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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Schriftsätze, du kannst dir nicht vorstellen, was er mir alles vorwirft und wie er sich als leidenden, aber immer verzeihenden Engel darstellt. Der gute Doktor und das Biest. Ich wollte es ja trotz allem mit einer einvernehmlichen Scheidung versuchen, aber Dr. Beer meint, da hätte ich keine Chance, und das glaube ich inzwischen auch. Er muss die Scheidung insgeheim länger vorbereitet haben, so schnell läuft das jetzt. Ich will da nur noch raus. Ich hab einem vorgezogenen Scheidungstermin zugestimmt, auf irgendwelche Fristen verzichtet, ich kann einfach nicht mehr. Jetzt stellt sich heraus, dass er faktisch alles will. Und was das Dumme ist: So gut wie unser ganzes Geld steckt in der Ordination, auch das große Sparbuch lautet auf die Arztpraxis, das Geld gilt als Betriebsvermögen, und der Betrieb läuft nur auf ihn. Wenn ich denke, wie viel Zeit ich dort, natürlich ohne Bezahlung und Anmeldung, gearbeitet habe … Betriebsvermögen wird bei einer Scheidung nicht geteilt, es bleibt ihm, wenn ich nicht nachweisen kann, dass ich erheblich dazu beigetragen habe. Er wiederum hat tatsächlich den Antrag auf die Hälfte meines Sparbuchs und der Wohnung gestellt. Es ist zum Kotzen. Meine Eltern haben die Wohnung finanziert, und sie haben auch gar nicht wenig in die Praxis hineingesteckt.«
    »Und was sagen deine Eltern zu alldem?«
    »Sie finden, ich hätte eben nicht mit dieser Arbeit anfangen sollen, das hätte alles provoziert. Über meinen … Seitensprung reden sie nicht. Aber sie halten zu mir. – Übrigens habe ich dich gar nicht mehr im Fitnessstudio gesehen, was ist los?«
    Ich suche nach Ausflüchten, murmle etwas von »keine Zeit« und dass man nicht jeder Mode hinterherrennen müsse.
    »Aber wenn du schon einmal so viel bezahlt hast … Wie wär’s mit morgen in der Früh? So um sieben, halb acht?«
    Mir schaudert. Sport, und dann noch in der Früh. Ich will in Würde altern – ich kann diesen Unsinn gerade noch für mich behalten. Was soll das in diesem Zusammenhang schon heißen? Dass ich lieber alt und fett als halbwegs gut in Schuss sein möchte?
    Vesna hat sich ihren Job als Privatdetektivanwärterin anders vorgestellt, ich mir übrigens auch. Zurzeit arbeitet sie als Undercover-Putzfrau in einer Wiener Privatklinik und soll Medikamentendiebstähle aufdecken. »Geht um Bande von Bosniern«, hat sie mir erzählt. »Das ist mir egal, weiß ich, dass es unter Bosniern wie unter Österreicher Gauner gibt, aber wieder putzen? Habe ich nichts gegen Putzen, aber wenn ich Detektivin bin, will ich ermitteln.« Ich habe sie daran erinnert, wie sie sich vor Jahren als Putzfrau in eine Wahlkampfzentrale eingeschlichen hat, sie hat gelächelt und gesagt: »War etwas anderes, war meine Idee – und hat funktioniert.« Ich habe den Verdacht, dass Vesna Probleme mit Chefs und ihren Anordnungen hat. Ich bin ihr da recht ähnlich.
    Jedenfalls bin ich zufällig in der Nähe der Klinik und beschließe, sie abzuholen. Um 21.30 Uhr hat sie Dienstschluss. Der offizielle Besucherparkplatz ist ganz schön weit vom Haupthaus entfernt, aber ich kenne eine andere Parkmöglichkeit. Ich habe hier vor geraumer Zeit für eine Story über die Götter in Weiß recherchiert. Ich lasse meinen Wagen in einer Seitenstraße am Rand des Krankenhausparkes stehen, suche nach einem Durchlass zwischen den Büschen, und eine halbe Minute später bin ich auf einem der gepflegten Kieswege Richtung Klinik unterwegs. Es dämmert bereits, es ist die Zeit, in der Bäume Arme und Gesichter bekommen und Büsche wirken, als hätten sich Bäume bloß für einen Moment geduckt. Ich gehe schneller und atme flach. Was soll schon sein, Mira? Du hast einfach zu viel Fantasie. Und was, wenn ein Irrer hier herumläuft, der mir an die Wäsche will? Das ist kein Irrenhaus – im Übrigen heißt das heute anders –, sondern eine Privatklinik für solche, die sich das Kranksein noch etwas kosten lassen können.
    Ich höre es. Sinnlos, so zu tun, als wäre da nichts. Schritte, Menschen, die keuchend rennen. Jogger? Jetzt? Unsinn. Der Park ist für die Öffentlichkeit gesperrt. Und Kranke rennen nicht. Die Schritte kommen näher, ich verlasse den Weg und drücke mich an einen großen Baum, zwei, nein, drei Personen sind es. Was wollen sie von mir? Unsinn, niemand weiß, dass ich da bin, und außerdem: Wenn sie mir etwas anhaben wollten, warum sollten sie auf mich zulaufen, anstatt sich anzuschleichen? Trotzdem bleibe ich eng am Baum stehen.
    Dann sehe ich sie

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