Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
der Marinade. Schade, dass mir meine Kollegin keine Zucchiniblüten mitgebracht hat, die hätte ich sonst in wenig Olivenöl gebraten und daraufgelegt. Noch die letzten paar ansehnlichen Ruccola-Blätter darüber und fertig.
Es läutet, Vesna ist schneller an der Gegensprechanlage als ich. »Fünfter Stock«, sagt sie.
Gismo jagt im Vorzimmer einen Olivenkern und schaut zwischendurch aufmerksam Richtung Vesna, vielleicht gibt es ja noch welche …
»Wir dürfen nie vergessen, dass Gerda das beste Motiv hat«, sagt Vesna rasch.
»Vergesse ich nicht, aber … es passt nicht, ihr Verhalten passt nicht zu …«
»… dem einer Mörderin? War alles aufgeheizt, emotional, meine ich, und ihr Ex auch, darf man nie übersehen«, ergänzt Vesna. »Außerdem: Vielleicht hat er sie gereizt? Wenn stimmt, was sie erzählt, kann ich verstehen, dass sie durchdreht.«
Es läutet, und Gerda steht vor der Tür. »Danke«, sagt sie anstelle einer Begrüßung und beginnt zu weinen.
Ich lege meinen Arm um ihre Schultern und führe sie zum Tisch, drücke sie sanft auf einen Stuhl, schenke ein Glas Weinviertel DAC ein. Dieser Veltliner aus Treberndorf … Aber das ist eine andere Geschichte. Sie nimmt einen Schluck, schluchzt auf, kramt nach einem Taschentuch, schnäuzt sich, schüttelt ärgerlich über sich selbst den Kopf, greift noch einmal zum Glas, trinkt es in einem Zug leer. Ich hoffe, das wird bei ihr nicht zur Gewohnheit.
»Die halten mich für die Mörderin«, sagt sie.
»Du bist eine Verdächtige, das ist aber auch logisch«, versuche ich sie zu beruhigen. »Hielten sie dich wirklich für die Mörderin, dann wärst du in Untersuchungshaft. Ich komme gleich wieder, dann gibt es Abendessen.«
»Ich kann nichts essen. Meine Kinder … Ich habe das Gefühl, sogar sie verdächtigen mich.«
»Waren Sie es?«, fragt Vesna kühl.
Ich sehe sie entsetzt an. Aber nun schluchzt Gerda nicht, sondern ruft böse: »Nein!«
»Gut, dann hilft nicht jammern, sondern nur Strategie, wie man Täter findet.«
Ich will die beiden lieber nicht so lange allein lassen, schneide schnell eine Zwiebel klein, schwitze sie in Butter und Olivenöl an, gebe dann fein geschnittenen Knoblauch dazu. Während beides vorsichtig röstet, schneide ich eine große Zucchini in Würfel, röste sie anschließend mit und gieße dann mit wenig Wasser auf. Etwas vegetarische Gemüsewürze, ein wenig Curcuma und Chili dazu, das gibt der Zucchinisuppe Feuer. Deckel drauf. Jetzt müssen die Würfel ganz weich dünsten.
Ich komme mit dem Zucchini-Carpaccio. Die beiden sind in ein Gespräch vertieft.
»Es kostet zu viel«, sagt Vesna, »wenn es offiziell über das Detektivbüro geht. Außerdem macht das auch bei Polizei keinen guten Eindruck.«
»Wenn ich selbst nach dem Mörder suchen lasse? Das ist doch ein Zeichen dafür, dass ich es nicht bin.«
»Erstens kann es Ablenkungsmanöver sein und zweitens auch Misstrauensbeweis gegen Polizei, als ob Sie ihr nicht zutrauen, Täter zu finden. Übrigens: Hatte Ihr Mann Feinde? Hat es unzufriedene Patienten gegeben? Fehler bei Behandlung?«
Gerda schüttelt langsam den Kopf. »Er … hat sich im Kopf Feindbilder aufgebaut, er hat geglaubt Feinde zu haben, aber sie waren nicht seine Feinde. Ich hab schon erzählt von dem alten Arzt und seiner Frau, bei denen er die erste Praxisstelle gehabt hat. Und Behandlungsfehler? Nicht dass ich wüsste. Ich habe mich aber auch nicht so interessiert. Als wir mit der eigenen Ordination angefangen haben, habe ich ihm natürlich geholfen, aber an sich war das nie so ganz meine Welt.«
Niemand achtet auf meine Vorspeise. Mord hin oder her, ich sage: »Mahlzeit.«
Die beiden sehen mich an, schauen dann auf ihren Teller und beginnen zu essen. Auch Gerda.
»Ich kann ganz informell nachforschen, wie früher«, meint Vesna. »Zuerst sollten wir trotzdem Behandlungsfehler und Feinde klären.«
»Wenn Spesen anfallen, dann zahle ich natürlich, und sonst auch.«
Vor einigen Tagen hat Gerda noch darüber geklagt, dass sie knapp bei Kasse sei, von ihrem Mann bekomme sie nichts mehr und der Fotografenjob beim »Magazin« sei nicht eben üppig bezahlt.
Vesna überlegt. »Ich mache Freundschaftspreis. Sagen wir zehn Euro pro Stunde, wenn ich extra etwas ermittle, sonst nichts, für herumsitzen und zwischendurch telefonieren und nachdenken und so. Spesen sind nur ein wenig Benzin, denke ich. Normaler Preis ist drei- und fünfmal so hoch, bei gewissen Detektivbüros noch mehr.«
Mir ist das
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