Verschollen in der Pyramide
Auf jeden Fall bringen wir Hatu zu einem richtigen Arzt. Wer weiß, vielleicht bauen sich mein Vater und Tala auch eine gemeinsame Hütte.«
»Und mein Vater hat einen neuen Esel«, seufzte Meketre. »Vielleicht reicht es sogar für eine eigene kleine Hütte für uns beide«, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu und sah Setha erwartungsvoll an.
Die Geschichte spielt um 2560 vor Christus zur Zeit der Herrschaft des Pharao Cheops, der die erste und größte der drei Pyramiden von Giseh nahe der heutigen Stadt Kairo errichten ließ. Diese Pyramide zählt zu den sieben Weltwundern und ihr Bau gehört zu den größten Leistungen in der Geschichte der Menschheit. Noch heute gibt sie den Altertumsforschern und Wissenschaftlern manches Rätsel auf. Wie war es möglich, ein so gewaltiges Bauwerk in zwei bis drei Jahrzehnten mit einfachen Kupfermeißeln, Steinsägen sowie Holzwerkzeugen fertigzustellen? Wie haben es die Pyramidenbauer geschafft, mehr als zwei Millionen tonnenschwere Steinblöcke auf Holzschlitten bis zur Spitze der Pyramide hochzuziehen und die Blöcke sehr genau aufeinanderzulegen? Diese Leistung ist umso erstaunlicher, als man zur Zeit der Erbauung der Pyramide weder Rad und Wagen noch die Eisenverarbeitung kannte. Es spricht viel für die Annahme, dass die Arbeit sehr gut organisiert war und Hunderttausende von Arbeitern trotz zeitweiliger Zwangsverpflichtung bereit waren, an der großen und in ihren Augen göttlichen Aufgabe mitzuwirken. Einige Forscher vermuten darüber hinaus, dass viele Ägypter – vom einfachen Bauern bis zum ausgebildeten Baumeister – über praktische Fähigkeiten und Kenntnisse verfügten, die sie bei der Errichtung des gigantischen Baus einsetzen konnten.
Gerätselt wird auch darüber, ob alle Kammern und Gänge in der Pyramide bekannt sind. In jüngster Vergangenheithat der Archäologe und Konstrukteur Rudolf Gantenbrink einen ferngesteuerten Miniroboter mit Kameras ins Innere der Cheops-Pyramide geführt, um einen bisher unerforschten Schacht zu erkunden. Der Roboter kam jedoch nur bis zu einer mit Kupferbeschlägen versehenen Kalksteinplatte. Verbirgt sich dahinter möglicherweise eine geheime Kammer?
Pharao Cheops schien sich jedenfalls sehr für geheime Kammern zu interessieren, wie uns ein Papyrus mit dem Namen »Westcar« verrät. (So benannt nach seinem früheren Besitzer. Heute befindet sich dieser Papyrus im Ägyptischen Museum in Berlin.)
Vielleicht wird es in den kommenden Jahren gelingen, das Geheimnis der Cheops-Pyramide zu lüften, vielleicht aber wird sie auch für immer rätselhaft bleiben.
Die Pyramide ist nicht das königliche Wohnhaus oder der Palast, sondern das Grab des Pharaos. Die alten Ägypter glaubten, dass der Pharao ein Sohn des Sonnengottes war. Ihrer Auffassung nach sammelten sich die Sonnenstrahlen in der Pyramide und bündelten sich in deren Spitze. Auf diesen Sonnenstrahlen würde der Pharao nach seinem Tod zum Himmel aufsteigen und sich mit dem Sonnengott Re verbinden. Deshalb bauten sie ihrem König ein ganz besonderes Grab. Der Leichnam des Pharaos wurde in einer Kammer mitten in der Pyramide beerdigt. Zu der Sargkammer führte ein geheimer Gang.
Jedes Jahr trat der Nil in den Monaten Juli bis September/Oktober über seine Ufer und hinterließ fruchtbaren Schlamm. Während dieser Zeit konnten die Bauern nicht auf ihren Feldern arbeiten und wurden an der Pyramide eingesetzt. Sie bekamen Wasser und Nahrung, wobei es manchmal Engpässe gab, wie sich leicht vorstellen lässt.
Abgesehen von den Bauern, die nur während der Zeit der Nilüberschwemmung an der Pyramide arbeiteten, gehörten Baumeister, Landvermesser, Handwerker, Bildhauer, Steinmetze und Maler zu den Erbauern des königlichen Grabmals. Viele von ihnen wohnten während des Pyramidenbaus ständig im Pyramidendorf.
Das Wort »Pyramide« war zur Zeit des Pharao Cheops noch nicht bekannt. Es entwickelte sich erst etwa 2000 Jahre später aus dem Griechischen. Die alten Ägypter nannten ihre Pyramiden u. a. »Ewiges Haus«, »Haus der Ewigkeit« oder »Große Leuchtende«.
Kurz und knapp
Alabaster:
Feinkörniger Gips oder Kalkstein, benannt nach der oberägyptischen Stadt Alabastron.
Altägyptische Gesellschaft:
An der Spitze der Gesellschaftspyramide stand der Pharao als allmächtiger Herrscher, gefolgt von der Königsfamilie, den Adligen und dem Wesir. Die nächste Gesellschaftsschicht waren die Hohepriester und hohen Beamten, dann folgten die königlichen Aufseher,
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