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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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die Frau des Vize-Revolutionärs geschwängert. Folglich wäre es unklug, den Gehörnten später zum Oberkommandeur der Streitkräfte zu machen, zumal das Neugeborene dem Oberterroristen wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt. Für die Schalthebel wählt er also nur ausgesprochene Vertrauenspersonen aus. Unterläuft ihm hierbei aber ein Fehler, führt das nicht selten in ein undurchsichtiges Dickicht aus Intrigen, Meuchelmorden, Bürgerkriegen und Konterrevolutionen. Das ist für den Ex-Top-Terroristen und neuen Präsidenten anstrengend und unangenehm, kann er doch seine Pfründe nicht richtig genießen. Immerfort muß er Widersacher aufspüren und köpfen. Das alles kostet Zeit und Geld. Und läßt seine Aufmerksamkeit auch nur eine Sekunde nach, kann er seinem eigenen Kopf beim Rollen übers diplomatische Parkett zugucken.
    Wie gesagt, Terroristen sind überall. So auch in Tschetschenien, wohin wir nun unsere Blicke wenden. Dort, im fernen Kaukasus, ist nämlich der Nährboden für angehende und gestandene Terroristen ein sehr fruchtbarer. Allgemein wird auch dort nach mehr Autonomie gestrebt, obschon der Krieg als beendet gilt. Und Albert, welcher den wild zusammengewürfelten Haufen der Widerständler anführt, hat obendrein noch ein Hühnchen mit dem Regime zu rupfen, weil Stalin einst beide Großeltern, übrigens ambitionierte Bauern aus Franken, nach Sibirien transportieren ließ, wo beide verstarben, so die offizielle Verlautbarung. In Wahrheit jedoch krepierten sie wie die meisten in diesen Arbeitslagern an Unterkühlung und Entkräftung. Alexander Issajewitsch Solschenizyn hat ein Buch darüber geschrieben, was aber sehr langatmig ist. Albert – sein vollständiger Name ist nur wenigen Eingeweihten bekannt – hat den Vornamen von seinem Opa. Das ist allerdings auch schon das einzig Deutsche an ihm, er fühlt sich zu hundert Prozent als Tschetschene. Nachts träumt er davon, die Russen bis nach Moskau zu jagen. Terrorist ist er geworden, wie man halt so Terrorist wird. Man trifft sich zum Wodka oder Feierabendbier, ein Kumpel hat einen Kumpel mitgebracht, man unterhält sich angeregt über dies und jenes und stellt so nach und nach Gemeinsamkeiten fest. Die neue Freundschaft festigt sich und irgendwann wird man gefragt, ob man nicht Lust habe, sich für die Freiheit zu engagieren. So nebenbei wollte man das eh schon immer, die Frage kommt also nicht ungelegen. Rhetorisch war Albert schon in der Schule eine Nummer für sich. So dauert es auch nicht lange und er bekommt das Angebot, im inneren Zirkel der Widerstandsbewegung mitzuarbeiten. Zuerst hat er nur Botengänge und kleinere ebenso unwichtige wie ungefährliche Aufträge zu erledigen. Doch je riskanter diese werden, desto luzider kristallisiert sich seine wahre Begabung heraus. Organisationstalent und absolute Kaltschnäuzigkeit selbst in lebensbedrohenden Situationen lassen ihn schnell in die Führungsebene aufsteigen. Vize-Terrorist war er nur ein halbes Jahr, dann zerriß den Ober-Boß Timur Kulik eine Handgranate, die in eine russische Polizeistation geworfen werden sollte und zu früh zündete. So wie Montagsautos gibt’s eben auch Montagshandgranaten, jedenfalls ist Albert seit September 2004 der unumstrittene Anführer einer Untergrundorganisation mit dem martialischen Namen ‚Blut und Ehre fürs Vaterland‘.
    Was hat das alles mit Herrn Schweitzer zu tun, werden nun einige fragen. Ganz einfach, Albert war derjenige, der dessen Entführung veranlaßt hatte, was aber mehr oder weniger ein bedauerliches Mißverständnis war, denn natürlich wollte man Alexander Michailovitsch und nicht diesen Sachsenhäuser Detektiv. Alles war bis ins Detail geplant gewesen. Von dem Sankt Petersburger Informanten kam der Tipp, daß der russische Gas-Mogul nach Frankfurt wolle, was man sehr begrüßte, denn eine Entführung in Rußland selbst schien ob Michailovitschs Privatarmee kaum realistisch. Michailovitsch stand ganz oben auf der Abschußliste, hatte er sich doch in Grosny, der im Tschetschenien-Krieg fast komplett zerstörten Hauptstadt der Kaukasusrepublik, ganze Straßenzüge und Wohnviertel unter den Nagel gerissen, um mit Mietwucher und anderen obskuren Immobiliengeschäften sein Vermögen zu mehren. Außer dem russischen Oberbefehlshaber war er der meistgehaßte Mann der Region. Albert hatte vorgehabt, das Arschloch erst zu entführen, um ein paar Milliönchen für die versprochene Freilassung zu erpressen, und ihn dann hinterrücks zu ermorden. Mit

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