Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
sein, Linda-Gail«, sagte Joanie milde, »aber er ist immer noch mein Sohn.«
Obwohl sie ein wenig rot wurde, zuckte Linda-Gail nur die Achseln. »Tut mir leid, aber so sehe ich das nun mal. Aber falls du dir Sorgen machst, Reece: Er hat zu mir gemeint, dass er genau gemerkt hat, dass du mit den Nerven runter warst. Nichts von dem, was du zu ihm gesagt hast, hat er dir übel genommen.«
Die Tür ging auf, und die Glocke klimperte. »Hallo, Doc, hallo, Mr. D.« Linda-Gail griff nach der Kaffeekanne. »Ihr seid aber heute früh dran.«
Reece krümmte sich, holte aber aus dem Kühlschrank schon mal Eier und Speck, die sie bestimmt gleich braten würde.
»Genauso wenig, wie ich mir vorstellen kann, dass Mac dir das übel genommen hat.« Mit einer Bewegung, die Reece völlig überraschte, tätschelte ihr Joanie ein paarmal freundlich auf den Rücken. »Wenn du nachher in die Pause gehst, kannst du mein Büro benutzen und meinen Lieferanten anrufen. Du bekommst ein Budget von fünfzig Dollar – aber keinen Cent mehr! -, um ein paar von diesen ausgefallenen Kräutern zu bestellen, um die du immer so ein Geschrei machst.«
»Mit fünfzig Dollar kann man schon einiges anfangen.« Immerhin etwas, dachte Reece und hob innerlich triumphierend die Faust.
»Das will ich dir auch geraten haben«, murmelte Joanie.
In der Nische zersäbelte der Doc seine Pfannkuchen. Auch wenn heute eigentlich gar nicht sein Tag für Pfannkuchen war, hatte er sich einfach nicht beherrschen können, nachdem ihm Mac vorgeschlagen hatte, sich zum Frühstück zu treffen. Und wenn er dazu nun eine zweite Tasse echten statt entkoffeinierten Kaffee trank, würde das den Kohl auch nicht mehr fett machen.
»Wie du weißt, Mac, kann ich dir über Reeces Gesundheitszustand keine Auskunft geben, das ist privat.«
»Das verlange ich ja auch gar nicht. Ich möchte nur mal deine Einschätzung hören. Meiner Meinung nach hat das Mädel Probleme. Du hast sie nicht erlebt, gestern.« Mac gestikulierte wild mit seiner Gabel, bevor er sie in seine Huevos Rancheros rammte. »Aber ich schon.«
»Ich habe bereits davon gehört.«
»Ich war mir nicht sicher, ob sie heute überhaupt noch hiersein würde.« Mac neigte den Kopf, um einen Blick in die Küche zu werfen. »Ehrlich gesagt, hätte ich gedacht, sie sei längst über alle Berge.«
»So wie’s aussieht, hat sie wohl mehr Grund zum Bleiben als zum Gehen.«
»Ich weiß nicht, Doc.« Sorgenfalten gruben sich in Macs Gesicht, und seine Stimme klang angespannt. »So wie die bei mir rumgetobt hat! Sie war wütend, das schon, aber sie machte einfach keinen guten Eindruck. Anschließend habe ich mir solche Sorgen gemacht, dass ich extra hergefahren bin, um nach ihr zu sehen, nachdem ich den Laden zugesperrt hatte. Aber ihre Wohnung war vollkommen verrammelt, und ihr Auto stand auch nicht mehr da. Ich dachte, sie wäre auf und davon.«
Er schaufelte sich noch mehr Rührei auf die Gabel. »Ich wollte mit dir drüber reden – und war völlig verblüfft, sie heute Morgen hier in der Küche zu sehen. Na ja, natürlich bin ich erleichtert. Ich hätte es schrecklich gefunden, wenn sie in diesem Zustand irgendwo über Land gefahren wäre.«
»Jeder hat mal solche Anfälle, Mac«, sagte der Doc beschwichtigend. »Manche mehr und manche weniger. Wie wir wissen, hat sie gestern einiges durchmachen müssen.«
»Darüber wollte ich gerade mit dir sprechen.« Mac sah sich um, ob Linda-Gail hinter ihnen stand, um Kaffee nachzuschenken. Obwohl die Jukebox schwieg – keine Musik vor zehn Uhr vormittags lautete Joanies eiserne Regel -, waren das Gemurmel sowie das klappernde Geschirr laut genug, um seine Stimme zu übertönen.
»Zum einen hätte Rick was Besseres einfallen können, als sie ganz allein zu sich zu beordern und ihr diese Bilder zu zeigen. Meine Güte, Doc, die meisten Frauen hätten Probleme mit so was, und erst recht jemand, der so eine schwere Zeit hinter sich hat wie Reece. Er hätte dich ebenfalls herbestellen sollen.«
»Na ja, Mac, warum hätte mich Rick rufen sollen? Ich bin Hausarzt und kein Psychiater.«
»Er hätte dich herbestellen sollen«, wiederholte Mac grimmig. »Zum anderen konnte ich aus ihren Worten bei mir im Laden schließen, dass es sich bei der Leiche nicht um die Frau handelt, die sie gesehen hat. Aber verdammt noch mal, Doc, das muss sie doch sein! Wir sind hier schließlich nicht in New York City. Bei uns werden keine Leute ermordet und verscharrt.«
»Ich weiß nicht, was
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