Bänder. Er konnte nicht unterscheiden, welche Bänder sie bereits besprochen hatte, konnte es nicht riskieren, die falschen zurückzulassen, deshalb versuchte er, alle sechs zu umfassen. Eins rutschte ihm aus der Hand und klapperte, als es gegen den Tisch schlug; beide Männer drehten sich gleichzeitig blitzartig um. Corky warf fünf Bänder auf die glühenden Holzscheite im Kamin. Sergeant Carroll machte einen Satz zum Feuer und griff nach dem Schürhaken; er stieß den Kaminschirm beiseite und stocherte nach den Bändern. Corky stieß ihn an, daß er das Gleichgewicht verlor, und drehte sich um, um das heruntergefallene Tonband zu holen. Drissac hielt es bereits in der Hand. Es erklang ein leises Plop, wie von einer kleinen Explosion, als das erste Band in Flammen aufging; die Luft füllte sich mit dem Geruch nach verbranntem Plastik. Corky griff nach dem letzten Band, das Drissac in der Hand hielt, und hatte es gerade fest zu fassen bekommen, als der Sergeant mit dem Schürhaken ausholte und dahin zielte, wo normalerweise sein Brustkorb gewesen wäre. Der Haken traf auf keinen Widerstand. Corky hatte sich aufgelöst. Das Tonband fiel zu Boden.
Drissac grapschte erneut nach dem Band, und Sergeant Carroll war bereits wieder beim Feuer und zog die brennenden Tonbänder an den Rand des Kamins. Sie standen alle lichterloh in Flammen.
»Laß uns von hier verschwinden«, sagte Drissac. Der Sergeant schob die brennende Masse zurück in die Glut, stellte den Kaminschirm wieder auf, und sie verließen das Haus, wobei sie das eine Band, Laurens Notizbuch und Corkys Skizzenheft mitnahmen.
Lauren stand auf dem Kamm des Hügels, hielt sich Corkys Kleider dicht an die Brust gedrückt und beobachtete die beiden Jungen, die allerlei Dinge ins Wasser warfen. Die Wellen spülten die Dose wieder an, und der eine der beiden schleuderte sie wieder hinein. Zitternd vor Kälte drehte sie sich schließlich um und machte sich auf den Rückweg zu ihrem Haus, steifgefroren, zutiefst enttäuscht und bedrückt, mit den Kleidern in den Händen. Hatte sie sie heraufgetragen? fragte sie sich und wußte, daß es keinen Sinn hatte, dieser Frage weiter nachzugehen. Sie konnte nicht unterscheiden, ob ihr Zittern von der durchdringenden Kälte des eisigen Windes herrührte oder die Auswirkung ihrer Angst war. Denn diesmal hatte sie ein größeres Entsetzen gepackt als je zuvor. Einen Moment lang war sie im Begriff gewesen, ihm zu glauben, ihn als wirklichen Mann, der wirkliche Dinge tat, zu akzeptieren, und sie wußte, daß sie verloren wäre, wenn sie ihre eigenen Halluzinationen für Wirklichkeit halten würde. Solang sie erkannte, daß ihr Geist ihr Streiche spielte, gab es Hoffnung auf eine verhältnismäßig rasche Heilung, wenn sie aber anfing, ihre Trugbilder für die Realität zu halten, dann müßte sie sich in intensive Behandlung begeben. Sie wäre nicht mehr in der Lage, in der realen Welt zu funktionieren, wenn sie sie durch ihre eingebildete Welt ersetzte. Sie schüttelte den Kopf vor Verzweiflung, denn mehr als alles andere wünschte sie sich, in ihrer eingebildeten Phantasiewelt weiterzuleben, in dieser Welt, in der es Corky gab und sie sich so oft lieben und über Dinge reden konnten, die viele Jahre lang tabu gewesen waren.
Sie kam wieder an dem Wasserfall vorbei, diesmal gegenüber der Stelle, wo sie gestanden und ihn gemeinsam bewundert hatten. Sie erinnerte sich, wie warm seine Hand gewesen war. Und sie wußte, daß sie sofort jeden Gedanken an ihn verbannen mußte, sobald er aufkeimte. Sie durfte sich sein Bild nicht vorstellen, durfte sich an nichts von all dem erinnern, das er ihr gesagt, das er getan hatte, für sie und mit ihr. Jedesmal, wenn er ihr wieder in den Sinn käme, müßte sie schnell an etwas anderes denken, etwas, zu dem sie sich zwingen mußte, das eine große geistige Anstrengung und ihre ganze Aufmerksamkeit erforderte. Was zum Beispiel? fragte sie sich, während sie das Band aus Wasser betrachtete. Patienten, antwortete sie sich und wandte sich ab von dem Schauspiel. Arbeit, dachte sie weiter. Peter war genau das Richtige, jawohl, verdammter Kerl.
Sie stolperte und
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