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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Oberkommissar unternahm noch ein paar Anläufe, ehe die korrekten Silben bedächtig und langsam seiner Zunge entglitten: „Mich-ai-lo-vitsch. Alexander Michailovitsch. Ha! Da guckst du, was?“
    Leider war auch Roland Stipps Denkvermögen ziemlich jenseits von Gut und Böse. Als Fußballexperte hatte man zwangsläufig Tausende, wenn nicht Zehntausende von Namen abgespeichert. Zäh durchforstete er die Rubrik Spieler und Trainer. Sein Gesicht sah dementsprechend zerknautscht aus. Da er dort nicht fündig wurde, versuchte er es mit Funktionären und Schiedsrichtern. Schmidt-Schmitt hatte sich auf eine längere Wartezeit eingerichtet, indem er seine Füße in eine gemütliche Stellung über Kreuz hievte.
    Die Minuten verstrichen.
    Der Oberkommissar war längst eingenickt.
    Roland Stipp hatte eine harte Nuß zu knacken. Er hatte den Namen Alexander Michailovitsch schon mal gehört. So weit, so gut. Doch wo, wann und von wem? Man kennt das ja von sich selbst. Es ließ einem keine Ruhe. Zu Hause wäre er an seinen Computer gegangen und zack, er hätte es gewußt. Aber hier draußen blieb ihm nur sein Gedächtnis. Ein Gedächtnis, das in der Regel klasse funktionierte. Auf das der Sportjournalist mächtig stolz war. Doch hier wurde gerade das Gegenteil bewiesen, was ihn sehr, sehr fuchste.
    Der Kleingartenpächter Mischa Schmidt-Schmitt wurde kurios geweckt. Immer wieder säuselte eine ihm bekannte Stimme „Sparta Prag und Bröndby IF“ ins Ohr. „Huhu, Sparta Prag und Bröndby IF, huhu.“ Inständig wünschte er sich, der Schwachsinn möge bald aufhören. Doch der Schwachsinn ging weiter. „Sparta, Bröndby, Sparta, Bröndby.“ Im Traum sah er sich um, doch er sah nur Bierflaschen.
    Erst als es Roland zu blöd wurde und er dem Oberkommissar eine Kaskade Bier auf die Nase schüttete, wurde dieser aus seinen Träumen gerissen. Von Berufs wegen mußte er von der einen auf die andere Sekunde einsatzbereit sein. Und er war es auch jetzt. Training ist alles. „Hä? Ach, du bist es. Was ist mit Bröndby und Sparta?“
    „Alexander Michailovitsch. Du wolltest von mir wissen, ob ich ihn kenne. Ich kenne ihn. Und jetzt?“
    „Du kennst ihn?“
    „Ja. Und du darfst weiter Roland zu mir sagen. Was sagst du jetzt? Ist der gute alte Roland vielleicht eingebildet? Nein! Nie und nimmer! Übrigens nennt man mich in der Redaktion nur noch das Hirn. Schlicht und simpel: Das Hirn. Aber wie gesagt, für dich weiterhin Roland. Bescheidenheit nennt man so was. Pure Bescheidenheit. So viele Leute würden an meiner Stelle abheben …“
    „Und was hat das Hirn außer Bröndby und Sparta noch so alles drauf?“
    „Alexander Michailovitsch hat Millionen in diese zwei Vereine gesteckt. Sie spielen mit Fedor-Gas als Werbung auf den Trikots. Seit Anfang des Jahres.“ Nach diesem Kraftakt, vergleichbar in etwa mit dem Bau der Chinesischen Mauer, senkte Roland seinen Oberkörper tief in den Campingstuhl, setzte die Flasche an und trank sie in einem Zug leer. „Sag mal, hast du noch was Schärferes auf Lager? Von dem Wasser hier wird man doch nur traurig.“
    Der Oberkommissar prustete los: „Traurig? Sagtest du ‚traurig‘? Na dann warte mal hier.“ Zurück kam er mit einer vollen Ein-Liter-Flasche Billig-Korn vom Discounter.
    „Aah, guckst du, das hat doch was, das da.“
    „Kopfschmerzen vorprogrammiert.“
    „Von mir aus. Doch jetzt ist jetzt und morgen Urlaub.“
    „Urlaub? Du auch?“ fragte Schmidt-Schmitt erstaunt.
    „Hab ich mir gerade verdient und auch gleich genehmigt. Kleiner Dienstweg, sozusagen.“
    Aber der Oberkommissar war noch nicht fertig für heute. In seinem Kopf rumorte es. Das hatte was mit Alexander Michailovitsch und den neusten Infos von seinem Kumpel zu tun. Allein, der Zusammenhang verweigerte sich.
    Und während man weiterhin kräftig dem Bier und Korn zusprach, sich späterhin noch eine kaltgewordene Bratwurst teilte, versuchte Schmidt-Schmitt, meist nur so nebenbei, diesen vermaledeiten Michailovitsch mit Frankfurt in Verbindung zu bringen. Vergeblich. Trotzdem war er sich sicher, tief, vielleicht zu tief in seinem Inneren gab es einen Einklang. Als der Korn halbiert war, gestand er sich ein, dieser Melodie heute nicht mehr nachspüren zu können. Sicherheitshalber notierte er sich auf einen Zettel die Stichwörter Michailovitsch, Sparta und Bröndby. Das hatte System, das machte er immer so, wenn er in einem Fall abends nicht mehr weiterkam, weil er entweder zu müde oder, wie heute, zu betrunken

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