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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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bist zur See gefahren, hast du gesagt. Wann hast du angemustert?«
    »1922 in Sundsvall. Auf einem Kutter, der Vorwärts hieß. Der Skipper hieß Jansson. Wenn es jemals ein Dreckschwein gegeben hat, dann ihn.« Als sie sich eine Weile unterhalten und beide eine weitere Bierbüchse geöffnet hatten, kam der Gabelstaplerfahrer herein. Er starrte sie verblüfft an und sagte: »Sind Sie wirklich Polizist?«
    Martin Beck antwortete nicht.
    »Verdammt, man sollte Sie anzeigen«, sagte der Fahrer und kehrte zu seinem Platz in der Sonne zurück.
    Martin Beck ging erst, als gut eine Stunde später der Lastwagen kam.
    Das Gespräch war aufschlussreich gewesen. Es war oft interessant, alten Arbeitern zuzuhören, und völlig unverständlich, dass sich keiner mehr die Zeit dazu nahm. Der Mann hatte sowohl an Land als auch auf See so einiges erlebt. Warum kamen solche Menschen nie in den Massenmedien zu Wort? Hörten die Politiker und Technokraten ihnen jemals zu? Bestimmt nicht, sonst hätten viele fatale Fehlentscheidungen in Beschäftigungs und Umweltfragen vermieden werden können. Was Svärd betraf, gab es jetzt ein weiteres loses Ende, dem er nachgehen musste.
    Aber Martin Beck fühlte sich dazu im Moment nicht fähig. Er war es nicht gewohnt, vor dem Mittagessen drei Dosen Bier zu trinken, und die Folgen machten sich bereits bemerkbar. Ein leichtes Schwindelgefühl und bohrende Kopfschmerzen. Doch das waren keine unheilbaren Gebrechen. Bei Slussen nahm er ein Taxi zum Zentralbad, setzte sich fünfzehn Minuten in die Sauna, danach zehn Minuten eine Bank höher, tauchte mehrere Male prustend ins Kaltwasserbecken ein und beendete das Ganze mit einer Stunde Schlaf auf der Pritsche in seiner Kabine.
    Die Kur zeigte die erhoffte Wirkung, und als er kurz nach Mittag zum Büro der Speditionsfirma an der Skeppsbron kam, war er wieder vollkommen klar.
    Er hatte ein Anliegen vorzubringen und rechnete damit, auf wenig Verständnis zu stoßen. Die Reaktion fiel wie erwartet aus.
    »Transportschäden?«
    Genau.
    »Natürlich gibt es Transportschäden. Wissen Sie, wie viele Tonnen an Gütern wir im Jahr umschlagen?« Die Frage war rhetorisch. Man wollte ihn möglichst schnell wieder loswerden, aber er ließ nicht locker.
    »Heutzutage, mit den neuen Systemen, gibt es natürlich weniger Transportschäden, aber dafür sind die Verluste umso größer, wenn es einmal zu Schäden kommt. Der Containerverkehr…«
    Martin Beck interessierte sich nicht für den Containerverkehr. Er wollte wissen, was zu Svärds Zeit vorgefallen sein konnte. »Vor sechs Jahren?«
    »Ja, oder noch früher. Sagen wir, in den Jahren 65 und 66.«
    »Es ist völlig absurd, was Sie da von uns verlangen. Wie sollten wir so etwas beantworten können? Ich sagte Ihnen ja bereits, in den alten Packhäusern gab es öfter Transportschäden. Manchmal sind Kisten kaputtgegangen, aber eventuelle Verluste waren natürlich immer durch Versicherungen abgedeckt. Einzelne Lagerarbeiter sind selten verantwortlich gemacht worden. Sicher, es ist schon mal vorgekommen, dass jemand entlassen wurde, aber das waren meistens Aushilfskräfte. Unfälle ließen sich nun einmal nicht völlig vermeiden.« Er wollte nicht wissen, ob man jemanden entlassen hatte. Stattdessen erkundigte er sich, ob nicht festgehalten wurde, wenn ein Schadensfall eintrat und wer die Verantwortung dafür trug. Doch, der Vorarbeiter machte natürlich einen Vermerk im Lagerbuch.
    Gab es diese Lagerbücher noch?
    Denkbar. Wenn ja, wo?
    In irgendeiner alten Kiste auf dem Dachboden. Unmöglich zu finden.
    Jedenfalls nicht auf die Schnelle.
    Die Firma war uralt und hatte ihre Hauptverwaltung von jeher in der Altstadt gehabt. In Ecken und Nischen gab es mit Sicherheit so manches Schriftstück.
    Martin Beck ließ nicht locker und hatte sich binnen kürzester Zeit sehr unbeliebt gemacht. Diesen Preis bezahlte er jedoch gern. Nach einer weiteren kurzen Diskussion über die Frage, welche Bedeutung der Begriff »unmöglich« eigentlich hatte, sah man ein, dass die einfachste Art, ihn wieder loszuwerden, wahrscheinlich die war, sich seinem Willen zu beugen. Ein junger Mann wurde auf den Speicher geschickt und kehrte umgehend mit leeren Händen und resignierter Miene zurück. Martin Beck fiel auf, dass der Jüngling nicht einmal Staub auf dem Jackett hatte, und bot an, ihn bei seiner nächsten Expedition zu begleiten.
    Auf dem Dachboden war es sehr heiß, Staub wirbelte in den Sonnenstrahlen, die durch die Dachluken hereinfielen,

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