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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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eine Razzia dort stattgefunden. Maxim und zwei weitere Russen, die sie zu jenem Zeitpunkt in dem Gebäude angetroffen hatten, waren zum Verhör abgeführt worden, so wie sechs junge Frauen. Die Männer hatten keinen Ton gesagt und sich stattdessen mit einem ganzen Heer von teuren Anwälten umgeben, die der Dienststellenleitung mit einer Drohung nach der anderen gekommen waren. Ihre Schützlinge seien anständige, ordentliche, hart arbeitende Immigranten und ehrliche Steuerzahler.
    Bei einigen der Frauen waren blaue Flecken festgestellt worden, bei zweien auch Brandwunden. Um mit ihnen zu kommunizieren, mussten ein russischer und ein rumänischer Dolmetscher dazugezogen werden. Die Frauen bagatellisierten ihre Verletzungen. Arbeiteten angeblich freiwillig in diesem Etablissement. Quasi durch die Bank weg widerriefen sie ihre Aussagen vom Vortag. Was am Ende dabei herauskam, war so verworren und widersprüchlich, dass die Ermittler sich die Haare rauften. Standgehalten hatte letztlich keine einzige der Geschichten.
    Es gab zu wenige Beweise, und die Frauen dachten gar nicht daran, Anzeige zu erstatten. Ohne Anzeige gab es auch keine Gerichtssache. Akte geschlossen.
    Joyce loggte sich aus und klickte sich zu einer anderen Informationsquelle durch. Loggte sich mit ihrem Passwort ein und kritzelte schnell eine Mobilfunknummer und eine Adresse auf einen Notizblock.
    »Na, was machst du gerade?«
    Um das Fenster auf dem Bildschirm zu schließen, war es zu spät. Unauffällig legte sie ihren Arm über den Block. »Äh …«
    »Du arbeitest so konzentriert vor dich hin … viel zu tun?«
    »Ziemlich, ja.«
    »Wir gehen gleich ins De Stoep. Hast du Lust mitzukommen, oder bleibst du hier?«
    »Ich weiß nicht, ich …«
    José warf einen neugierigen Blick auf ihren Bildschirm. »Suchst du Adressdaten von einem Informanten?«
    »Äh, ja. Aber die laufen ja nicht weg.« Schnell fuhr sie den Computer herunter und nahm demonstrativ ihre Tasche vom Boden. »Ins De Stoep, meintest du?«
     

22
     
    Wadim hatte sein Auto auf dem Bahnhofsgelände abgestellt und ging jetzt in ruhigem Tempo durch die Altstadt. Die Kapuze hatte er tief in die Stirn gezogen. Er versuchte, ruhig zu bleiben, denn wenn er seinen Emotionen freien Lauf ließe, bestand die Gefahr, dass er Fehler machte. Trotzdem knirschte er wütend mit den Zähnen und ballte die Hände in den Jackentaschen zu Fäusten.
    Susan Staal würde er schon in den Griff bekommen. Die Tussi hatte Angst – selbst Angehörige geschulter Einsatztruppen hätten in ihrer Lage Angst. Und wer Angst hatte, unternahm grundsätzlich nichts, was ihn in noch größere Gefahr bringen konnte. Er sagte sich, dass es Maxim letzten Endes ums Geld ging, was immer er ihm auch weiszumachen versuchte. Geld und nichts anderes war überhaupt der einzige Grund, sich auf dieses Geschäft einzulassen, die Grenzen der eigenen Moral dermaßen auszudehnen und die eigene Seele dem Höchstbietenden zu überlassen.
    Das kannte Wadim sehr gut, und damit hatten die Gemeinsamkeiten zwischen ihm und dem zweiundvierzigjährigen Ukrainer allerdings schon wieder ein Ende. Auch Leute, die sich berufsmäßig gegenseitig an den Kragen wollten, brachten bisweilen Respekt füreinander auf. Es war ein ehrenwerter Beruf, zumindest, wenn man ihn gut machte. Was allerdings Maxim Kalojew ausheckte, hatte mit Ehre und Respekt wenig zu tun.
    Rein strategische Erwägungen hatten Wadim motiviert, ausgerechnet die Firma von Maxim für seine Sache in Betracht zu ziehen. Zunächst einmal wegen der Lage: Das alte herrschaftliche Haus lag relativ zentral, aber in einem vergessenen Winkel der Stadt. Keinerlei soziale Kontrolle. Viele Häuser standen leer, hatten verrammelte Fenster und Türen, wenn sie nicht als Lagerräume oder zur Zwischenmiete genutzt wurden. Ein anonymes Viertel mit anonymen Einwohnern.
    Das Gebäude selbst war übersichtlich, es gab gute Fluchtwege, und es ließ sich hervorragend absichern. Außerdem war immer jemand vor Ort, Tag und Nacht, und es fand dort kein Drogenhandel statt. Erst vor Kurzem hatte es eine Razzia gegeben, wie Maxim ihm erzählt hatte, also rechnete er nicht damit, dass die Besucher in Uniform bald wieder auftauchen würden. Ein besserer Ort für seine Zwecke wäre kurzfristig nicht aufzutreiben gewesen.
    Haus Nummer 83 befand sich ungefähr in der Mitte der schmalen Straße. Er klingelte und spähte gewohnheitsgemäß nach links und rechts. Nichts Auffälliges.
    Hinter der blauen Haustür erklang

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