Verschlossen und verriegelt
steht, Sie wissen ja, wie Arzte schreiben. Außerdem ist es eine schlechte Kopie.«
»Aber die Adresse?«
»Seiner Praxis? Odengatan 30.«
»Die ist also leserlich«, sagte Martin Beck. »Gestempelt«, erwiderte die Sekretärin lakonisch. Doktor Berglunds Anrufbeantworter teilte ihm mit, dass die Praxis geschlossen sei und erst am 15. August wieder öffnen werde.
Der Doktor war natürlich in Urlaub.
Martin Beck hatte jedoch keine Lust, mehr als einen Monat auf die Information zu warten, an welcher Krankheit Svärd gelitten hatte.
Also rief er im Krankenhaus Söder an, einem sehr großen Betrieb mit lebhaftem Telefonverkehr. Er benötigte fast zwei Stunden, um die Bestätigung dafür zu erhalten, dass man Karl Edvin Svärd tatsächlich im März auf der Infektionsstation aufgenommen hatte, genauer gesagt von Dienstag, dem 7., bis Samstag, dem 18., als er allem Anschein nach wieder heimkehren durfte.
Aber war er nun als gesunder oder als todkranker Mensch entlassen worden?
Es schien nicht möglich zu sein, auf diese Frage eine Antwort zu erhalten; der Stationsarzt hatte zwar Dienst, war aber unabkömmlich und konnte nicht ans Telefon gehen. Für Martin Beck war es offenbar an der Zeit, wieder einmal Leute aufzusuchen.
Er nahm ein Taxi zum Krankenhaus Söder und fand nach einigem Umherirren den richtigen Korridor. Nur zehn Minuten später saß er dem Menschen gegenüber, der alles über Svärds Gesundheitszustand wissen sollte. Der Arzt war ein Mann in den Vierzigern, klein, dunkelhaarig und mit unbestimmbarer Augenfarbe, Graublau mit Einschlägen von Grün und Hellbraun. Während Martin Beck in seinen Taschen nach nicht vorhandenen Zigaretten suchte, setzte der Mann eine Hornbrille auf und vertiefte sich in die Krankenblätter. Nach zehn Minuten absoluter Stille schob er die Brille in die Stirn, sah seinen Besucher an und sagte: »Aha. Was wollten Sie wissen?«
»An welcher Krankheit litt Svärd?«
»An keiner.«
Martin Beck dachte über diesen ein wenig überraschenden Bescheid nach. Dann sagte er:
»Warum hat er dann fast zwei Wochen hier gelegen?«
»Elf Tage, um genau zu sein. Wir haben ihn gründlich auf den Kopf gestellt. Er hatte gewisse Symptome und außerdem eine Überweisung von seinem Hausarzt.«
»Doktor Berglund.«
»Das ist korrekt. Der Patient glaubte, schwer krank zu sein. Zum einen hatte er zwei kleinere Geschwülste am Hals und zum anderen eine Beule am linken Oberbauch. Sie ließ sich leicht ertasten. Wie viele andere Patienten auch bildete er sich ein, Krebs zu haben. Er ging zum Arzt, der die Symptome alarmierend fand. Nun ist es aber so, dass Allgemeinmediziner nur selten über die Ausrüstung verfügen, die erforderlich ist, um Fälle dieser Art beurteilen zu können. Manchmal steht es auch um ihr Urteilsvermögen nicht zum Besten. Im vorliegenden Fall wurde eine falsche Diagnose gestellt und der Patient kurzerhand in die Strahlenklinik geschickt. Dort konnte man nur feststellen, dass keine Untersuchungen durchgeführt worden waren, deshalb hat man ihn an uns überwiesen. Er hat sich einer ganzen Reihe von Untersuchungen unterziehen müssen, wir sind sehr gründlich vorgegangen.«
»Und dabei ist herausgekommen, dass Svärd gesund war?«
»Im Großen und Ganzen, ja. Die Auffälligkeiten am Hals konnten wir sofort entfernen. Es handelte sich um gewöhnliche Fettablagerungen, völlig ungefährlich. Die Geschwulst am Bauch erforderte eine genauere Kontrolle. Wir haben unter anderem eine vollständige Aortographie machen lassen und das gesamte Verdauungssystem geröntgt. Außerdem haben wir eine Leberbiopsie durchgeführt und…«
»Was ist das?«
»Eine Leberbiopsie? Einfach ausgedrückt könnte man sagen, dass man dem Patienten ein Rohr in die Seite sticht und ein kleines Stück der Leber entnimmt. Das habe ich übrigens selbst gemacht. Anschließend geht die Probe dann ins Labor, wo untersucht wird, ob beispielsweise Krebszellen nachweisbar sind. Nun, wir haben nichts dergleichen gefunden. Die Geschwulst erwies sich als eine isolierte Zyste am Kolon…«
»Verzeihung?«
»Am Darm. Eine Zyste, wie gesagt. Nichts Lebensbedrohliches. Man hätte sie chirurgisch entfernen können, aber ein solcher Eingriff erschien uns nicht notwendig. Der Patient hatte keinerlei Beschwerden. Früher hatte er zwar behauptet, schwere Schmerzen zu haben, aber die waren offenbar psychosomatischer Natur.«
Der Arzt machte eine Pause, warf Martin Beck einen Blick zu, wie er sonst nur für Kinder und
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