Verschlußsache Satan
mehr wie ein Mönch, hat sich in der Kirche vergiftet.«
»Um Himmels willen. Warum?«
»Das erzählen wir dir später. Leg dich ruhig schlafen. Da wird wohl hier nichts mehr nachkommen.«
»Du hast Nerven. Bis gleich dann.«
»Ja, bis gleich...« Suko steckte sein Handy weg und blickte mich an. »Ignatius«, sagte er. »Klickt es bei dir im Kopf? Kann das was Bestimmtes zu bedeuten haben?«
Ich runzelte die Stirn. »Du denkst wahrscheinlich an unseren Fall hier. Und an die Worte der Nonne?«
»Ja. Die neue Bibel. Die Verschlusssache Satan. Das hört sich antibiblisch an. Das könnte sogar ein Fall für die Weiße Macht und Father Ignatius sein.«
»Nicht falsch gedacht, John.«
»Dann bin ich nur gespannt, was noch alles auf uns zukommen wird...«
***
Christina fror. Sie zitterte. Sie hatte sich aus dem kleinen Kloster gestohlen, war dann den felsigen Hang hochgeklettert und hatte sich in eine Lücke zwischen zwei Steine gedrückt, die aus der feuchten Erde ragten.
Es war ihr soeben noch gelungen. Ganz sicher war sie nicht, ob die anderen Frauen nicht doch etwas gehört hatten, aber danach fragen konnte sie nicht.
Diese Nacht war wichtig. Sie war sogar entscheidend für sie. Christina hatte darauf hingearbeitet und sich immer still verhalten. Sie hatte die Demütigungen der Frauen auf sich genommen, denn sie war es gewesen, die zu den Dreckarbeiten im Kloster hinzugezogen worden war. Die alten Toiletten säubern. Die Zimmer putzen und auch die Flure. Da war das Kochen für die Frauen noch eine Wohltat gewesen.
Das Misstrauen der fünf Nonnen hatte nie nachgelassen. Einige Male war sogar ihre Zelle durchsucht worden, aber das Handy hatten sie nicht gefunden, denn sie trug es immer dicht an ihrem Körper versteckt und auch nicht in der Kleidung verborgen, sondern auf die Haut geklebt.
Die Legende hatten sie ihr abgenommen. Eine Frau, die vor ihrem gewalttätigen Mann in wilder Panik weggelaufen war und sich im dichten Wald in der Umgebung des Klosters versteckt hielt. Eine Person, die kein Zuhause mehr hatte, auch keine Verwandten, die nicht wusste, wohin, sodass sich die Nonnen erbarmten und sie aufnahmen. So war Christina in die Höhle des Löwen gelangt, ohne von den Löwinnen als gleichrangig akzeptiert zu werden. Die misstrauischen Blicke waren geblieben. Ebenfalls die hinterlistigen und hintersinnigen Fragen, die Christina aber immer zur Zufriedenheit der Nonnen hatte beantworten können.
Das glaubte sie zumindest. Ob es stimmte, wusste sie nicht, denn in den inneren Zirkel nahm man sie nicht auf, und sie hatte auch nicht gefragt.
Zu den Gebeten war sie ebenfalls nicht mitgenommen worden. Die kleine Kapelle innerhalb des Klosters war für sie tabu. Aber sie hatte gelauscht, vor der Tür und auch vor den Fenstern, und sie hatte die Nonnen sprechen hören.
Christina war eine Frau, die das Leben kannte. Auch außerhalb des Klosters. Sie war dann zur Weißen Macht gekommen, weil ein Mensch, den sie sehr geliebt hatte, an Krebs gestorben war. Er hatte mit dieser Verbindung zu tun gehabt. Offiziell arbeiteten für den Geheimdienst des Vatikans keine Frauen, aber Father Ignatius war jemand, der andere Wege ging.
Nach dem Tod ihres Freundes hatte sie lange mit dem Father gesprochen, und er war einverstanden gewesen, dass sie für die Weiße Macht arbeitete und konspirative Aufträge unternahm. Mal als Nonne, mal als »normale« Frau.
Die Gebete ihrer Mitschwestern waren ihr unbekannt gewesen. Viel hatte sie nie verstanden, aber das wenige, was an ihre Ohren gedrungen war, hatte sie schon misstrauisch werden lassen.
Des Öfteren war das Wort »Satan« gefallen. Aber auch die Begriffe König und Thronfolger. Jedenfalls war ihr Misstrauen eher gewachsen.
Und sie hatte etwas von der Neuen Bibel und von der Verschlusssache Satan gehört. Das genau hatte Father Ignatius in Alarmbereitschaft versetzt.
Christina stand dicht vor dem Ziel. Aufgeben wollte sie nicht. Es musste nur noch der letzte Schritt getan werden, und der würde in dieser Nacht erfolgen.
Jetzt wartete Christina darauf, dass die fünf Frauen das einsame Kloster verließen. Es lag tief in den Bergen versteckt und wie am Ende der Welt.
Einmal in der Woche kam ein Wagen und brachte Proviant. Unten im Tal lag das nächste Dorf. Von dort wurden die Sachen hochgebracht. Der Fahrer wurde natürlich im Dorf ausgefragt, doch er konnte nichts über die Nonnen berichten. Sie waren für die Dorfbewohner Eremitinnen, die nur in der Einsamkeit
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