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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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Blick war gedankenverloren in die Ferne gerichtet, und er klopfte unaufhörlich mit den Fingern gegeneinander. Dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich glaube, das hat wenig Sinn. Nicht bei Ihrer Ausbildung. Sie würden die Geschworenen davon überzeugen können, daß Sie so etwas simulieren könnten. Sie sagen, Sie haben ihn gesehen? Richtig gesehen?«
    Sie nickte düster. »Nicht richtig. In Halluzinationen.«
    »Erzählen Sie mir davon! Wann, unter welchen Umständen, wie oft?«
    Sie befeuchtete sich die Lippen. »Was meinen sie mit ›subversive Umtriebe‹?«
    »Alles mögliche. Auf jeden Fall etwas, das in den Bereich des FBI fällt. Wann haben Sie ihn wiedergesehen?«
    Ihr Gesicht wurde so leer, daß er Angst hatte, sie würde in Ohnmacht fallen; die dunklen, länglichen Augen blickten starr. Der Scotch mit Wasser war doch vor allem Wasser gewesen, dachte er ungehalten und leicht gekränkt.
    »Sie glauben also nicht, daß er tot ist«, flüsterte sie schließlich. »So muß es sein. Sie denken, daß er noch lebt.«
    »Lauren, erzählen Sie mir alles! Ich kann Ihnen helfen, aber ich muß wissen, womit wir es zu tun haben.«
    Sie kehrte aus ihrer Gedankenverlorenheit zurück und betrachtete ihn eine Zeitlang, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich habe Ihnen alles gesagt«, antwortete sie. Er wußte, daß sie log, dachte sie, und daran konnte sie nichts ändern. Wenn sie ihm weitere Einzelheiten preisgeben würde, dann würde sie ihm schließlich alles erzählen, und niemals würde sie irgend jemandem erklären können, daß Corky sie zum Orgasmus gebracht hatte, indem er ihre Füße liebkoste. Sie stand schwankend auf. »Ich muß nachdenken«, sagte sie. »Ich weiß nicht mehr, was geschehen ist. Ich glaubte, daß er in einem blauen Glühen umgekommen sei, und sie behaupteten, er hätte das selbst so geplant und ich hätte ihm dabei geholfen. Das ist alles.«
    »Doch Sie haben gesagt, daß Sie ihn gesehen haben. Tatsächlich gesehen? Nicht nur gehört oder gespürt oder sonst etwas? Sie haben ihn gesehen, aus Fleisch und Blut wie andere Menschen?«
    Sie wurde rot und nickte. Peter hatte ihnen bestimmt alles erzählt, dachte sie und fügte hinzu: »Er erschien nackt, und dann verschwand er wieder. Ich dachte, ich hätte ein Gespenst gesehen. Ich muß jetzt nach Hause, Morris. Ich fühle mich nicht gut.«
    Sie wollte mit einem Taxi nach Hause fahren, doch er wollte das unter keinen Umständen zulassen. Er fuhr sie zu ihrer Wohnung, und unterwegs sprach sie nicht. Sie saß steif da, mit starr geradeaus gerichtetem Blick. Als sie vor ihrem Haus angekommen waren, versuchte er, mit ihr hineinzugehen, doch sie schüttelte den Kopf; sie blieb auch unnachgiebig, als er sie schließlich in die Arme nahm und küßte.
    »Ich rufe dich morgen früh an«, sagte er ihr leise ins Ohr; dann hielt er sie mit ausgestreckten Armen an den Schultern fest und sah sie prüfend an. »Ich kenne ein paar Leute, an die ich mich wenden kann, um herauszufinden, welche Absicht sie verfolgen. Mach dir keine Sorgen deswegen, okay? Ich werde mich um dich kümmern, Lauren. Du bedeutest mir sehr viel.«
    Er blickte ihr ungerührt nach, bis sich die Türen des Lifts geschlossen hatten und sie außer Sicht war. Dann ging er zu seinem Porsche zurück und gestattete sich ein Grinsen. Der Fisch war auf die Fliege gestoßen, und als erfahrener Angler, der er war, wußte er, daß ein Fisch vor der Fliege so gut wie ein Fisch am Haken war. Er fuhr zu Musselmans Hotel, um Bericht zu erstatten.
    Musselman nickte und schickte ihn wieder weg, dann sagte er zu Drissac: »Jetzt wird sie entweder versuchen, sich aus dem Staub zu machen, oder sie wird versuchen, mit Kommunistencorky Verbindung aufzunehmen. Wir werden die Schrauben noch etwas fester anziehen, und sie wird nach Pitts schreien. Sehen Sie das auch so?«
    Drissac stimmte dieser Version zu und begab sich in seine Räume, wo ein ganzes Überwachungsnetz in Betrieb war. Die Steele stand unter so lückenloser Beobachtung, daß sie keinen Schritt unbemerkt tun konnte. Es war wie eine Treibjagd, bei der man das Wild mit soviel lautem Lärm in Angst und Schrecken versetzte, daß es direkt in die Falle rannte. In Pitts Falle, ergänzte er schmunzelnd und machte sich fürs Bett fertig.
     
    Sobald Lauren die Tür ihrer Wohnung hinter sich geschlossen und ihren Mantel ausgezogen hatte, machte sie eine Kanne Kaffee. Sie hatte einen benommenen Kopf von dem vielen Alkohol, den sie den ganzen Tag über getrunken

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