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Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05

Titel: Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hatte es aber nicht getan. Warum nicht? Weil er sich noch immer nicht ganz zu seiner Homosexualität bekannte? Das wurde ihm schon einmal vorgeworfen, als er sich geweigert hatte, ein rosa Dreieck am Revers zu tragen. Ganz gewiss aber legte er keinen Wert darauf, dass ein Polizist erfuhr, dass er schwul war. Und wie würde Dr. Curt reagieren? Es gab alle möglichen Ausprägungen von Homophobie und eine beinah mittelalterliche Angst vor AIDS und davor, sich anzustecken. Er hätte zwar ohne diesen Job leben können, aber er gefiel ihm ganz gut. In den Jahren auf der Insel hatte er viele Male mit angesehen, wie Schafe und Rinder geschlachtet und zerlegt wurden. Das hier war nicht viel anders.
    Nein, er würde sein Geheimnis für sich behalten und nicht erzählen, dass er Eddie Ringan kannte. Er dachte an den Abend vor ungefähr einer Woche. Da waren sie zusammen zu Dougall nach Hause gegangen, und Eddie hatte aus dem, was er in den Schränken fand, ein Chili zubereitet. Teuflisch scharf. Das brachte einen richtig zum Schwitzen. Er wollte allerdings nicht über Nacht bleiben, dazu war er nicht der Typ. Es hatte jedoch einen langen Kuss zum Abschied gegeben und vage Versprechungen, dass man sich wiedersehen würde.
    Ja, er kannte Eddie, kannte ihn gut genug, um sich seiner Sache sicher zu sein.
    Wer auch immer auf dem Obduktionstisch gelegen hatte, es war nicht der Typ, mit dem Dougall im Bett Chili gegessen hatte.
    Siobhan Clarke fühlte sich den restlichen Tag über unnatürlich gelassen und so, als hätte sie alles im Griff. Man hatte sie für heute von der »Operation Geldsäcke« freigestellt, damit sie sich von dem Schock im Heartbreak Café erholen konnte, doch am späten Nachmittag spürte sie den Drang, irgendwas zu tun. Also fuhr sie auf gut Glück zum Haus von Rory Kintoul. Es handelte sich um eine gepflegte, relativ neue Doppelhaushälfte in einer Sackgasse. Der Vorgarten besaß die Größe eines Handtuchs, war aber vermutlich hygienischer. Sie nahm an, dass man ohne weiteres von dem kurz geschnittenen, unkrautfreien Rasen essen konnte, ohne Gefahr zu laufen, sich eine Lebensmittelvergiftung zu holen. Das konnte man noch nicht mal von den Tellern in den meisten Polizeikantinen sagen. Durch ein Tor gelangte sie in die Gasse, und ein zweites führte sie zur dunkelblau gestrichenen Haustür von Kintoul. Jede vierte Tür in der Straße war dunkelblau. Die anderen waren pflaumenrot, vanillegelb und stahlgrau. Nicht gerade eine Farborgie, aber irgendwie passte es zu dem Rauputz und dem Asphalt. Kinder hatten mit Kreide ein kompliziertes Himmel-und-Hölle-Spiel auf den Bürgersteig gemalt und hüpften unter lautem Geschrei darin herum. Ein paar Türen weiter bellte im Garten hinterm Haus ein Hund, doch ansonsten war es in der Straße ruhig.
    Sie klingelte an der Tür und wartete. Anscheinend war niemand zu Hause. Sie kam sich ziemlich unverfroren vor, als sie sich erlaubte, durch das Fenster zu starren. Dahinter befand sich ein Wohnzimmer, das sich bis zur Rückseite des Hauses erstreckte. Der Hund bellte nun noch lauter, und durch das hintere Fenster konnte sie eine Gestalt erkennen. Siobhan öffnete das Gartentor, wandte sich nach rechts und lief den schmalen Durchgang entlang, der Kintouls Haus von dem der Nachbarn trennte. Nun war sie im Garten. Kintoul hatte die Küchentür offen gelassen, um kein Geräusch zu machen, und schon ein Bein über den Nachbarzaun geschwungen. Dabei versuchte er, den angeleinten Köter zu beruhigen.
    »Mr Kintoul!«, rief Siobhan. Als er aufblickte, winkte sie mit einer Hand. »Sie können sich wohl nicht entscheiden, wo Sie hinwollen. Wie wär’s, wenn wir beide uns kurz drinnen unterhalten?«
    Sie ging nicht gerade zimperlich mit ihm um. Als er mit hängendem Kopf über den Rasen auf sie zukam, grinste sie. »Sie wollen doch nicht etwa vor der Polizei davonlaufen? Was haben Sie denn zu verbergen?«
    »Nichts.«
    »Sie sollten vorsichtiger sein. Bei so einer Herumturnerei könnte leicht Ihre Wunde wieder aufbrechen.«
    »Wollen Sie, dass das alle hören? Gehen Sie rein.« Er stieß sie beinah durch die Küchentür. Genau die Einladung, die Siobhan sich vorgestellt hatte.
    Der Anruf kam um viertel nach sechs, und Rebus verabredete sich für zehn. Um acht rief Patience an. Sie würde merken, dass etwas nicht stimmte, dass er mit den Gedanken woanders war (was ja auch den Tatsachen entsprach), das wusste er; doch er wollte das Gespräch unbedingt in die Länge ziehen. Irgendwie musste

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