Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Er wird mich umbringen.« Eddie drehte den Kopf zu Rebus. »Er wird mich umbringen, und dabei hab ich nichts weiter gemacht, als das Gas aufgedreht.«
»Der Mann mit dem Blut, das war Aengus Gibson, stimmt’s?«
Eddie nickte ganz langsam, kniff die Augen zusammen und quetschte die letzten Tränen heraus. Rebus ließ den Motor an. Als er losfuhr, sah er den Jeep aus der Gegenrichtung auf sich zukommen. Der Wagen blinkte, um in das Tor einzubiegen, das sich bereits öffnete. Gesteuert wurde er von einem Schlägertyp, dessen Gesicht Rebus neu war. Auf dem Rücksitz saß Mo Cafferty.
Auf der kurzen Fahrt nach St. Leonard’s, während Eddie heulend auf dem Beifahrersitz kauerte, beschäftigte Rebus ein einziger Gedanke, ging ihm immer wieder durch den Kopf. Konnte Mo Cafferty überhaupt fahren? Das ließe sich leicht feststellen, ein rascher Anruf beim Straßenverkehrsamt genügte. Wenn sie keinen Führerschein besaß, wenn sie also einen Chauffeur brauchte, wer hatte den Jeep dann an jenem Tag gefahren, als Rebus ihn vor Bones Metzgerei stehen sah? Und war das nicht überhaupt ein merkwürdiger Zufall? John Rebus glaubte nicht an Zufälle.
»Das Heartbreak Café hat nicht zufällig sein Fleisch von Bone’s bekommen?«, fragte er Eddie, dem der Name aber nichts zu sagen schien. »Ich meine die Metzgerei Bone’s«, erklärte Rebus. Doch Eddie schüttelte den Kopf. »Egal«, meinte Rebus.
In St. Leonard’s wartete genau die Person auf ihn, die er sprechen wollte.
»Warum sind Sie nicht in der Gorgie Road?«, wollte er wissen.
»Und warum sind Sie hier? Sie sind doch suspendiert«, fragte Siobhan Clarke.
»Das war aber nicht die feine Art. Außerdem hab ich zuerst gefragt.«
»Ich musste das hier abholen.« Sie schwenkte einen großen braunen Umschlag.
»Hören Sie, ich hab einen kleinen Auftrag für Sie. Nun ja, eigentlich mehrere. Als Erstes müssen wir Eddies Sarg wieder ausgraben lassen.«
»Was?«
»Da liegt nicht Eddie drin. Den hab ich gerade in eine Zelle gesperrt. Sie müssen ihn vernehmen und offiziell in Haft nehmen lassen. Ich werd Ihnen alles erklären.«
»Dann muss ich mir das wohl aufschreiben.«
»Brauchen Sie nicht. Sie haben ein gutes Gedächtnis.«
»Nicht wenn mein Gehirn unter Schock steht. Dann war der Typ in dem Backofen also gar nicht Eddie?«
»Sie haben’s erfasst. Zweitens, überprüfen Sie, ob Mo Cafferty einen Führerschein hat.«
»Wozu denn das?«
»Tun Sie’s einfach. Außerdem haben Sie mir doch berichtet, Bone hätte, als er seinen Mercedes gewonnen hat, seinen Anteil von dem Geschäft dagegen gewettet. Ihre Worte: seinen Anteil.«
»Das stimmt. Das hat mir seine Frau erzählt.«
Rebus nickte. »Ich will wissen, wem die andere Hälfte gehört.«
»Ist das alles, Sir?«
Rebus dachte nach. »Nein, noch nicht ganz. Lassen Sie Bones Mercedes überprüfen. Versuchen Sie rauszukriegen, ob es einen Vorbesitzer gibt. Dann wissen wir, von wem er ihn hat.« Er sah sie unverwandt an. »So schnell Sie können, ja?«
»So schnell ich kann, Sir. Aber möchten Sie denn nicht wissen, was in diesem Umschlag hier ist? Etwas für den Mann, der schon alles hat.«
»Dann mal los, überraschen Sie mich.«
Das tat sie.
Rebus war so überrascht, dass er ihr in der Kantine Kaffee und einen Krapfen spendierte. Die Röntgenaufnahmen lagen zwischen ihnen auf dem Tisch.
»Es ist nicht zu fassen«, sagte er immer wieder. »Es ist einfach nicht zu fassen. Danach hab ich schon vor Ewigkeiten suchen lassen.«
»Sie lagen im Archiv in Ninewells.«
»Aber da hab ich doch gefragt!«
»Aber haben Sie denn auch freundlich genug gefragt?«
Siobhan hatte ihm erklärt, dass sie ein paarmal in Dundee gewesen war und dort alle möglichen Leute angesprochen hatte, die ihr vielleicht helfen könnten, besonders in dem chaotischen Archiv. Das war vor ein paar Jahren umgezogen und neu organisiert worden, so dass ältere Unterlagen nun in irgendwelchen ungeordneten Haufen lagen. Es hatte eine Weile gedauert. Außerdem hatte sie dem jungen Mann, der schließlich das Gewünschte für sie fand, ein Date versprechen müssen.
Rebus hielt erneut eines der Röntgenbilder hoch.
»Der rechte Arm ist gebrochen«, bestätigte Siobhan. »Das war vor zwölf Jahren. Als er in Dundee wohnte und arbeitete.«
»Tarn Robertson«, sagte Rebus lakonisch. Das war es also. Der Tote, der Mann, dem man eine Kugel durchs Herz gejagt hatte, eine Kugel aus Rebus’ 45er Colt, war Tarn Robertson.
»Wird vor Gericht wohl
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