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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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tatsächlich nicht weit von mir entfernt. Ich habe einen sportlichen Anfall, parke den Wagen in einer Seitengasse bei meiner Wohnung und gehe zehn Minuten Richtung Innenstadt.
    Gerda hat mit ihrer Truppe das winzige Hinterzimmer der Bar in Beschlag genommen, Heidi, eine andere Fotografin des »Magazins«, hält gerade eine Brandrede gegen das Fernsehprogramm, die anderen drei Frauen werden mir als Lisi, Dagmar und Lisi zwei vorgestellt.
    »Nur zwei Themen sind heute verboten«, ruft Gerda mit nicht mehr ganz sicherer Stimme, »mein Ex und Scheidungen.«
    »Ha, du hast es ausgesprochen! Wer ›Scheidung‹ oder ›Ex‹ sagt, muss ein Glas Wein ex trinken«, ruft Lisi zwei.
    »Du hast es auch gesagt«, kichert Dagmar.
    »Eine gute Idee, heute weder über deinen Ex noch über Scheidungen zu reden«, grinse ich und trinke mit den anderen beiden ein Glas mittelguten Weißburgunder in einem Zug leer. Ist ja mein erstes.
    Es wird ein feuchter und im Großen und Ganzen recht fröhlicher Abend, man versichert einander immer wieder, wie gut man ohne Männer feiern könne. Bei der Frage, ob man auch gut ohne sie leben könne, sind die Meinungen geteilt. Aber irgendwie hängt es doch dauernd in der Luft: eine langjährige Beziehung, die gescheitert ist.
    »Eigentlich scheitert nicht die Beziehung, sondern wir sind es, die an Beziehungen scheitern«, stellt Lisi irgendwann einmal nach Mitternacht fest. Sie ist Architektin und ihr Mann auch, nur baut er seit zwei Jahren in Dubai.
    »Das muss ich mir merken«, lalle ich, »man kann ja alles besser machen, irgendwie haben wir es ja doch selbst in der Hand.« Ich will schon zu einer längeren Rede darüber ausholen, wie ich mir das so vorstelle, werde aber rechtzeitig von Heidi gebremst, die auf einen Stuhl gestiegen ist und uns auffordert, das Gleiche zu tun und gemeinsam auf die Liebe zu trinken. Ich weiß nicht, ob solche Kletterübungen um diese Zeit ganz ungefährlich sind, aber für die Liebe sollte man schon etwas riskieren, also stehen wir alle auf unseren Stühlen und trinken noch ein Glas auf die Liebe, wir Romantikerinnen.
    Wir klettern wieder herunter, und niemand stürzt ab, Gerda erklärt sentimental, ihre Liebe seien ihre Kinder, und ich habe das Gefühl, ich muss Oskar ganz dringend eine SMS schicken, er ist meine Liebe, die große Liebe, wie war das mit Beziehungen? Sie scheitern nicht, sondern wir scheitern an ihnen, also können sie uns doch auch gelingen. Mir und Oskar. Yeah.
    »Hallo mein Oskar, ich möchte dich heiraten!«, tippe ich. Das mit den Beziehungen will ich auch noch unterbringen, aber irgendwie vertippe ich mich zu oft und lasse es bleiben und denke mir, mit dem einen Satz ist ohnehin alles gesagt. Und: Senden! Gesendet.
    Die Nachtluft ist kühl, viel zu kühl für Mitte August, aber das stört uns nicht weiter, wir haben Gerdas neues Leben festlich eingeleitet, jawohl. Hoppla, der Randstein. Vielleicht doch ein Glück, dass ich das Auto daheimgelassen habe. Wir küssen uns schwesterlich, Schwestern im Geiste und in der Liebe – und in elf Flaschen mittelgutem Weißburgunder. Keine Ahnung, wie ich die Treppen zu meiner Wohnung hinaufgekommen bin, ich kann mich nicht einmal daran erinnern, sie überhaupt hinaufgestiegen zu sein.
    Gismo verzieht sich angewidert vom Bett, mieselsüchtige Alte. Ich schenke mir noch einen klitzekleinen Whiskey ein und falle dann in Tiefschlaf.
    Als ich aufwache, ist es elf Uhr. Irgendetwas summt an meinem Ohr, vielleicht ist es auch bloß mein Kopf, er fühlt sich irgendwie seltsam an, leicht und schwer zugleich. Ich klappe die Augen auf, klappe sie wieder zu. Heute ist ausnahmsweise einmal ein strahlender Tag, endlich, aber momentan ist es viel zu hell da draußen. Wir haben Gerdas Ehe die letzte Ehre erwiesen, ja, genau. Kopfweh? Nein. Seltsames Gefühl im Kopf? Und ob. Aber das, was summt, ist mein Mobiltelefon. Ich sollte längst in der Redaktion sein. Jemand hat mir eine SMS geschickt. SMS. Da war doch was.
    Ich schnappe mir das Telefon und schaue nach, da ist nicht eine, da sind fünf SMS. Alle von Oskar.
    Nummer eins, gesendet um 2:54: »ICH DICH AUCH! Gel. Mira, wo bist du? Will sofort zu dir!«
    Nummer zwei, gesendet um 3:14: »Liebling, gute Nacht, ich küsse dich, bis morgen.«
    Nummer drei, gesendet um 7:32: »Müssen heute ausgehen und groß feiern, bin ganzen Tag im Gericht, melde dich, geht es dir gut?«
    Nummer vier, gesendet um 9:47: »Alles in Ordnung??? Dein Oskar«
    Nummer fünf, gesendet um 10:58:

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