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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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hinsetzen und ernsthaft anfangen. Später. Der Kaffee half ein kleines bißchen, die Dusche half ein wenig mehr. Es war erst neun Uhr, aber schon jetzt wußte sie, daß der Tag einiges bringen würde.
    Sie sah sich mürrisch in der Wohnung um, schaltete den Fernsehapparat ein, schaltete ihn aus, schaltete das Radio ein, schaltete es aus. Sie nahm Zeitschriften zur Hand, die sie ungelesen angesammelt hatte, und ging damit zur Couch, schlug jedoch nicht eine davon auf. Toler Harris Musselman, dachte sie, es mußte einen Weg geben, das zu prüfen. Ihre Schwester Cara war Textredakteurin bei einer Modezeitschrift in New York; sie würde wissen, wie man so etwas überprüft. Sie starrte das Telefon an, rührte es jedoch nicht an. Wanzen, warnte sie ihr klarer Verstand, und sie zitterte.
    Sie stand mit überkreuzten Armen am Fenster und blickte in die Welt hinaus. Ein leichter Dunst hing in der Luft. Senke dich, verdammter Dunst, versuchte sie ihm mit Willenskraft zu befehlen. Aber er blieb in der Luft. Das war typisch für das Wetter in Seattle, wenn es nicht gerade regnete, könnte es genausogut regnen. Auf einen sonnigen Tag kamen sechs Tage mit Regen oder Dunst oder Nebel. Viermal hatte sie sich auf den Aussichtsturm Space Needle begeben, und jedesmal war er in Nebel gehüllt gewesen, und alles ringsum verschwand im Dunst – die Berge, die Seen, die ganze Welt. Sie wußte, sie könnte sich ins Auto setzen und einige Stunden lang fahren, und sie wußte, daß sie es nicht tun würde. Wohin? Weswegen? Sollte sie in die Bibliothek gehen und nachsehen, ob es ein Archiv über Colonels der Armee gab? Sie schüttelte den Kopf. Sie würde Spazierengehen, bis zum Mittag herumbummeln, etwas essen, ein Buch oder zwei kaufen und dann nach Hause gehen, um zu arbeiten und zu lesen. Sie sah auf die Uhr und stellte mit Mißfallen fest, daß es erst zehn nach neun war. Sie hatte das Gefühl, als wäre sie schon seit vielen Stunden auf. Schließlich wandte sie sich vom Fenster ab, um ihre Stiefel und den Regenmantel anzuziehen und den großen, schwarzen Schirm zu suchen, den sie gekauft hatte. Sie erinnerte sich, daß sie nach ihm damit ausgeholt hatte, und bewußt rief sie sich die Fragebogen in den Sinn und überlegte, wie sie sie verwerten könnte. Sie zog sich fertig an und verließ die Wohnung.
    Sobald sie den Bürgersteig betreten hatte, setzten sich zwei Männer in Bewegung, die an einem Zeitungsstand auf der gegenüberliegenden Straßenseite gestanden hatten, und hasteten in das Gebäude, wo sie wohnte. Sie betraten es und gingen direkt auf den Aufzug zu, ohne den Sicherheitsbediensteten eines Blickes zu würdigen; dieser übersah sie ebenfalls geflissentlich. Er wußte, daß Dr. Steele einer gründlichen Sicherheitsprüfung unterzogen wurde, aufgrund irgendeines großen Auftrags, den ihre Firma erhalten hatte. Es verlieh ihm das Gefühl des Vertrauens, wenn er beobachtete, wie gründlich die Überprüfung durchgeführt wurde.
    Die Männer sprachen weder im Aufzug noch in ihrer Wohnung, nachdem sie sich Zutritt verschafft hatten. Sofort öffnete einer von ihnen seine Aktentasche und zog ein stabförmiges Gerät heraus. Er streckte es in den Raum und fuhr damit langsam alles Sichtbare in der Wohnung ab. Dabei beobachtete er einen kleinen Bildschirm, der im Deckel seiner Aktentasche untergebracht war. Er nickte.
    Auf sein Zeichen hin nahm der andere Mann eine Wandlampe ab. Er drehte eine Glühbirne mit einem eingebauten Sichtgerät in die Fassung, verband die Kabel neu miteinander und hängte die Lampe wieder auf. Der Mann mit dem tragbaren Scanner nahm den Telefonhörer ab und wählte. Er gab seinem Kollegen ein Zeichen und wartete, bis dieser auf die andere Seite des Zimmers gegangen war, dann horchte er und hängte wieder ein. Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Tür, und sie gingen hinaus. Das Ganze hatte weniger als zwei Minuten gedauert. Das Sichtgerät hatte jeden, der sich im Wohnzimmer, in der Eßecke, in der Küche und einem Teil des Flurs aufhalten würde, unter Beobachtung. Auf der anderen Straßenseite, in einem Hotelzimmer im dritten Stock, sah Sergeant Carroll auf das radarähnliche Bild, erkannte die beiden erscheinenden Signale, die gleich darauf verschwanden. In Betrieb, notierte er in sein Berichtsheft.
    Lauren ging in die entgegengesetzte Richtung zu der, die sie gewöhnlich zu ihrem Büro einschlug. Sie wollte nicht an Peter Waycross denken, nicht an die Patienten, die allein in ihrem Büro saßen, nicht

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