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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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geblinzelt, als er ihr das Buch mit persönlicher Widmung
zurückgab. Das Böse lauert überall …, las sie, darunter seine Unterschrift
und das Datum.
    Der Schwarze . Im Buch
war er ein Psychopath, der seine Mordmethode von Tat zu Tat verfeinerte und stolz
auf seine Perfektion war. Das Töten als Kunst. In gewisser Weise wie beim Jäger,
der größten Wert auf den gekonnt angebrachten Blattschuss legte.
    Auch Alan
Scott hatte ihr begeistert von der Großwildjagd erzählt. Jahrelang hatte er in Tanzania
betuchte Jagdtouristen auf die Fährte von Leopard und Büffel geführt oder an Kenyas
Küste Big Game Fischern zu einem Blue Marlin, dem König der Fische, verholfen. Und
doch, sagte er, widerstrebte es ihm, ohne Grund auf einen Elefanten schießen zu
müssen. Seine Kunden sahen das wohl anders. Linda konnte nicht begreifen, was man
daran finden konnte, ein Nashorn oder einen Löwen zu schießen, sich mit dem Kadaver
fotografieren zu lassen und sich ein halbes Jahr später die Trophäe ins Wohnzimmer
zu hängen. Doch selbst die fünfstelligen Beträge, die man für das Erlegen eines
der so genannten Big Five bezahlen musste, schienen die Großwildjäger nicht abzuhalten.
    Einmal nur
hatte sie Alan auf einer solchen ›Jagdsafari‹ begleitet und die Augen des Schützen
leuchten sehen, als ihm die Fährtensucher den toten Simba vor die Füße legten.
Wie stark und überlegen musste sich der Mann in diesem Augenblick fühlen?
    Reh, Wildschwein,
Löwe, Elefant, Mensch … wie hoch lag die Hemmschwelle, hatte sie sich damals gefragt.
    Eine Bewegung
auf dem Gelände des Kieswerks lenkte sie von ihren Gedanken ab. Zwar hatte die Dämmerung
inzwischen die Konturen der Gebäude und Fahrzeuge zu einem düsteren Grau verschmelzen
lassen, das Licht im Inneren der Baracke war erloschen, und doch bemerkte sie den
Hauch eines Schattens, der sich zwischen den Kieshaufen bewegte. Gebückt huschte
dort ein Mensch in Richtung einer großen Förderbandanlage, und als der Lichtkegel
der einzigen Laterne ihn streifte, die in einem schemenhaften Kreis das Gelände
beleuchtete, zuckte sie zusammen.
    Die langen
grauen Haare und der ungepflegte Vollbart, den sie nur in Sekundenbruchteilen wahrnahm,
dazu der braune Mantel und die seltsamen Bewegungen der Gestalt, das musste dieser
gesuchte Wohnsitzlose sein! Schon wollte sie Käthe herbeirufen, um ihr den Mann
zu zeigen, als sich die Tür an der Seite der Baracke öffnete und der Schwarzhaarige
heraus trat. Die vollbärtige Gestalt duckte sich zwischen zwei Kieshalden, der Schwarzhaarige
sah zu Lenes Haus herauf, schloss die Tür von außen ab und ging über das Gelände
in Richtung Ausfahrt.
    Alles blieb
ruhig, dann sah Linda den Scheinwerfer eines Motorrads die Auffahrt vom Kieswerk
herauf fahren. Der Schwarze schien Feierabend zu machen. Nervös kaute sie auf ihren
Unterlippen. Was sollte sie tun? Der Gesuchte hielt sich auf dem Gelände auf, hatte
sich dort womöglich versteckt. Den Kommissar anrufen? Selbst nachsehen? Die Neugier
der Journalistin in ihr besiegte ihre Angst.
    »Sag mal,
Käthe, da drüben im Kieswerk, so ein dunkler Typ, schwarze Haare, kantige Gesichtszüge,
kennst du den?«
    »Hm. Der
Zoto vielleicht. Reiters rechte Hand. Ich hab mit denen im Kieswerk nicht viel zu
tun. Machen nur Lärm und Dreck. Aber Lene kannte die alle. Durfte sogar aufs Gelände
wegen der Vögel. Ich bin übrigens fertig mit dem Gießen. Hast du alles gesehen?«
    Linda nickte
und dankte Käthe Besserer dafür, ihr die Wohnung gezeigt zu haben. Sie fragte, ob
sie den Schlüssel noch behalten könne. Kein Problem, meinte Käthe, und sie verabredeten,
dass Linda zum Übernachten bei ihr blieb.
    Nachdem
sie ihre kleine Reisetasche in dem ehemaligen Kinderzimmer von Käthes Sohn abgestellt
hatte, eilte sie in der Dunkelheit nach draußen, durch den Garten und über die Straße
Richtung Kieswerk.

14
     
    Etwa 100 Meter die Straße abwärts
bog die staubige Zufahrt zum Kieswerk Reiter GmbH & Co. KG vom Riedweg rechts
ab. Dort stieß Linda Roloff auf ein breites Rolltor, das verschlossen und zusätzlich
oben durch drei Reihen Stacheldraht gesichert war.
    Zu beiden
Seiten des Metalltors erstreckte sich ein zwei Meter hoher Maschendrahtzaun, außen
von wilden Büschen und niederen Hecken gesäumt. Trotz zunehmender Dunkelheit erkannte
Linda den schmalen Trampelpfad, der nach links durch eine hüfthohe Wildnis aus Brombeerranken
und verwelkten Brennnesseln führte.
    Linda folgte
dem Pfad, in der Hoffnung,

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