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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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mit dem Leben bezahlt. Aber wie war sie über den
Zaun gekommen? Dieses Geheimnis hatte die alte Frau wohl mit ins Grab genommen.
    Lene Grandel
war den Menschenschleusern auf die Spur gekommen.
    Warum hatte
sie sich nicht an die Polizei gewandt? Weil sie Reiter zuvor wegen des Elektroschrotts
erpresst hatte?
    Sie war
hierher gekommen, um die Frauen aus dem Container zu befreien und hatte dazu das
Brecheisen mitgenommen. Vielleicht war auch sie es gewesen, die den Zaun an der
einen Stelle aufgeschnitten hatte. Die Reparatur war offensichtlich noch nicht sehr
alt gewesen. Linda spann ihre Gedanken weiter.
    Agim Zoto
oder Horst Reiter – einer von beiden – hatte sie auf dem Weg zum Container überrascht,
ihr das Brecheisen entwunden und sie niedergeschlagen, ihre Leiche in ihren Garten
verfrachtet, um den Tatort zu vertuschen, und die Tat durch den späteren Schlag
mit der Weinflasche Pulle in die Tasche geschoben. Ein perfider, ein fast perfekter
Plan! Linda erschauderte.
    Was sollte
Zoto davon abhalten, mit ihr dasselbe zu machen? Oder noch einfacher: die Hunde
auf sie zu hetzen. Sie war unbefugt auf dem Gelände des Reiterkieswerks unterwegs.
Überall warnten Schilder vor dem Betreten und vor freilaufenden Hunden. Auf eigene
Gefahr!
    Wer außer
Hadé wusste, dass sie hier war?
    Würde sie
zur Polizei gehen? Nein, wohl eher nicht, um sich und ihre Tochter nicht zu gefährden.
    Hadé! Welche
Chance hatte sie – selbst mit Pfefferspray – gegen die empfindlichen Nasen der Hunde?
War sie noch hier innerhalb der Umzäunung? Dann würde Zoto sie schnappen, und sie
würde auch hier landen. Er würde sie einfach in diesem Container verschmachten lassen.
Einfach warten, bis sie beide tot waren, danach das Schloss entfernen, und die Erklärung
wäre eine einfache: die Frauen hatten sich im Container zu schaffen gemacht, die
Tür war zugefallen, der Riegel nach unten gerutscht und hatte sie eingeschlossen.
    Sie sah
Agim Zoto mit Unschuldsmiene vor Jens Bosch sitzen. Sorry, wer konnte denn wissen,
dass da jemand drin war …?
    Reiter würde
seinen Kopf in jedem Fall elegant aus der Schlinge ziehen können – ein bedauerlicher
Zwischenfall – doch wieso machte sich diese neugierige Journalistin auch ohne Erlaubnis
auf dem Gelände zu schaffen? Vielleicht würde er seine Hunde einschläfern lassen,
um die Öffentlichkeit zu beruhigen, ein bisschen Gras über die Sache wachsen lassen,
und bald schon würde die nächste Ladung Elektroschrott von Bremerhaven aus ihren
Weg nach Lagos antreten, und sich Madame wieder Frischfleisch aus dem Container
abholen.
    Linda schüttelte
den Kopf.
    Wieso hatte
sie bisher niemandem von ihrem Verdacht erzählt? Niemand außer Alan wusste davon,
nicht einmal Jens Bosch hatte sie sich anvertraut, weil sie erst einen endgültigen
Beweis finden wollte.
    Gut, Jens
hielt nicht Pulle für Lene Grandels Mörder, doch was hatte er gegen Reiter oder
Zoto in der Hand? Sie hatte ihm versprochen, ihm heute den Aufenthaltsort von Pulle
zu verraten. Warum hatte sie es ihm nicht gestern schon gesagt? Dann wäre er jetzt
auf dem Weg hierher, würde das Gelände durchkämmen und früher oder später auch auf
den Container stoßen.
    Ob er bei
seinen Ermittlungen inzwischen auch auf Reiters dubiose Machenschaften gestoßen
war? Sicher! Die Polizei hatte schließlich noch ganz andere Möglichkeiten als sie.
    Linda stand
auf und bewegte sich in ihrem Verlies. Tastete die Wände ab, soweit ihre Arme nach
oben reichten. In der Ecke, in der sie die Lüftungslamellen gesehen hatte, versuchte
sie, auf den Zehenspitzen stehend, mit ihren Fingern die Plastikabdeckung zu entfernen.
Keine Chance, die Fingernägel splitterten und brachen ab wie poröses Gestein. Werkzeug!
Sie brauchte ein Messer, eine Nagelfeile, etwas Dünnes, was sie unter die Plastikumrandung
des Lüftungsgitters schieben konnte.
    Sie tastete
ihre Taschen ab. Nichts. Kein Kugelschreiber – der hätte eh nichts genützt – keine
Haarnadel, keine Büroklammer, selbst die Gürtelschnalle war aus Plastik und zu dick.
Doch selbst wenn, was würde es nützen? Das Loch in der Wand bot vielleicht genügend
Platz, um die Hand durchzustrecken und weiter? Sie würde mit ihrem Gesicht nicht
einmal in die Nähe der Öffnung kommen, um gezielt nach Hilfe zu rufen. Und wer sollte
sie hören?
    Hadé?
    Zoto?
    Resignierend
ließ sie sich wieder auf den kalten Boden gleiten.
     
    Als Alan Scott zu sich kam, pochte
sein Kopf, und er öffnete zögernd die schweren Lider.

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