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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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ich.
    Ich hetze in Oskars Küche herum. Es soll Garnelen in Proseccogelee geben, danach rosa Entenbrust mit getrüffeltem Erdäpfelauflauf und Orangen-Muskat-Chutney, zum Abschluss Käse. Oskar soll irgendeinen Kuchen oder besser noch Petits Fours mitbringen. Backen ist nicht meine Stärke, und heute etwas zu riskieren wäre das Letzte.
    Höchste Zeit, dass Oskar antanzt, er muss noch den Tisch decken und dafür sorgen, dass seine Wohnung in einem halbwegs präsentablen Zustand ist.
    Der Prosecco köchelt bereits mit Pfefferkörnern, Pimentkörnern, einer Karotte, einer gelben Rübe, etwas Lauch und den Garnelenschalen vor sich hin. Abseihen, Karotte und Rübe zur Seite, Fond noch einmal zum Kochen bringen. Was ist, wenn Philipp zumindest teilweise die Wahrheit gesagt hat? Er ist groß und stark genug, um seinen Vater im Affekt mit einem Stein zu erschlagen. Aber würde er dann nicht den Mund halten? Und wenn er nicht möchte, dass seine Mutter statt seiner ins Gefängnis geht? Er ist sechzehn und vielleicht voller romantischer Ideen, oder er hält sich ganz im Gegenteil für völlig abgebrüht, oder beides wechselt im Halbstundentakt. Pubertät nennt man das. Jedenfalls aber scheint er seinem Vater gegenüber voller übler Gefühle gewesen zu sein.
    Die Garnelen der Länge nach halbieren, den Darm entfernen, Garnelen in den kochenden Prosecco legen, warten, bis die Flüssigkeit wieder zu perlen beginnt, dann den Topf sofort vom Feuer nehmen. Die Garnelen sollen nur durchziehen, ja nicht kochen, so bleiben sie saftig und knackig.
    Fünf Blatt Gelatine einweichen. Die mehligen Kartoffeln sind inzwischen gar, ich verbrenne mir beim Abseihen den Daumen und fluche. Wo ist Oskar? Seine Dr. Beer scheint doch recht tüchtig zu sein, wenn sie Gerda so schnell frei bekommen hat. – Wenn wir heiraten, dann muss wohl auch sie einsehen, dass sie bei Oskar den Kürzeren gezogen hat. Unsinn. Sie ist ja ohnehin nicht wegen ihm in Wien. Bin ich mir da ganz sicher? Und deswegen will ich heiraten? Nur um dieser Angelika etwas zu beweisen? Unsinn.
    Konzentriere dich auf das Essen, Mira. Garnelen auf Suppenteller verteilen, Karotte und gelbe Rübe längs in ganz dünne Streifen schneiden und als Dekoration in die Teller legen. Proseccofond durch ein Etamintuch seihen. Verdammt, Oskar hat keines, was tun? Ich will keine Eiweißteilchen im gelierten Sud, er muss ganz klar sein. – Wie wichtig ist das für deine Zukunft, Mira? – Ha, eine Stoffserviette, Oskar hat genug Stoffservietten, wahrscheinlich ohnehin ein Geschenk seiner Mutter. Ich seihe die Flüssigkeit durch die Serviette, löse im klaren Fond die ausgedrückte Gelatine auf, begieße die Garnelen in den Suppentellern. Jetzt brauche ich sie nur noch kalt zu stellen. Zum Schluss werde ich sie mit hauchdünnen Limettenscheiben garnieren. Ich sehe auf die Uhr. Eineinhalb Stunden bis zum Eintreffen von Oskars Mutter. Das muss sich ausgehen. Mit Müh und Not finde ich im Kühlschrank Platz für drei Teller. Das jedenfalls wird sich ändern, sollte ich bei ihm leben: Wir brauchen einen größeren Kühlschrank, am besten so einen doppeltürigen mit Eiswürfelbereiter, wie ich ihn mir schon immer gewünscht habe.
    Ich schäle gerade die Kartoffeln, als Oskar hereinkommt, und ich merke, dass er mindestens so nervös ist wie ich. Warum müssen sich halbwegs erwachsene Menschen so etwas antun?
    »Hast du das Dessert?«, frage ich, als ginge es hier um eine lebenswichtige Operation.
    Er lädt mit ernstem Gesicht eine Pappschachtel mit süßen Kleinigkeiten ab, die für mindestens zehn Personen ausreichen würden. Aber besser zu viel als zu wenig.
    »Die Vorspeise ist schon fertig«, sage ich. »Du deckst den Tisch und schaust, dass alles sauber ist.«
    »Wie wäre es mit einem Schluck Prosecco?«, antwortet er.
    Sich Mut antrinken, gar keine üble Idee.
    Er öffnet eine Flasche, schenkt ein. »Auf uns«, sagt er und lächelt endlich.
    Ich sage nichts, proste ihm zu, wir trinken. Beruhigendes Prickeln. Er bleibt da stehen und sieht mir zu, wie ich in einem Mixbecher drei Eier schlage. Sechs Esslöffel Obers dazu und einen Esslöffel gutes Trüffelöl. Salzen, pfeffern. Mixen. Kartoffeln in Würfeln dazu, nur ganz kurz mit dem Pürierstab mixen.
    »Was wird das?«, fragt er interessiert. Ihn scheint meine Kocherei heute mehr zu entspannen als mich.
    »Kartoffel-Trüffel-Auflauf«, sage ich, »in seiner einfachsten Form. Kann übrigens gut sein, dass Peter mehr mit dem Mord zu tun hat, als

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