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Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Titel: Verschlungene Wege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gesehen. Die könnten was mitbekommen haben.«
    »Deshalb heißt es ja auch ›Roman‹. Kajaker«, murmelte er und kritzelte etwas auf seinen Block. »Vielleicht. Umso besser. Was würden sie mitbekommen? Einen Körper im freien Fall. Das Echo eines Schreis. Und dann … flatsch!«
    »Oh, verstehe. Ich lass Sie mal lieber allein.«
    Da er anstelle einer Antwort nur abwesend grunzte, lief sie weiter. Ein bisschen ärgerte sie das schon. Er hatte einen schönen Rastplatz entdeckt, mit einer herrlichen Aussicht. Ihren Rastplatz, wenn sie zuerst gekommen wäre. Aber sie würde einen anderen finden, einen für sich ganz allein. Nur ein Stückchen weiter oben.
    Trotzdem hielt sie deutlich Abstand zum Abgrund, als sie weiterwanderte und versuchte die Vorstellung eines fallenden Körpers zu verdrängen, der auf die Felsen und das Wasser unter ihr zuflog.
    Sie wusste, dass sie beinahe am Ende ihrer Kräfte war, als ihr das Herz im Brustkorb hämmerte. Sie blieb stehen, stützte sich keuchend auf die Schenkel, um wieder zu Atem zu kommen. Noch bevor sie entschieden hatte, ob das ihr Rastplatz war oder nicht, hörte sie den langen, eindringlichen Schrei eines Habichts. Als sie aufschaute, sah sie ihn nach Westen abdrehen.
    Sie wollte ihm folgen, ihn als Wegweiser nehmen. Noch ein Bergrücken, beschloss sie, nur noch einen, dann würde sie ein schönes, einsames Plätzchen finden, ihr Lunchpaket auspacken und eine Stunde am Fluss genießen.
    Die Plackerei wurde mit dem Anblick des Wildwassers belohnt. Es umtoste die Felsen, spritzte an ihnen hoch und ging dann in einen kurzen, schäumenden Wasserfall über. Sein Brausen erfüllte den Canyon und übertönte ihr begeistertes Lachen.
    Sie hatte es doch noch geschafft.
    Erleichtert setzte sie ihren Rucksack ab, bevor sie sich auf einem zerklüfteten Felsbrocken niederließ. Sie packte ihren Proviant aus und stürzte sich gierig darauf.
    Sie fühlte sich wie im siebten Himmel. Entspannt und energiegeladen zugleich und überglücklich. Sie biss in einen überwältigend knackigen Apfel, während der Habicht erneut schrie und über sie hinwegflog.
    Perfekt, dachte sie. Absolut perfekt.
    Sie hob das Fernglas, um den Flug des Habichts zu verfolgen, und richtete es dann nach unten auf das mächtige Tosen des Flusses.
    Erwartungsvoll suchte sie die Felsen, die Weidengruppen, Pappeln und Nadelbäume nach Wild ab. Vielleicht kam ein Bär zum Fischen her, oder aber sie entdeckte einen weiteren Elch, der etwas trinken wollte.
    Sie wollte Biber sehen und Fischotter beim Spielen beobachten. Sie wollte nirgendwo lieber sein als hier, zwischen den steilen, sonnenbeschienenen Berggipfeln und dem tosenden Wasser unter ihr.
    Wenn sie das felsige Ufer nicht so faszinierend gefunden hätte, hätte sie sie glatt übersehen.
    Sie standen zwischen den Bäumen und Felsen. Ein Mann – zumindest nahm sie an, dass es ein Mann war -, der ihr den Rücken zugekehrt, und eine Frau, die die Hände in die Hüften gestemmt und ihr Gesicht dem Fluss zugewandt hatte.
    Trotz des Fernglases waren sie so weit weg, dass sie sie nicht scharf sehen konnte, aber sie erkannte dunkle Haare unter einer roten Mütze, die auf eine ebenfalls rote Jacke fielen.
    Reece fragte sich, was sie dort zu suchen hatten. Wahrscheinlich diskutierten sie darüber, wo sie ihr Zelt aufschlagen oder ihr Kanu zu Wasser lassen sollten. Aber als sie die Umgebung absuchte, sah sie keine Spur von einem Kanu oder Kajak. Dann hatten sie sicherlich vor zu zelten, auch wenn Reece nirgends eine entsprechende Ausrüstung entdecken konnte.
    Achselzuckend richtete sie das Fernglas wieder auf die beiden. Sie kam sich aufdringlich vor, andererseits fand sie die Situation auch irgendwie aufregend. Die beiden konnten schließlich nicht wissen, dass sie hier oben auf der anderen Seite des Flusses saß und sie beobachtete, als seien sie ein paar Bärenjunge oder eine Herde Hirsche.
    »Sie streiten«, murmelte sie. »Zumindest sieht es so aus.«
    Die Art, wie die Frau dastand, hatte etwas deutlich Aggressives. Und als sie ihren Zeigefinger in seine Brust bohrte, pfiff Reece leise auf.
    »Und ob du sauer bist. Ich wette, ein hübsches Hotel wär dir lieber gewesen – mit Bad und Zimmerservice. Und stattdessen hat er dich hier raufgeschleppt, um ein Zelt aufzuschlagen.«
    Der Mann gestikulierte wie ein Schiedsrichter, der einen Spieler vom Platz verweist, und diesmal ohrfeigte ihn die Frau. »Autsch!« Reece zuckte zusammen und zwang sich, das Fernglas sinken zu

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