Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Klientin geredet, die sich scheiden lassen will. Ihr Mann hat ohnehin kein Geld, also soll sie schauen, ob von einer Freundin ihres Mannes was zu holen ist, hat er gesagt – nach der Scheidung. Scheidungsgrund kann auch für Entschädigung aufkommen.«
»Super Methoden«, sage ich.
»Was wollen wir? Gefallt mir auch nicht wirklich, aber jetzt geht es um anderes. Zeige her das Foto.«
Ich suche die Fotodatei, und tatsächlich ist ein Blatt Papier zu sehen, aber nichts zu entziffern, das Display ist zu klein. Oder das Foto zu unscharf. Wir müssen zu meinem Laptop.
»Vielleicht hat Peter Königsberger gar nicht Gerda ein Alibi geben wollen, sondern selbst eines gebraucht«, überlegt Vesna. »Wenn man so eine Rechnung bekommt, kann man leicht wütend werden.«
»Sie ist an seine Privatadresse gegangen«, kann ich mich erinnern.
»Und er ist verheiratet, was Dr. Hofer gewusst hat. Er hat sie ihm zuschicken lassen, weil er wollte, dass Peters Frau alles erfährt«, denkt Vesna weiter.
»Sehr nett war er nicht, der liebe Herr Doktor«, sage ich darauf. »Nur konnte er nicht ahnen, dass Peters Frau ohnehin von Gerda wusste. Ist ja auch eher ungewöhnlich.«
»Ich muss sehen, ob dieser Peter den Tag, an dem Dr. Hofer ermordet wurde, wirklich daheim verbracht hat«, sagt Vesna. »Von Polizei werden wir es nicht erfahren. Und du schaust, ob das Foto etwas geworden ist, Mira Valensky.«
»Wie willst du das herausfinden?«
»Ich werde mir eine Geschichte ausdenken, weiß noch nicht, welche.«
»Peter weiß bestimmt, wer du bist. Gerda hat sicher von dir erzählt.«
»Ist mir klar, ich werde auch nicht ihn fragen, sondern seine Frau. Und ich werde ihn beobachten. Die meisten Menschen haben immer gleichen Tagesablauf, vielleicht war er ja teilweise daheim, aber ist dann weggegangen oder joggen oder einkaufen. Dann hat ihn jemand gesehen, sicher.«
Ich fahre Vesna in die Nähe des Hauses, in dem die Königsbergers wohnen. Wenig später übertrage ich das Foto vom Mobiltelefon auf den Computer. Ich atme auf, es ist beinahe jedes Wort zu entziffern. Mit dem Photoshop drübergehen. Schon die paar Standardkorrekturen reichen, jetzt ist alles gut lesbar. Ich drucke das Dokument aus. 4.200 Euro macht die Rechnung aus, die im Auftrag von Dr. Hofer gemäß dem Scheidungsurteil – es folgt die Aktenzahl – Peter Königsberger zugestellt worden ist. Ich sehe aufs Datum und halte die Luft an. Die Rechnung wurde zwei Tage vor Dr. Hofers Tod ausgestellt. Sie dürfte Peter Königsberger also exakt am Todestag oder einen Tag zuvor erreicht haben.
Gerda ruft mich an. Ich fühle mich mies, aber ich sage ihr nicht, was wir wissen. Vielleicht ist es ohnehin bloß zu ihrem Schutz, für den Fall, dass Peter der Täter war. Sie erzählt, dass sie aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist und wie entsetzlich es sei, der Polizei möglichst alles zu erzählen und zu merken, dass sie einem nicht glauben.
»Warum haben sie dich dann so schnell entlassen?«
»Meine Anwältin hat ihnen mit den Medien gedroht, es gebe keinen Grund, mich festzuhalten, hat sie gesagt. Kann sein, dass sie auch dich als ›Magazin‹-Journalistin erwähnt hat.«
Spielt in diesem Fall keine Rolle. »Philipp war bei mir«, sage ich dann. »Er hat gesagt, er hat seinen Vater am … entscheidenden Tag in einem kleinen Park bei der Praxis getroffen. Nachdem ihr gestritten habt.«
Gerda seufzt. »Es ist so schwierig mit ihm. Er will mich schützen. Er hat es auch der Polizei erzählt, die nehmen das aber nicht ernst.«
»Ich habe es gehört. Könnte er nicht doch die Wahrheit sagen?«
»Unsinn«, kommt es scharf zurück. »Ich war zwar nicht daheim, wissen kann ich es also nicht. Aber es passt nicht zu ihm, sich mit seinem Vater zu treffen. Ich habe ihm gesagt, dass er durch seine Aussage nur alles komplizierter und verworrener macht, aber …«
»Was aber?«
»Er bleibt bei seiner Version.«
Von der angeblichen Freundin seines Vaters hat er offenbar nur mir erzählt. Um seine Mutter zu schonen? Weil ich als Einzige nachgefragt habe und er sich mehr ausdenken musste?
Auf meinem Schreibtisch in der Redaktion finde ich einen Zettel von Droch. »Sofort zu mir ins Büro! D.«, steht drauf. Das klingt nicht eben freundlich, aber vielleicht ist er auch einfach in Eile. Ich schlendere durch das Großraumbüro und überlege, was ich verbrochen haben könnte. Ich klopfe, Droch sagt: »Herein«, ich hätte ausnahmsweise gar nichts dagegen gehabt, wenn er nicht da
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