Verscharrt: Thriller (German Edition)

gleich doppelter Treffer. «
    » Ganz schön krass « , sagt O’Hara. » Was ist mit der Sonnenbrille? Erzähl mir nicht, dass die uncool ist, ich hab sieben Dollar dafür bezahlt. Und was die Schuhe angeht, ich arbeite in einer Bar. Ich muss den ganzen Tag stehen. «
    » Dann zieh, und beweis uns, dass wir uns irren « , sagt der kleine Springsteen. » Wir machen alle mal Fehler. «
    » Ich kann da nicht auftauchen und nach Pot stinken. Das wäre, als würde ich für die Gegenseite Reklame laufen. «
    » Wo arbeitest du denn, dass die so früh schon aufmachen? «
    » Mordkommission. «
    » Ha ha. «
    » Milano’s in der Houston. «
    » Zieh « , sagt der Kleinere. » Oder hau ab. Das ist hier kein Zuschauersport. «
    » Bevor ich mich schlagen lasse « , sagt O’Hara und rutscht rüber. » Darlene « , sagt sie. » Meine Freunde nennen mich Dar. «
    » Ben « , sagt der Große. » Und dieser kleine Eimer Scheiße hier heißt Jamie. « Er gönnt sich selbst noch eine Lunge voll, dann reicht er die Pfeife rüber. Sie nimmt einen langen Zug und fängt heftig an zu husten, der Anfall dauert Minuten und sorgt für Heiterkeit. Im Gegensatz zu Feuerwehrmännern werden Cops hin und wieder mittels Stichproben überprüft. Als sie endlich aufhört zu husten, leuchten die Sterne am Himmel wie schon seit fünfzehn Jahren nicht mehr.
    » Du willst also wissen, wie du zu Grandma kommst? « , fragt Ben.
    » Grandma? «
    » Grandma, der Hydrodealer. Schon vergessen? Für Stanley, deinen behinderten Cousin. «
    » Ja, will ich. «
    » Dann komm mit « , sagt Ben. Er lässt sein Board neben seine Füße fallen und steigt drauf. » Ist gleich um die Ecke. «
    O’Hara folgt ihm nach Westen, vorbei an den Geschäften auf der Ninth Street– einem Antiquitätenhändler namens Upper Rust, einem Secondhandladen namens Magic Fingers, zwei Friseursalons und mehreren winzig kleinen Bars. Alle sechs oder sieben Meter legt Ben ein kleines zurückhaltendes Skateboard-Kunststück ein, worüber sie lächeln muss.
    » Hey, das war gut, Ben. «
    » Danke, Dar. « Zu Fuß kommt man sehr viel langsamer voran als auf dem Board. Selbst in ihren verräterisch bequemen Latschen hat O’Hara Mühe, Schritt zu halten. An der Third rennt sie in einen Drugstore, hebt 500 Dollar am Automaten ab und versucht kurz, ihre Gedanken zu sammeln.
    » Warum hat das so lange gedauert? « , fragt Ben. » Das waren fast zehn Minuten. «
    » Auf keinen Fall. «
    » Doch, auf jeden. «
    An der Fourth Avenue biegt Ben nach Norden ab. Anderthalb Straßenecken weiter macht er vor einem Nachkriegsgebäude auf der östlichen Straßenseite halt. Zwei Stufen führen abwärts zu einer Lobby mit funky Fassade.
    » Ich fand das Haus immer schon toll « , sagt O’Hara.
    » Dann wirst du gleich mehr darüber erfahren. Es gibt einen Pförtner. Sag ihm, dass du zu Dr. Kurlander möchtest. Oben sagst du einfach, du kommst von Ben. Viel Glück mit Stanley. «
    O’Hara blickt Richtung Lobby. Als sie sich umdreht, um ihrem Helfer zu danken, ist er fast schon wieder an der nächsten Ecke, eine Hand zum Abschiedsgruß erhoben. O’Hara zieht sich in eine Bodega zurück und bestellt sich erst mal einen Red Bull. Danach hält sie sich für klar genug, um weiterzumachen.
    » Dr. Kurlander « , sagt O’Hara zu dem Mann an der Tür. Im siebten Stock hält der Fahrstuhl vor einer Milchglastür. In weißen Buchstaben steht dort eingraviert » East Village Women. Gynäkologische Gemeinschaftspraxis, Dr. Elizabeth Kurlander & Dr. Ellie Weisenberg. « Statt ihr einen Kontakt zu verschaffen, hat Ben sie zu einer Frauenärztin geführt und damit ihre Frage von vorhin beantwortet. O’Hara ist Doris.

KAPITEL 20
    » Ich hoffe, was ich da rieche, ist bloß passiv konsumiert « , sagt Jandorek.
    » Ist es. Die Skater haben sich schon um acht Uhr früh eine Pfeife reingezogen. «
    » Hoffentlich haben sie das alleine gemacht. Das Letzte, was du gebrauchen kannst, ist schon wieder Ärger mit der Sitte. «
    O’Hara und Jandorek parken vor Lion’s Eisenwaren, einem freistehenden Gebäude an der Ecke Avenue B und First, gegenüber eines großen, John Lennon gewidmeten Wandgemäldes. Es ist die einzige Fassade ohne Graffiti, und als O’Hara den Mann hinter dem Tresen genauer betrachtet, wird ihr auch klar warum. Malmströmer ist mindestens zwei Meter groß und stämmig, und er hat das strenge Gebaren eines Mannes, der schon härtere Zeiten erlebt hat. Man würde ihm beinahe zutrauen, sich darüber zu