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Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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freien Lauf zu lassen. Er grübelte über das nicht verstummen wollende Gerücht von seiner Beförderung nach, das ihm immer größere Sorgen machte. Bis zu seinem bedauerlichen Fehler vor fünfzehn Monaten hatte Martin Beck stets Angst davor gehabt, einen Posten zu bekommen, der ihn vollends an den Schreibtisch fesseln würde. Er hatte immer im Außeneinsatz arbeiten oder zumindest die Möglichkeit haben wollen, zu kommen und zu gehen, wann es ihm gefiel.
    Der Gedanke an ein Büro mit einem Konferenztisch, zwei echten Ölgemälden, Bürostuhl, Besuchersesseln, Teppichboden und eigener Sekretärin erschien ihm heute wesentlich furchteinflößender als noch vor einer Woche. Nicht weil er erkannt hatte, dass die Gerüchte aus gutem Grund kursierten, sondern weil ihm die Konsequenzen mehr ausmachten. Was aus seinem Leben wurde, war vielleicht doch nicht völlig bedeutungslos. Ein zügiger halbstündiger Marsch brachte ihn ans Ziel. Das Packhaus war alt und würde bald abgerissen werden, da es nicht für Containerverkehr ausgelegt war und nicht den Anforderungen der neuen Zeit entsprach.
    In Inneren des Gebäudes tat sich kaum etwas. Der Verschlag, in dem eigentlich der Lagerverwalter sitzen sollte, war leer, und die Glasscheiben, durch die er früher die Arbeiten überwacht hatte, waren verstaubt. Eine von ihnen war eingeschlagen und der Wandkalender zwei Jahre alt.
    Neben einem nicht sonderlich beeindruckenden Stapel Stückgut stand ein Gabelstapler, hinter dem sich zwei Männer aufhielten, der eine in einem knallgelben Overall und der andere in einem grauen Kittel.
    Sie saßen auf Plastikbierkästen, und zwischen ihnen stand eine umgestülpte Kiste. Der eine der beiden Männer war relativjung, der andere schien um die siebzig zu sein, obwohl er vermutlich kaum so alt sein konnte. Der Jüngere las die Abendzeitung vom Vortag und rauchte eine Zigarette, der Ältere tat nichts.
    Beide sahen Martin Beck desinteressiert an, und der jüngere Mann ließ bei seiner Ankunft demonstrativ die Zigarette zu Boden fallen und trat die Glut mit dem Absatz aus. »Im Packhaus rauchen«, meinte der Ältere und schüttelte den Kopf. »Das war was gewesen…«
    »… damals«, ergänzte der Jüngere gelangweilt. »Aber wir leben nicht mehr damals, hast du das immer noch nicht kapiert, du alter Halunke?«
    Er wandte sich an Martin Beck und sagte abweisend:
    »Was wollen Sie? Das ist Privatgelände. Das steht sogar an der Tür. Können Sie nicht lesen?«
    Martin Beck holte seine Brieftasche heraus und zeigte seinen Dienstausweis.
    »Ein Bulle«, sagte der Jüngere voller Abscheu. Der andere sagte nichts, beschränkte sich nur darauf, zu Boden zu starren, sich zu räuspern und zielgenau auszuspucken. »Wie lange arbeiten Sie schon hier?«
    »Sieben Tage«, antwortete der Jüngere. »Morgen auch noch. Danach geht's zurück zum Lkw-Terminal. Aber was geht Sie das an?«
    Martin Beck antwortete nicht. Und der Mann sagte, ohne eine Antwort abzuwarten:
    »Bald ist Schluss mit dem Ganzen. Aber mein Kumpel hier erinnert sich noch an die Zeiten, als in dieser verdammten Bruchbude fünfundzwanzig Mann und zwei Vorarbeiter gearbeitet haben. Das hat er mir diese Woche bestimmt tausendmal erzählt. Stimmt's, Opa?«
    »Dann erinnert er sich wahrscheinlich auch an einen Mann namens Svärd. Karl Edvin Svärd.«
    Der Ältere warf Martin Beck einen erloschenen Blick zu und sagte:
    »Was soll das? Ich weiß von nichts.«
    Es war nicht schwer zu verstehen, wo der Schuh drückte. Jemand aus dem Büro hatte schon Bescheid gesagt, dass sich die Polizei nach Leuten umhörte, die Svärd gekannt hatten. Martin Beck sagte:
    »Svärd ist tot und begraben.«
    »Soso. Er ist tot? Wenn das so ist, erinnere ich mich an ihn.«
    »Gib nicht so an, Opa«, sagte der Gabelstaplerfahrer. »Als Johansson vor ein paar Tagen gefragt hat, konntest du dich nicht erinnern. Du bist doch weich in der Birne.« Offenbar hielt er Martin Beck für harmlos, denn er zündete sich völlig ungeniert eine neue Zigarette an und ergänzte erklärend:
    »Der Alte ist total verkalkt. Nächste Woche wird er freigestellt, und zum Jahreswechsel geht er in Rente. Das heißt, wenn er dann noch lebt.«
    »Ich habe ein sehr gutes Gedächtnis«, erwiderte der alte Mann beleidigt.
    »Natürlich erinnere ich mich an Kalle Svärd. Aber mir hat keiner gesagt, dass er tot ist.« Martin Beck blieb stumm.
    »Toten kann ja nicht mal die Bullerei was anhängen«, fuhr der Mann philosophisch fort.
    Der

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