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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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bist, Püppchen. Wir sind ganz alleine. Spannend, oder?«
    »Komm wieder runter, Robby. Du kannst nicht noch mehr Probleme gebrauchen, als du schon hast. Und die kriegst du, wenn du nicht sofort dein dreckiges Maul hältst.«
    Er schnalzte mit der Zunge. Zog langsam den Arm von ihrer Kopfstütze zurück. »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, ich habe dir Angst gemacht.« Er grinste breit und stemmte die Hüften hoch, um ein Handy aus seiner Jeanstasche zu holen. »Naja. Zufällig habe ich hier eine Hotline zu René. Mal gucken, was der von dieser Sache weiß. Ob er dich überhaupt kennt.«
    Der Schuss verursachte einen heftigen Knall, von dem es ihr in den Ohren sauste. Das .22er-Geschoss hatte sich durch seinen beeindruckenden Brustkorb tief in den Leib hineingebohrt. Sie sah, wie die Verachtung in Robbys Gesicht sich rasend schnell in pures Erstaunen verwandelte.
    Joyce hob die Pistole, um noch einmal zu schießen, diesmal ein Stück höher, aber Robby holte kräftig seitwärts aus. Der harte Ellbogen streifte ihre Nase und knallte mit voller Wucht auf ihre Augenhöhle. Unwillkürlich stieß sie einen Schrei aus.
    »Du gestörte Schlampe!« Schnaubend drehte er sich in der Dunkelheit ihr zu, die Augen ins Weiß verdreht, mit ausgestreckten Händen orientierungslos nach ihren Armen tastend, nach der Waffe.
    Sie gab einen weiteren Schuss ab, diesmal mitten in seinen entblößten Bauch. Sie hörte es nicht einmal. Hörte nur ihren eigenen pumpenden Herzschlag, das Tosen ihres Bluts, spürte das Adrenalin durch ihre Adern brausen.
    Robby krümmte sich, hielt sich mit beiden Händen den Bauch und fing zu würgen an. »Du Schlampe«, wiederholte er. Leise, verkrampft. Er blutete heftig aus dem Bauch, aber die Kugel hatte anscheinend keine lebenswichtigen Körperteile getroffen. »Aufhören«, jammerte er. »Ihr braucht mich noch, verdammt. Ah, verdammt …« Er stöhnte, das Sprechen fiel ihm merklich schwer. »Es war ein Witz, du dumme Hure. Nur ein Witz! Ich blute wie ein Rindvieh, verdammte Scheiße!«
    Aufrecht hinter dem Lenkrad seines Wagens sitzend, hatte er ihr mit seiner Selbstsicherheit und seiner Muskelmasse noch einen gewissen Respekt abgenötigt. Jetzt, da er sich jammernd und fluchend krümmte und den Bauch hielt, war davon wenig übrig.
    Sie hatte sich vorgenommen, diese Grenze nicht zu überschreiten. Es war ein heiliges Tabu gewesen, eine absolute No-go-Area. Trotzdem hatte sie eine illegale Waffe eingesteckt, niemandem von ihren Kollegen Bescheid gesagt, war zu diesem Kerl nach Hause gefahren und hatte stillschweigend zugelassen, dass er mit ihr zu diesem verlassenen Deich an einem Wald gefahren war.
    Und jetzt war er verwundet und würde sie bei ihren Kollegen verraten. Sie konnte nicht mehr zurück.
    Er jammerte in einem fort, aber was er von sich gab, verstand sie kaum. Ihre Ohren waren so gut wie taub. Sie hörte nur noch einen hohen Pfeifton. Das Wageninnere war vernebelt von Pulverdampf.
    Sie fasste Robby beim Haar, zog seinen Kopf zurück und bohrte den Lauf der TPH in die kleine Kuhle zwischen seinen Brauen. Kam ihm ganz nah und schaute ihn direkt an.
    Im Bruchteil einer Sekunde wurde ihr bewusst, dass sie schon öfter bis an diese Grenze vorgestoßen war, sie erkundet hatte, so wie man sich, bevor man ins Wasser geht, erst vorsichtig die Handgelenke befeuchtete.
    Diesmal musste es geschehen.
    Ende der Erkundungen. Ende der Zurückhaltung.
    Sprung ins kalte Wasser.
    Sie drückte die Mündung der TPH fester auf Robbys Haut. Roch seinen Atem, das warme Blut, das aus seinem Bauch und über seine Hände strömte. Hörte sein Murmeln, oder vielleicht schrie er sogar, sie wusste es nicht. Sie hatte es schon zu weit kommen lassen.
    Viel zu weit.
    Die Arbeit, ihre Kollegen, ihr Amtseid: Nichts konnte es aufwiegen.
    Nicht mehr. Nicht jetzt. Nicht hier.
     

27
     
    Der Sturm hatte sich gelegt. Im spärlichen Morgenlicht manövrierte Maier seinen Carrera durch die Pfützen im Kies auf die Straße. Das Navigationssystem hatte das eingegebene Ziel auf Anhieb gefunden und zeigte an, dass die Strecke neunhundertdreißig Kilometer lang war.
    Er hatte wenig Lust auf Musik und schaltete die Anlage nicht ein. Später vielleicht. Vorläufig genügten ihm das Geräusch der Reifen auf dem Asphalt, das Singen des Motors und das Mahlen der Mühlräder in seinem Kopf.
    Bei der Grenze hielt er an, um zu tanken und eine Autobahnvignette zu kaufen. Fuhr dann in ruhigem Tempo nach Österreich weiter, Richtung

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