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Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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sich hier und dort zu winzigen Ortschaften zusammengefunden hatten.
    Er wandte sich wieder Ivarsson zu.
    »Hat man ihn verdächtigt, mit dem Verschwinden etwas zu tun zu haben? Damals in den Siebzigern, diesen Kennet Eriksson?«
    Der andere verneinte.
    »Nein, nicht wirklich. Wir haben so ziemlich alle verhört, die an diesem Abend unterwegs gewesen waren. Er war ja auch in ihrem Alter. Daran war nichts Besonderes, eigentlich. Und auch an Kennet Eriksson gab es nichts Besonderes, was das betrifft. Weder damals noch heute. Junggeselle, wohnt allein. Trinkt ein bisschen zu viel für meinen Geschmack. Aber er ist ziemlich harmlos. Einer von denen, die man gar nicht richtig bemerkt.«
    Er schwieg eine Weile.
    »Er ist am Montag nicht zur Arbeit gekommen. Und das war erst einmal nichts Ungewöhnliches. Aber am Abend fuhr ein Kollege bei ihm vorbei und wunderte sich, dass er nicht da war. Da befürchtete er, dass etwas passiert sein könnte, hat uns angerufen, und wir sind hingefahren. Eriksson ist offensichtlich Hals über Kopf abgereist. Wir fanden einen Fahrplan und die Nummer vom Reisebüro in Sundsvall. Von dort bekamen wir die Information, dass er Samstagfrüh ein Ticket nach Stockholm bestellt und es auch am selben Tag abgeholt hätte.«
    Er biss sich nachdenklich auf die Lippen.
    »Es muss ihn schockiert haben, was geschehen ist. Anders kann man sein Verhalten kaum erklären.«
    »Konnten Sie mit ihm vorher noch reden?«, fragte John Nielsen. »Also, nachdem das da oben passiert ist?«
    »Nur ein paar Worte. Das Notwendigste. Er konnte auch nicht mehr sagen als die anderen. Ja, fast noch weniger. Er wagte es nicht, frei zu reden, eine eigene Meinung zu haben. Ja, ich vermute, das ist auch der Grund, warum er mit da oben war. Er konnte einfach nicht Nein sagen.«
    »Was haben Sie jetzt vor?«
    Olle Ivarsson zuckte mit den Schultern.
    »Tja, wir müssen warten. Er wird schon eines Tages wieder auftauchen. Wo sollte er hin? Und außerdem wird er ja auch nicht verdächtigt.«
    Das Plastikband, das den Fundort absicherte, prasselte laut im Wind, schien aber nicht die Neugierigen abgehalten zu haben. Ein Trampelpfad aus Fußspuren führte an die Stelle. Gerade als sie ankamen, stürzte eine Familie mit Kindern aus dem Gebüsch auf den Weg, sprangen in ihren Wagen und verschwanden mit quietschenden Reifen.
    Olle Ivarsson schüttelte verwundert den Kopf.
    »Was erwarten die da?«
    Es gab nichts zu sehen. Außer den flachen Mulden, in denen die Körper gelegen hatten. Aufgehäuftes Moränengeröll und Erde lagen neben den Gräbern.
    John Nielsen sah sich um.
    »Es hätte doch eigentlich viel zugewachsener sein müssen, würde man erwarten. Nach dreißig Jahren!«
    Ivarsson hob die Schultern.
    »Der Boden ist hier am Hang wahrscheinlich sehr karg. Er hat nicht viele Nährstoffe. Außerdem hat man hier häufiger gesprüht, um das Laub zu dezimieren. Das wird wohl das seine dazu beigetragen haben. Aber ein bisschen ist es schon gewachsen.«
    Er machte eine Kopfbewegung.
    »Dort unten, an der zweiten Stelle, mussten sogar ein paar Birken gefällt werden, um eines der Skelette freilegen zu können. Das hat die Datierung erheblich vereinfacht. Man musste im Prinzip nur die Jahresringe zählen, um immerhin einen groben Anhaltspunkt zu haben, dass der Körper mindestens soundso lange hier gelegen haben muss.«
    Sie drehten sich um und gingen zurück zum Wagen. John Nielsen warf einen Blick über die Landschaft. Der Kahlschlag reichte nach seiner Schätzung kilometerweit. Vielleicht sogar noch weiter, denn er bog irgendwann den Berghang hinauf und verschwand aus der Sicht. Der Boden war versumpft nach dem wochenlangen Schneeregen und Niederschlag. Er spürte, wie Kälte und Feuchtigkeit durch seine dünnen Halbschuhe krochen, und starrte neidisch auf die dicken Sohlen von Ivarssons Boots. »Warum sucht man sich einen Ort wie diesen aus?«, rief er ihm zu und ging schneller.
    »Tja, warum eigentlich nicht?«, antwortete Olle Ivarsson über die Schulter. »Keine so schlechte Wahl, wenn man etwas verstecken möchte. Und es dauerte immerhin dreißig Jahre, ehe jemand die Leichen entdeckt hat, nicht wahr? Durch einen verdammten Zufall.«
    »Aber ausgerechnet hier? Derjenige muss doch einen Grund dafür gehabt, vielleicht sogar die Stelle gekannt haben? Was gibt es hier in der Nähe denn noch?«
    Ivarsson hob die Schultern. »Nichts.«
    Er drehte sich um und zeigte auf den Berg hinter ihnen.
    »Dort oben am Bergkamm gibt es ein

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